EVS kauft das Bahnhofsgebäude des Stolberger Hauptbahnhofs

Nach Angaben der Stolberger Tageszeitungen hat die Firma Euregio Verkehrsschienennetz GmbH (EVS) nach mehr als ein Jahr andauernden Kaufvertragsverhandlungen das Empfangsgebäude des Stolberger Hauptbahnhofs erworben. Der Grundstückskaufvertrag wurde am 23. Juni 2010 notariell beurkundet. Wie es scheint, steht dem 1888 errichteten Bahnhofsgebäude damit wieder eine bessere Zukunft bevor, als sie zuletzt die DB-AG geboten hat.

Der DB-Konzern hat das denkmalgeschützte Gebäude rücksichtslos verwahrlosen lassen und private Initiativen zur Erhaltung, wie sie beispielsweise das Vennbahnmuseum hätte bieten können, vor den Kopf gestoßen. Es ist interessant, an diesem Schnittpunkt einmal festzuhalten, wie weit die DB-AG das Bahnhofsgebäude hat verkommen lassen und in welchen Zustand die DB-AG es weiterreicht.

So sieht etwa der ehemalige Haupteingang des Bahnhofsgebäudes aus. Durch diesen Eingang hatten Generationen von Stolbergern die Schalterhalle betreten, um Fahrkarten zu kaufen oder Gepäck aufzugeben.

Die Plakette zur Kennzeichnung des Denkmals wirkt da beinahe schon wie Hohn.

Die schmucke Bahnhofsuhr, einstmals das Symbol für die mit der Eisenbahn einziehende „neue Zeit“ und der Stolz eines jeden Bahnhofsgebäudes, ist verblichen. Vernachlässigung und fehlende Instandhaltung ließen sie vom Statussymbol zu einer durch Bauschäden erzeugten Gefahrenstelle werden.

Die verwitterte Fassade der Westseite ist meist die erste Ansicht, die Besucher des Stolberger Hauptbahnhofs wahrnehmen. Im unteren Bereich für den ersten Blick ein wenig Pinselkosmetik, die weithin sichtbare obere Giebelseite hat aber seit 1976 keine Pflege mehr erhalten.
Für den einstigen Bahn-Chef Dürr gab es zwischen Herkunft und Zukunft noch einen Zusammenhang. Die Börsenbahn zeigte hier kein Interesse mehr an ihrem Erbe. Dass die Historie dieses in seltener Bauform errichteten Bahnhofsgebäudes auf das Jahr 1888 zurückgeht, wirft keinen unmittelbar sichtbaren Profit ab.

Das „Aushängeschild“ der DB-AG sagt in seinem Zustand mehr als viele Worte.

Zum Vergleich hier ein erhalten gebliebenes Schild der seit der Bahnreform im Jahre 1994 nicht mehr bestehenden Deutschen Bundesbahn

Die letzte Nutzung der DB-AG im Stolberger Bahnhofsgebäude sind einzelne Räume im Erdgeschoss, die von der für den Güterverkehr zuständigen Konzerntochter genutzt werden. Wie oft hat sie seit 1994 schon ihren Namen und ihre Struktur geändert. DB-Cargo, Railion, Railion DB-Logistics. Zur Zeit steht DB-Schenker an der Eingangstüre…….

Instandhaltung in Dach und Fach – für die DB-AG an diesem Ort offenbar ein unbekannter Begriff. Mittlerweile haben sich im Bereich der Dachgiebel schon kleine Bäume eingewurzelt.


An verschiedenen Stellen der Dachrinne entlang des Gleises 43 wächst büschelweise das Gras.

Das letzte noch erhaltene Bahnsteigdach am Bahnsteiggleis 43 weist große Löcher auf.

Schäden im Dachbereich und eindringende Nässe hatten vor einigen Jahren schon das Einrichtungshaus „Truwe“ vertrieben, das seinerzeit hoffnungsvoll in das Erdgeschoss eingezogen war und sich dort mit viel Idealismus helle und freundliche Geschäftsräume eingerichtet hatte. Heute sind davon nur noch einige ausgeblichene Anschriften zurückgeblieben.

