Eisenbahnfreunde Grenzland übernehmen ESW-Werklok 2

In den mittlerweile ausgeräumten Hallen des Röhrenwalzwerks in Eschweiler-Aue war die 1963 gebaute Werklok 2 als Relikt des früheren Werksbahnbetriebes der Hüttenbetriebe des Eschweiler Bergwerksvereins zurückgeblieben (oben und unten).

Bis 1984 bildeten die Hüttenbetriebe des Eschweiler Bergwerksvereins in Eschweiler-Aue ein regionales Zentrum der Stahlindustrie, das von einem umfangreichen Werksbahnnetz erschlossen wurde. Details zur Entwicklung dieser Keimzelle der Industrialisierung in Deutschland gibt es hier zu lesen. Als letzter Teil wurde das ehemalige ESW-Röhrenwalzwerk mit seinem Drei-Walzen-Planetenschrägwalzwerk zum 01. April 2020 geschlossen. Von den einst in Eschweiler-Aue eingesetzten Werksloks hatte zuletzt nur noch die 1963 von Henschel mit der Fabriknummer 30866 gebaute Lok 2 (Typ DHG 240, B-dh) überlebt, alle anderen Loks sind mittlerweile verschrottet worden oder ihr Verbleib ist ungeklärt.
Die ESW-Lok 2 wurde am 12. November 1963 an den Eschweiler Bergwerks-Verein geliefert und war seitdem bei den EBV-Hüttenbetrieben in Eschweiler-Aue im Einsatz, bis sie am 19. März 2016 Fristablauf hatte.

Im April 1980 rangierte die baugleiche Werklok 3 noch als Werkslok für den Eschweiler Bergwerksverein (EBV), sieben Jahre später hatte die Maxhütte die Hüttenbetriebe nebst Werklok übernommen (oben und unten).

Eine Verkaufsofferte blieb ohne  Nachfrage. Am 15. Juli 2021 wurde die in einer Werkhalle abgestellte Lok 2 rd. 1,5 m hoch vom Hochwasser überflutet. Nachdem bereits seit längerem  vier Mitglieder der „Eisenbahnfreunde Grenzland e.V.“ (EFG) mit der Nachlassverwaltung der ESW im Kontakt standen, um für eine mögliche Zukunft der Lok 2 in der Region zu werben,  erhielten die „Eisenbahnfreunde Grenzland e.V.“ kürzlich überraschend das Angebot, die Lok 2 zu übernehmen. Auf diese Weise kann nun ein Stück Industriegeschichte des Aachener Raumes erhalten werden.

Am Morgen des 20. November 2023 wurde die Lok 2 von den Eisenbahnfreunden Grenzland in Eschweiler-Aue abgeholt.

Die „Eisenbahnfreunde Grenzland“ rückten am Morgen des 20. November 2023 mit einem Zweiwege-Unimog der Firma „AIXRail“ an, um die Lok 2 von ihrem letzten Standplatz abzuholen (oben und unten).

Zu dem denkwürdigen Ereignis war u.a. auch ein Kamerateam des WDR gekommen, das eine Reportage über die Abholaktion produzierte, die voraussichtlich am 21. November 2023 im Rahmen der „Lokalzeit Aachen“  gesendet werden soll und befristet auch in der Mediathek zur Verfügung steht.

Das routinierte Team der EFG hatte die Abholung der Lok 2 gut vorbereitet und führte alle erforderlichen Maßnahmen professionell durch. Der Zweiwege-Unimog hatte keine Mühe, die Henschel-Lok aus der Werkhalle herauszuziehen (oben und unten). 

Wie oft mag die Werklok 2 wohl den Bahnübergang Phönixstraße in Eschweiler-Aue überquert haben? Am 20. November 2023 hatte sie dazu nun letztmals Gelegenheit. Das Foto zeigt ihre vorletzte Überfahrt (oben). Hinter dem Bahnübergang durfte sie anschließend zusehen, wie ihr Abtransport auf der Straße vorbereitet wurde (unten).

