2.4 1920 bis 1949: Der Bahnbetrieb der Deutschen Reichsbahn

Als Verlierer des Ersten Weltkrieges musste Deutschland gewaltige finanzielle Reparationsleistungen erbringen, die zum großen Teil auch über viele Jahre hinweg von den Eisenbahnen erwirtschaftet werden sollten. (Unabhängig davon mussten die Eisenbahnen schon vorher große Mengen an Lokomotiven und Waggons als Waffenstillstandsleistungen abgeben.) Um den Staatshaushalt vor den Folgen der Reparationsleistungen zu schützen, wurden die Ländereisenbahnen am 1. April 1920 in der Rechtsform eines Sondervermögens in Reichseigentum überführt. An die Stelle der KPEV trat folglich die Deutsche Reichsbahn.
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Auf diesem Foto vom Bahnhof Walheim tragen die Güterwaggons schon die Beschriftung der Deutschen Reichsbahn

Aus den Resten der bei Deutschland verbliebenen Bahnstrecken bildete sich in dieser Zeit die zweigleisig ausgebaute Strecke Stolberg – Walheim – Raeren als neue Relation heraus.

Trotz aller Unzulänglichkeiten entwickelte sich der Verkehr auf der Vennbahn bald wieder aufwärts, insbesondere der Kohle- und Erzverkehr. Mitte der 1920er Jahre rollten wieder täglich 22 Kokszüge Richtung Luxemburg und 14 Erzzüge Richtung Aachen und Stolberg. Bei einem Großteil der Kohle- und Kokszüge handelte es sich um Reparationsleistungen („Wiederaufbaukohle“), die von die Siegermächten möglichst weit über  eigene Strecken befördert werden sollten und deshalb nicht etwa den topografisch günstigeren Weg entlang von Rhein und Mosel nahmen.
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Wie auf diesem Foto des BahnhofsWalheim zu sehen ist, gab es in den 1920er Jahren schon eine elektrische Bahnsteigbeleuchtung.

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Der Bahnhof Raeren gehörte fortan zum Netz der belgischen Eisenbahn.

Wegen der Abtretung des Landkreises Eupen an Belgien im Jahre 1920 wurde die Straßenbahnstrecke zwischen Sief und Raeren nicht wieder in Betrieb genommen. 1923 sind dort die Kleinbahngleise abgebaut worden, so dass die Straßenbahn von Walheim den neuen Endpunkt Sief erhielt.
Auf den Anschlussgleisen der Straßenbahn in Walheim und Sief sowie dem Anschlussgleis mit Sturzrampe am Bahnhof Walheim wurden weiterhin regelmäßig Güterverkehr abgewickelt.
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Aus der Sammlung von Guido Rademacher entstammt dieses interessante Foto, auf dem ein Straßenbahntriebwagen mit Güterwaggons auf der Verladerampe rangiert

Zwischen 1923 und 1925 kam es wegen rückständiger Reparationsleistungen (Kohle) zwischen Deutschland und Frankreich sowie Belgien zu politischen Auseinandersetzungen. Belgische und französische Truppen besetzten zur Sicherstellung der Kohlelieferungen das Ruhrgebiet, was auf deutscher Seite einen Generalstreik auslöste. Als Folge davon übernahmen die Alliierten den Eisenbahnbetrieb und führten ihn in eigener Regie durch (Regiebahn).  Es kann davon ausgegangen werden, dass auf der Strecke Stolberg – Walheim – Raeren auch weiterhin viele Kohlezüge verkehrten, die Reparationsleistungen nach Frankreich transportierten.
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Dieser Fahrplan der belgischen Eisenbahn aus dem Jahre 1923 enthält einen Hinweis  auf die Regiebahn.

