175 Jahre Eisenbahn in Belgien

Im Jahre 1835 fuhr nicht nur die erste deutsche Eisenbahn von Nürnberg nach Fürth.  Schon am 05. Mai 1835 verkehrte – erstmals überhaupt auf dem europäischen Festland! – zwischen Brüssel und Mechelen eine Eisenbahn. Brüssel war damit übrigens auch die erste europäische Hauptstadt, die von einer Eisenbahn angefahren wurde. Unsere belgischen Nachbarn haben also guten Grund, mit Stolz auf 175 Jahre Eisenbahngeschichte zurück zu blicken und dieses Ereignis gebührend zu feiern. (Näheres hierzu gibt es bspw. unter www.175jaarspoorwegen.be zu lesen.)

Das offizielle Plakat zum Jubiläumsfest. Wer genau hinschaut, wird stutzen. Eigentlich feierte man das 175-jährige Jubiläum und nicht – wie dort irrtümlich zu lesen steht – das 125-jährige.

Eine der Festveranstaltungen fand am 11. und 12. September 2010 in der Gemeinde Voeren (Fourons) statt. Im dortigen Sport- und Kulturzentrum fand eine umfangreiche Ausstellung statt. Die Gemeinde liegt an der im Jahre 1917 unter der deutschen Besatzung im Ersten Weltkrieg errichteten Ligne 24 Aachen West – Visé – Tongeren. Weil es auf dieser Linie seit Jahrzehnten keinen Reisezugverkehr mehr gibt, hatten Besucher an beiden Tagen die Möglichkeit, vom Bahnhof Visé aus mit historischen Bussen nach Voeren / Fourons zu fahren.

Als besondere Attraktion wurden am 12. September 2010 vier Pendelfahrten mit der SNCB-Dampflok 29.013 zwischen Visé und Montzen angeboten, die sich reger Nachfrage erfreuten. Hier bestand nicht alleine die Gelegenheit, die Strecke einmal vom Zug aus zu erleben. Mit der Überquerung der drei großen Viadukte in Berneau, Sint-Martens-Voeren bzw. Fourons-St-Martin und Remersdaal sowie der Durchquerung von zwei Tunneln versprach die in beständiger Steigung aus dem Maastal in Richtung Montzen führende Fahrt ein besonderes Dampflokerlebnis zu werden.

29.013 mit dem ersten Sonderzug von Visé nach Montzen über den Dächern von Voeren bzw. Fourons.

Und auch die eingesetzte Dampflok 29.013 war für den regional interessierten Eisenbahnfreund nicht „ohne“. Die 1´D-Loks der Reihe 29 gehörten von der frühen Nachkriegszeit (Zweiter Weltkrieg) bis weit in die 1960er Jahre zum alltäglichen Bild der belgischen Staatseisenbahn. Solche Loks kamen im Güterzugdienst bis nach Aachen-West und wurden auch vor Schnellzügen zwischen Aachen Hbf und Lüttich eingesetzt.


29.013 auf der Rückfahrt des ersten Sonderzuges nach Visé, ebenfalls auf dem Viadukt von Voeren bzw. Fourons.


Hier dampft 29.013 mit dem zweiten Pendelzug gen Montzen, wiederum in Voeren bzw. Fourons fotografiert.

Hierzu gibt es auch ein Video

Wie bei solchen Veranstaltungen nie ganz zu vermeiden, gab es leider Probleme mit der Wasserversorgung der 29.013. Aus diesem Grund musste die zweite Fahrt von Montzen nach Visé und die dritte Fahrt nach Montzen von der Diesellok 5166 alleine bestritten werden.

So ergab sich zwei Mal die Gelegenheit, auf dem Viadukt von Sint-Martens-Voeren bzw. Fourons-St-Martin einen authentischen Reisezug der 1970er Jahre aufzunehmen.

Der Zug wurde aus neun historischen Reisezugwagen gebildet. Am offenen Fenster stehend war es ein Erlebnis, zu hören, wie der Sonderzug über die Weichenstraßen des Bahnhofs Visé rumpelte und auf der anschließenden Verbindungsstrecke zur Güterzugmagistrale mit rhythmischem Klappern über die Schienenstöße der verschraubten Gleise dampfte. Ebenso mitreißend war es, am offenen Fenster stehend die Tunnelfahrten der 29.013 zu erleben. Mit dem 2.130 m langen „Tunnel van Veurs“ weist die Ligne 24 als Superlativ den längsten Eisenbahntunnel Belgiens auf. Nach dem Vorbild mancher Alpentunnel verlaufen die beiden Streckengleise mit rd. 20 m Abstand in zwei getrennten eingleisigen Tunnelröhren. Und nur wenige Kilometer weiter folgt zwischen Remersdaal und Montzen der 790 m lange Gulptunnel.

Dem emotionalen Eisenbahnerlebnis verlieh gewiss auch die amerikanische Lokpfeife mit ihrem ganz speziellen Klang zusätzliche Impulse. Bei manchem Fahrtteilnehmer werden sicherlich Assoziationen zu diversen Eisenbahnsongs aus dem Country&Western-Genre aufgekommen sein.

Dass zur Erleichterung der Rückfahrten und zur Vorbeugung von evtl. Komplikationen auf nassen Schienen am Zugende die SNCB-Lok 5166 angehängt war, beeinträchtigte das Dampferlebnis in keiner Weise.


Hier ist 29.013 mit dem letzten Zug des Tages gegen 16:20 Uhr im weitläufigen Bahnhof von Montzen angekommen und wird für die Rückfahrt vorbereitet.


Mit dem unverkennbaren, hohen Stellwerksturm des Rangierbahnhofs Montzen im Hintergrund konnte auch der „Rücken“ von 29.013 den Fotografen entzücken.

Am Ende des Tages in Visé:  Nachdem die letzte Fahrt zu Ende war, drängten sich viele Menschen um den Star des Tages und wollten 29.013 noch einmal aus der Nähe erleben


Einer der starken  Zylinder, die der 29. 013 die Kraft für die Pendelfahrten gaben.


Die Lok kann ihren amerikanischen Ursprung nicht leugnen. Selbst die Pumpen wurden „jenseits des großen Teichs“ gefertigt.


Dass nach solch grandiosem Eisenbahnerlebnis ein Erinnerungsfoto geschossen werden musste, war nicht nur den Eisenbahnfreunden klar.


Gegen 17:50 Uhr verließ 29.013 den Bahnhof Visé, um über Lüttich nach Schaarbeek zurück zu fahren.

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