Mit dem Abtransport auf der Straße hatten die Eisenbahnfreunde Grenzland die Spedition Dick Freres SA aus dem belgischen Tubize beauftragt. Der Fahrer rangierte auf dem Werksbahngleis neben den Fabrikhallen den Straßentieflader passgenau ein. Mit gekonnten Handgriffen wurde dazu innerhalb weniger Minuten eine Auffahrrampe errichtet.

Bevor die Werklok 2 auf den Tieflader geschoben wurde, fand die Übergabe der Schlüssel und der Betriebsunterlagen der Lok statt. Die Eisenbahnfreunde Grenzland revanchierten sich zur Erinnerung an dieses Ereignis mit Kaffeebechern mit dem Motiv der Lok 2 .

Anschließend schob der Zweiwege-Unimog die Werklok 2 letztmals über die Phönixstraße (oben). Unter den kritischen Blicken des LKW-Fahrers und der EFG wurde die Lok problemlos auf den Tieflader geschoben (unten).

Alles gut! Werklok 2 steht auf dem Auflieger und kann verzurrt und gesichert werden. Letzte Gelegenheit für Fotos der Lok vor ihrem jahrzehntelangen Arbeitsplatz.

Zufriedene Gesichter! Das Team der Eisenbahnfreunde Grenzland hat den ersten Teil des Abtransports erfolgreich erledigt. Gratulation!

Beim Verlassen der engen Werksausfahrt beim Anschlussgleis musste der LKW-Fahrer mit der Zugmaschine ein wenig über den Straßenrand ausholen, um die Fuhre unfallfrei auf die Phönixstraße zu bringen.

Gute Fahrt in eine hoffentlich gute Zukunft bei den Eisenbahnfreunden Grenzland in Raeren! Die Werklok 2 hatte die Ehre, beim Abtransport in Richtung der Autobahnauffahrt Eschweiler-West noch einmal entlang des Bf. Eschweiler-Aue und vorbei am Walzwerk in Röhe und seinem Gleisanschluss nahe der Dreibogenbrücke kutschiert zu werden.

 

Allerdings konzentrieren die EFG ihre Kraft aktuell vorrangig auf die Inbetriebnahme ihres Schienenbusses. Die Lok wurde deshalb von den engagierten EFG-Mitgliedern Marius Huke, Daniel Weber, Steven Wiltsher und Christoph Golke „privat“ übernommen und wird auch speziell von ihnen betreut werden. Lok 2 wird nach ihrer Ankunft in Raeren erst einmal winterfest abgestellt. In Raeren soll dann zu gegebener Zeit untersucht werden, welche eventuellen Schäden das Hochwasser 2021 sowie die Abstellung an der Lok angerichtet haben und wie der technische Zustand der Lok ist. Im Anschluss wird dann über die weitere Zukunft der Lok beraten. Denkbar ist beispielsweise, die Lok später einmal zu Führerstandsmitfahrten auf Bahnhofsfesten auf den Gleisen des Bf. Raeren zu nutzen.

 

Vor 40 Jahren – Einstellung des Reisezugverkehrs von Aachen-Nord nach Jülich und von Jülich nach Hochneukirch

Am 30. Mai 1980 wurde der Reisezugverkehr auf den Strecken von Aachen-Nord nach Jülich und von Jülich nach Hochneukirch eingestellt. In der Region gingen insgesamt 51,9 Streckenkilometer für den Reisezugverkehr verloren! Die damaligen Verkehrsstrategen fügten der Region einen Schaden zu, der bis heute nicht gutgemacht werden konnte.

Die 27,6 km lange Strecke von Jülich nach Aachen-Nord führte seinerzeit über die Stationen Bf. Kirchberg, Hp. Bourheim, Hp. Aldenhoven Ost, Bf. Aldenhoven, Hp. Niedermerz, Bf. Schleiden, Hp. Hoengen, Bf. Mariagrube, Hp. Alsdorf-Ofden, Bf. Euchen, Bf. Würselen, Hp. Würselen-Mitte zum Kopfbahnhof Aachen-Nord. Diese Strecke wies in den 50er- und 60er Jahren die meisten Züge auf den von Jülich ausgehenden Nebenstrecken auf. Seit Ende der 1990er Jahre wurde immer wieder eine (teilweise) Reaktivierung der Strecke bzw. eines direkten Schienenweges von Aachen nach Jülich propagiert. Hauptgegner solcher Pläne war häufig die Bevölkerung in Würselen, die u.a. die Lärmbelastung aus dem Bahnbetrieb fürchtet und wohl die Belastungen aus dem Straßenverkehr vorzieht. Gegenwärtig wird die Reaktivierung dieser Verbindung im Fahrwasser der Strukturhilfemittel aus dem Kohlekompromiss unter dem Marketingbegriff „Braintrain“ wieder einmal aufgewärmt.