Vom Bahnhof Breinig aus wurden monatlich durchschnittlich 80 Waggonladungen Erz aus der Erzgrube Cornelia bzw. aus dem Gebiet „Breiniger Heide“ an das Eisenwerk Rothe Erde versandt. Zwischen der Erzgrube und einer Erzverladeanlage auf dem Bahnhof Breinig wurde das Erz mit einer Feldbahn transportiert. Im Jahre 1922 wurde die Erzgrube Cornelia wegen Erschöpfung der Vorräte stillgelegt.

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Aus den 1920er Jahren stammt diese Aufnahme des Bahnhofs Breinig

Zur Schwächung der deutschen Angriffsfähigkeit musste auf Verlangen der Siegermächte im Jahre 1924 auf dem von ihnen als strategisch wichtig eingestuften Streckenabschnitt zwischen Stolberg-Hammer und Walheim das zweite Gleis demontiert werden. Zwischen Hahn und Walheim verliefen seitdem wieder zwei eingleisige Bahnstrecken in den Bahnhof Walheim.
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Dieses Foto zeigt die Strecke Stolberg – Walheim nach dem Rückbau des zweiten Gleises, in der Zeit zwischen 1924 und 1939. Daneben liegt der Streckengleis von Aachen nach Walheim. Der Hinweis auf den Hp. Hahn ist nachträglich in das Bild eingefügt worden. Die Ortschaft Hahn hatte zu diesem Zeitpunkt noch keinen eigenen Haltepunkt.
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Dieses Bild des Bahnhofs Walheim ist 1925 entstanden. Die abgebildete Lok des preußischen Typs G 7.2 hat wahrscheinlich die Klappdeckelwaggons nach Walheim gebracht und gerade abgespannt. Die Lok trägt noch die preußischen Nummernschilder.

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Der amtliche Fahrplan des Jahres 1925 ist bemerkenswert, weil der Personenverkehr auf der Vennbahn schon ab Walheim mit Zügen der belgischen Eisenbahn durchgeführt worden ist. Obwohl der Bahnhof Raeren betrieblich mehr Möglichkeiten bot und über Drehscheiben verfügte, wurden auf der Grenzstrecke  belgische Züge eingesetzt, die dann im Bahnhof Walheim jeweils wenden mussten.

Westlich von Walheim blieb die Strecke nach Raeren hin zweigleisig. In unmittelbarer Nähe zur neuen Grenze wurde am 6. Oktober 1929 der neue, mit einem massiven Gebäude versehene Haltepunkt Schmithof eröffnet.
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Anläßlich der Eröffnung des neuen Haltepunktes Schmithof verkehrte am 6. Oktober 1929 dieser lange Sonderzug.

In der Reichsbahn-Zeit erhält ferner das Bahnhofsgebäude von Breinig einen Vorbau für den Fahrdienstleiter.

Ab 1933 wurden die Bahnstationen zwischen Stolberg und Schmithof häufig von Verfolgten des NS-Regimes frequentiert, die aus dem Reichsgebiet bis in Grenznähe fuhren und anschließend versuchten, über die „grüne Grenze“ nach Belgien zu flüchten.

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Der Ostkopf des Bahnhofs Walheim mit dem für die Vennbahn recht ungewöhnlichen  Stellwerk Wof und dem Hoffmannschen Ringofen der Westdeutschen Kalkwerke.

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Eisenbahner des Bahnhofs Walheim um 1938

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Der Vorsteher des westlichen Außenpostens…

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Wie diese am 20. Dezember 1938 verkaufte Fahrkarte zeigt, waren die Fahrkarten für die Vennbahn mehrsprachig ausgeführt.

Zwischen 1938 und 1939 wurde entlang der deutschen Grenze der Westwall gebaut, der die Strecke Stolberg – Walheim – Raeren westlich von Schmithof schneidet. In dieser Zeit mussten auf der Strecke Stolberg Hbf – Walheim gewaltige Mengen an Baustoffen herangeführt und an den Bahnhöfen umgeladen und abtransportiert werden.