Die Firma Truwe hatte  die Innenräume im Erdgeschoss des Bahnhofsgebäudes freizügig umgestaltet und das bahntypische Erscheinungsbild vollständig beseitigt. Hier ein Blick in die ehemalige Schalterhalle.

Verwittertes und weggefaultes Fachwerk am Erker bei der Expressgutabfertigung.

Risse im Giebel des Querbaus an der südöstlichen Vennbahnseite

Besonders am Südflügel des Gebäudes zeigen sich erhebliche Schäden der Bausubstanz.

Zustand der ehemaligen Expressgutabfertigung

Drücken wir der Firma EVS die Daumen, dass es ihr gelingt, den traditionsreichen Stolberger Hauptbahnhof wieder in ein ansehnliches Bahnhofsgebäude zu verwandeln, das dem Eisenbahnknotenpunkt Stolberg zur Ehre gereicht. In der Nachbarstadt Eschweiler gibt es mit den Bahnhofsgebäuden des Eschweiler Hauptbahnhofs und des Talbahnhofs gleich zwei gelungene Beispiele, wie Bahnhofsgebäude in privater Initiative neu erblühen können…

Die Firma EVS hat allerdings nur einen Teil des Stolberger Hauptbahnhofs erworben. Natürlich wird sie deshalb nicht alle Missstände beheben können. Es steht zu befürchten, dass die bei der DB-AG verbliebenen Anlagen weiterhin diesen Anblick bieten werden und sich das an die Börse strebende Unternehmen seinen Kunden auch in den nächsten Jahren in diesem Ambiente präsentieren wird:

Die bundesweit genormten Wartehäuschen wurden bei ihrer Aufstellung als „Plus-Punkte“ bezeichnet. Im Fall des  Stolberger Hauptbahnhofs dürfte es sich mittlerweile eher um einen Minuspunkt handeln.

Wie findet der DB-Kunde zum Zugangebot von DB-Regio….

Was nützen schön anzusehende Züge, wenn man den Weg zum Bahnsteig lieber meiden würde?

(In der Presse war allerdings auch zu lesen, dass EVS evtl. eine neue Bahnsteigunterführung mit Treppe und Aufzügen errichten will. Dem Stolberger Hauptbahnhof würde es gut tun…)

Das links vom Ausgang angebrachte Schild wirkt bei den jetzigen Zuständen möglicherweise etwas doppeldeutig.

Ist Ihnen eigentlich schon einmal aufgefallen, dass die DB-AG in ihrer Werbung die Botschaft „Unternehmen Zukunft“ nicht mehr verwendet….

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Und auch im Umfeld des Stolberger Hauptbahnhofs besteht durchaus Hoffnung, dass sich die Verhältnisse ganz von alleine verbessern könnten.

Dieser Schornstein (links) neigt sich bspw. schon sehr weit zur Seite und dürfte bald umkippen.

Auch bei diesen Fabrikgebäuden sind schon die ersten Decken eingestürzt. In Verbindung mit den zerstörten Fensterscheiben wird die Verfallsgeschwindigkeit sicherlich zunehmen.

Vielleicht wird auch diese „Oldtimersammlung“ beim nächsten Anstieg der Schrottpreise den Weg ins Recycling finden oder andernfalls vom Rostfraß zerkrümelt werden.

Dass die an diesem Ort vorbeikommenden Besucher der Stadt Stolberg oder die zahlreichen nach einem Parkplatz suchenden Berufspendler sich spontan zum Kauf und zur Mitnahme der angebotenen Fahrzeuge entschließen werden, ist eher nicht zu erwarten.

Andererseits wäre es vielleicht eine Überlegung wert, ob man dieses morbide Ambiente im Rahmen eines touristischen Konzeptes nicht vermarkten könnte. So könnten sich Touristen beispielsweise als Mauerspechte betätigen und als Andenken an die alte Industriestadt Stolberg einzelne Steine oder größere Wandflächen historischer Industriearchitektur gegen geringes Entgelt mitnehmen… Touristen, die den besonderen Thrill suchen, könnten sich als Souvenir auch unter Einsatz ihres Lebens aus einsturzgefährdeten Fabrikruinen individuellen Wünschen folgend Bauteile ihrer Wahl herauslösen…..;-)))

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