Am späten Nachmittag des 30. Mai 1980 steht der geschmückte Akku-Triebwagen 515 625 als Nahverkehrszug 8262 auf dem Bf. Jülich bereit zur letzten Fahrt eines Reisezuges nach Aachen-Nord. 

Die 24,3 km lange Strecke von Jülich nach Hochneukirch war der Nordteil der von der Bergisch-Märkischen Eisenbahn erbauten Strecke nach Stolberg bzw. Düren. Sie war ursprünglich zweigleisig trassiert, wurde aber stets nur eingleisig betrieben. An der auf langen Abschnitten mit 80 km/h befahrenen Strecke lagen die Stationen Bf. Otzenrath, Hp. Immerath, Hp. Titz, Bf. Ameln und Bf. Welldorf. Im Reisezugverkehr verkehrten die Züge über Hochneukirch hinaus bis Mönchengladbach Hbf.
Im Gebiet um Otzenrath und Immerath macht der Braunkohletagebau derzeit eine Reaktivierung unmöglich. Ersatzweise werden für einen visionären Schienenpersonennahverkehr die Wege über Linnich und Baal nach Mönchengladbach und Düsseldorf oder über Ameln und Bedburg nach Grevenbroich und Düsseldorf bzw. nach Köln diskutiert.

Der letzte Reisezug von Mönchengladbach über Hochneukirch nach Jülich (und weiter nach Düren) war der N 8392. Auf der letzten Fahrt war am 815 728 ein denkwürdiges Schild angebracht…..

Weitere Infos zu diesem schwarzen Tag für die alte Eisenbahnerstadt Jülich sind u.a. hier (auch mit weiterführenden Links) zu finden:

Drehscheibe-online

www.eisenbahn-stolberg.de

wikipedia

30. Mai 1980 – Stillegung der Strecken Jülich – Hochneukirch und Aachen Nord – Jülich

Das Amtsblatt Nr. 15 der Bundesbahndirektion Köln vom 03. April 1980 enthielt unter den laufenden Nummern 133 und 134 die offizielle Ankündigung der dauernden Einstellung des Reisezugbetriebes auf den Nebenbahnen Aachen Nord – Jülich und Jülich – Hochneukirch. Mit Ablauf des 30. Mai 1980 sollte auf beiden Strecken der Reisezugbetrieb auf Busbedienung umgestellt werden.

In diesem letzten Fahrplanabschnitt wurde die Nebenstrecke Aachen Nord – Jülich unter der Kursbuchnummer 454 geführt. Über der Fahrplantabelle fand sich bereits der eingerahmte Hinweis „Mit Einstellung des Schienenverkehrs muss jederzeit gerechnet werden“. Die Nebenstrecke Jülich – Hochneukirch wurde zusammen mit der Strecke Stolberg – Jülich (- Mönchengladbach) unter der Kursbuchnummer 455 geführt. Alle in den Fahrplänen aufgeführten Reisezüge waren mit dem Symbol „a“ versehen und verkehrten nur von Montag bis Freitag. Obwohl der Winterfahrplan 1979/80 erst am Samstag, den 31. Mai 1980 endete, verkehrten auf den beiden Strecken also schon am Freitag dem 30. Mai 1980 die letzten Züge.

Am Nachmittag des 30. Mai 1980 wurde auf dem Bahnhof Jülich mit 515 625 letztmals ein Triebwagen nach Aachen Nord bereitgestellt.

„30. Mai 1980 – Stillegung der Strecken Jülich – Hochneukirch und Aachen Nord – Jülich“ weiterlesen