In den 1930er Jahren und auch beim Überfall auf die westlichen Nachbarländer verfolgte die deutsche Wehrmacht die sog. „Blitzkriegsstrategie“. Dabei sollten die Kampftruppen auf Kraftfahrzeuge und Panzer gestützt schnell und flexibel vorrücken und aus sich selbst heraus mobil sein. Für die Mobilmachung zum sog. „Westfeldzug“ spielte die Strecke Stolberg – Walheim – Raeren — anders als noch im Ersten Weltkrieg — deshalb nur eine untergeordnete Rolle. Der Eisenbahn kam lediglich die Aufgabe der Versorgung des rückwärtigen Frontgebietes zu, so dass hier auch keine besonderen Ertüchtigungsmaßnahmen stattfanden.

Am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg. Im September 1939 wird der Bahnhof Breinig zur Ausladestelle für die gesamte Ausrüstung der 225. Infanterie-Divison der Deutschen Wehrmacht, die sich hier bis zum Überfall auf Belgien und Frankreich im April 1940 aufhält. Nach dem Überfall auf Polen kam es an der Westgrenze zunächst allerdings nicht zu Kampfhandlungen.
Die belgische Staatseisenbahn veröffentlichte in dieser diffusen Lage noch diesen ab dem 15. März 1940 gültigen Güterzugfahrplan, der den geringen Umfang des Güterverkehrs auf der Vennbahn gut erkennen lässt.
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Die deutsche Wehrmacht drang schließlich am 10. Mai 1940 auch in das neutrale Belgien ein. Um den deutschen Vormarsch zu beeinträchtigen, wurden die auf den Hauptstrecken liegenden Geultalbrücken bei Hergenrath und Moresnet gesprengt. Beim Sturm der deutschen Truppen auf die westlichen Nachbarländer musste die Strecke Stolberg – Raeren deshalb wieder gewaltige  Transportmengen bewältigen, um die deutschen Kampftruppen zu versorgen.

Am 18. Mai 1940 wurde die Region um Moresnet, Eupen, Malmedy und Sankt Vith in das Deutsche Reich einverleibt. Im Verlauf des Krieges, mit zunehmenden Verlusten und Verschlechterungen der Versorgungslage, musste die Deutsche Reichsbahn immer größere Transportaufgaben bewältigen, die sich in einem zunehmenden Verschleiss der Anlagen auswirkten.

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Während des Zweiten Weltkrieges wurde die Strecke Stolberg – Walheim – Raeren – Eupen –  Welkenraedt mehrfach als Umleitungsstrecke für den Eisenbahnverkehr verwendet, wenn Aachen das Ziel schwerer Luftangriffe war und die Bahnanlagen nach großen Zerstörungen zeitweise nicht befahrbar waren. Besonders nach den schweren Angriffen auf die Bahnhöfe Aachen-Rothe Erde, Aachen-West und Montzen in der Zeit vom 22. bis 28. Mai 1944 musste die Verbindung von Stolberg über  Raeren und Eupen nach Herbesthal mehrere Wochen lang Höchstleistungen bewältigen, bis die genannten Bahnhöfe um den 10. Juni 1944 zumindest wieder durchfahren werden konnten. Mittlerweile hatte am 06. Juni 1944 die Invasion der Alliierten in der Normandie stattgefunden, und wegen der für die Abwehrschlachten Truppen und Ausrüstung stieg  die Zahl der zu fahrenden Züge nochmals an.

Das Mitte 1944 erschienene Kursbuch der Deutsche Reichsbahn enthielt letztmals einen Fahrplan mit durchgehendem Reisezugverkehr auf der gesamten Vennbahnstrecke:
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Quelle: Internetseite von Peter Köker, Berlin
http://www.pkjs.de/bahn/Kursbuch1944/Kursbuchtitel.html

Insgesamt blieben die Betriebs- und Gleisanlagen sowie die Brücken der Strecke Stolberg – Walheim – Raeren bis Mitte 1944 vom unmittelbaren Kriegsgeschehen weitgehend verschont. Nach der Landung der Alliierten in der Normandie und deren schnellem Vorrücken änderte sich die Lage im September 1944 jedoch schlagartig. Nach Tieffliegerangriffen auf fahrende Züge mit vielen Toten und Verletzten (am 5. September bei Roetgen, am 8. September zwischen Eilendorf und Brand und am 10. September bei Konzen) wurde am 10. September 1944 der planmäßige Reisezugverkehr zwischen St. Vith und Walheim eingestellt. In der Nacht zum 11. September verkehrten noch mehrere Flüchtlingszüge. Am Morgen des 11. September 1944 verließ der letzte deutsche Zug den Bahnhof Roetgen in Richtung Aachen. Durch Sprengkommandos der sich auf dem Rückzug befindlichen deutschen Wehrmacht wurden große Schäden an den Gleisanlagen angerichtet, um den Einmarsch der gegnerischen Truppen zu erschweren. Durch diese Sprengkommandos wurden am 11. September 1944 unter anderem der Falkenbachviadukt und der Rüstbachviadukt gesprengt, so dass auf der Strecke Stolberg – Walheim kein Zugbetrieb mehr möglich war. Zudem hatte die Sprengung des Iterbachviaduktes bei Kornelimünster am 13. September 1944 auch jeden Bahnverkehr aus Richtung Aachen nach Walheim unterbrochen. Am 12. September 1944 war außerdem auch der Straßenbahnverkehr von Walheim in Richtung Brand eingestellt worden.

Am 11. September 1944 erreichten die US-Truppen bei Roetgen erstmals deutschen Boden. Die Pressefotografen nahmen den markanten Bahnhof Roetgen als Kulisse, um diesen historischen Moment zu dokumentieren. In namhaften amerikanischen Zeitungen wurde dieses Foto abgedruckt:
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Nach den letzten Evakuierungszügen von Stolberg-Hammer nach Stolberg Hbf wird dort der Betrieb am 14. September 1944 eingestellt. Zwischen dem 12. und 22. September 1944 wird die Strecke von den US-Streitkräften eingenommen. Allerdings wandten sie die US-Truppen zunächst der Eroberung von Aachen zu, das am 16. Oktober 1944 eingekesselt und am 21. Oktober 1944 eingenommen wurde.

Nach der Eroberung Aachens versuchten die US-Streitkräffte zur Sicherung des Vormarsches zum Rhein bzw. nach Köln die Eifeltalsperren einzunehmen, was große militärische Kräfte band und zu den verheerenden, verlustreichen Kämpfen im Hürtgenwald führte.

Da die Strecke nach den Brückensprengungen von Westen her noch bis Walheim befahrbar war, begann die für den amerikanischen Bahnbetrieb zuständige Einheit „740th Railway Operating Battalion“ von Lüttich aus, einen militärischen Bahnbetrieb aufzubauen. Schon am 7. November 1944 erreichte der erste Bauzug der US-Army Schmithof. Im Bereich der Westwall-Querung mussten die US-Eisenbahner zuvor 25 Minen vom Gleiskörper entfernen. Am 14. November 1944 erreichten die ersten beiden Materialzüge der 740. ROB den Bahnhof Walheim. Obwohl der Bahnhof Walheim damit für Eisenbahntransporte der US-Army erreichbar war, lehnte es die amerikanische 1. Armee wegen der Nähe zur Front noch ab, hier einen festen Bahnhof der 740. ROB einzurichten.
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Am 17. November 1944 hatte ein Fotograf der US-Army im Bahnhof Raeren diesen in Richtung Lüttich fahrenden Zug der US-Army fotogafiert.

Der Stolberger Hbf wird noch bis Ende Oktober 1944 von deutschen Truppen verteidigt. Im November 1944 wurde Stolberg Hbf nach der Räumung von Minen und der Reparatur von Gleisanlagen zwar wieder befahrbar gemacht. Eine Wiederaufnahme des Bahnbetriebs im Raum Stolberg war wegen der Frontnähe aber noch nicht möglich.
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Am 24. Oktober 1944 entstand in Stolberg dieses Foto am Rüstbachviadukt. Die US-Truppen bereiten offenbar schon die Befahrbarmachung der gesprengten Brücke vor.

Erst mit der Eroberung von Eschweiler im November 1944 verlagerte sich das Kriegsgeschehen in Richtung Düren und Jülich zur Rur hin. Kurze Zeit später brach dann jedoch am 16. Dezember 1944 die deutsche Ardennenoffensive los, die alle Kräfte der Alliierten beanspruchte und erneut eine provisorische Befahrbarmachung der Bahnstrecken und die Wiederaufnahme des Zugverkehrs zwischen Walheim und Stolberg verhinderte.

Da die Versorgung der alliierten Streitkräfte bis dahin nur über den Seehafen Antwerpen und Häfen an der französischen Kanalküste möglich war, bestand bei den amerikanischen Truppen gleichwohl ein erhebliches Interesse, die Eisenbahn für ihre militärische Logistik zu nutzen. Der militärische Eisenbahnbetrieb wurde u.a. von den in Lüttich stationierten US-Einheiten 712., 718.,732. und 740. ROB mit amerikanischen 1´D-Kriegsloks durchgeführt. Selbst während der am 16. Dezember1944 gestarteten deutschen Ardennenoffensive setzten die Transporteinheiten der US-Army den Bahntransport ungemindert fort. Die nördlichen Stoßkeile der deutschen Wehrmacht kämpften in diesen Tagen im Raum Elsenborn bzw. südlich von Monschau. Nach Angaben des Hauptquartiers der 3. Armee des US-Generals Patton betrieb das 732. ROB praktisch die Endbahnhöfe bis in Frontnähe. In einigen Fällen wurde Artilleriemunition mit der Eisenbahn bis zu den Geschützen gebracht, ohne sie noch einmal auf Lastwagen umladen zu müssen. Das 718. ROB vollbrachte große Leistungen mit dem Transport von vier kompletten Divisionen der 3. Armee und einer Division der 7. Armee über die ganze Front hinweg, um die Südflanke des deutschen Vormarsches aufzuhalten.

Auch nach dem Zusammenbruch der Ardennenoffensive behielt der Bahntransport für die US-Army große Bedeutung, da sie weiterhin ihr gesamtes Material aus dem belgischen Hafen Antwerpen oder französischen Häfen herbeischaffen musste. Weil die Strecke Aachen -Stolberg nach einem Bombentreffer am Nirmer Tunnel nicht mehr passierbar war, gewann die Strecke Stolberg – Walheim für die US-Army als Umgehungsstrecke erhebliche Bedeutung. Allerdings konnte wegen der gesprengten Indebrücke in Eschweiler-Aue und wegen des gesprengten Ichenberger Tunnels westlich des Eschweiler Hauptbahnhofs zunächst nur bis Stolberg gefahren werden.
Sobald die Ardennenoffensive im Januar 1945 endgültig zurückgeschlagen war und wieder freie Kräfte zur Verfügung standen, begann die US-Army umgehend mit provisorischen Reparaturarbeiten zur Nutzbarmachung der Strecke. Mit Behelfskonstruktionen aus Eisenträgern und Holzpfeilern wurden der Falkenbachviadukt und der Rüstbachviadukt von amerikanischen Eisenbahnpionieren wieder notdürftig befahrbar gemacht.
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Am 1. Februar 1945 entstand dieses Foto des mit einer Pionierkonstruktion befahrbar gemachten Viaduktes Rüst in Stolberg

Erst nach dem Ende der deutschen Ardennenoffensive wird der Bahnhof Walheim am 07. Februar 1945 offiziell als erster Güterbahnhof der US-Army in Deutschland in Betrieb genommen. Schon einen Tag später, am 08. Februar 1945 wird auch die Strecke nach Stolberg von der amerikanischen Militäreisenbahn „US Transportation Corps“ in Betrieb genommen.

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Am 14. Februar 1945 fotografierte die US-Army auf dem Rüstviadukt einen der ersten von Stolberg in Richtung Raeren fahrenden und mit amerikanischen Kriegsdampfloks bespannten Güterzug.

Die Strecke Raeren – Walheim – Stolberg diente den amerikanischen Truppen nun als Nachschublinie. Im Februar 1945 überquerte die US-Army die Rur und rückte zum Rhein vor. Erst Mitte März 1945 war die Strecke zwischen Stolberg und Eschweiler Hbf wieder befahrbar. Während der Reparaturarbeiten auf diesem Bauabschnitt machte die Wiederherstellung einer teilweise nur eingleisig befahrbaren Strecke zwischen Düren- Zülpich – Euskirchen – Bonn und Urmitz große Fortschritte.
Am 08. März 1945 verlegte das 740. ROB sein Hauptquartier von Lüttich nach Aachen. Bis Sommer 1945 fand auf den genannten Strecken zunächst noch ausschließlich militärischer Bahnbetrieb statt.

Am 9. Mai 1945 unterzeichnet Deutschland den Waffenstillstand. Die Region um Moresnet, Eupen, Malmedy und Sankt Vith wurde wieder an Belgien zurückübertragen. Auf der Vennbahn wurden die Grenzverhältnisse von 1940 wieder hergestellt. Im Münsterwald passiert die Strecke wieder beim Streckenkilometer 17,3 die deutsch-belgische Grenze.

Ab Sommer 1945 wurde unter deutscher Leitung der Personenverkehr zwischen Stolberg und Schmithof wieder aufgenommen.

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Der bescheidene amtliche Fahrplan aus dem Jahre 1946

Ein grenzüberschreitender Personenverkehr nach Raeren bzw. zu den deutschen Bahnhöfen zwischen Raeren und Kalterherberg wurde nicht mehr eingerichtet.

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Auf diesen 1948 aufgenommenen Fotos ist die ursprüngliche US-Pionierkonstruktion an der Falkenbachbrücke zu erkennen, die gegenüber dem heutigen Zustand mit einer schwächeren Trägerkonstruktionen sowie ohne Laufstege und Geländer ausgeführt worden war.

Bis zur Reparatur des Iterbachviaduktes bei Kornelimünster und der Wiederinbetriebnahme der Strecke am 20. August 1950 gab es ebenso keinen direkten Personenverkehr von Walheim in Richtung Aachen. Reisende hatten hier allerdings die Möglichkeit, die nach Kriegsschäden schon im Jahre 1946 wieder in Betrieb genommene Straßenbahnlinie 35 zu nutzen, die aus Aachen kommend von Brand über Kornelimünster nach Walheim (und Sief) verkehrte.

Ganz im Zeichen des Wiederaufbaus legte die Deutsche Reichsbahn in den drei Westzonen für das Jahr 1949 erstmals wieder den traditionellen „Reichsbahnkalender“ auf.
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Als Folge der Gründung der Bundesrepublik Deutschland  trat in Westdeutschland aber  schon im September 1949 die Deutsche Bundesbahn an die Stelle der Reichsbahn.

2 Gedanken zu „2.4 1920 bis 1949: Der Bahnbetrieb der Deutschen Reichsbahn“

  1. Danke für die hervorragenden Eindrücke und Recherchen. Ich baue derzeit die Vennbahn als Computersimulation nach, da sind historische Dokumente, Fotos und Pläne sehr hilfreich. Gruß vom Vennbahnkilometer 45.

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