Das Stellwerk „Sr“

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Das Stellwerk „Sr“ am 10. Mai 1982, von Norden aus fotografiert

Das Stellwerk Sr befindet sich auf der Ostseite des Stolberger Hauptbahnhofs, am dortigen Kopf des Bezirks III.

Das Stellwerksgebäude ist aus Ziegelmauerwerk errichtet. Auf einem eingeschossigen Sockel, in dem die u.a. Spannwerke untergebracht sind, befindet sich der nahezu rundum mit Fenstern versehene Stellwerksraum mit Flachdach. Das Stellwerk ist über eine auf der Ostseite angelegte Außentreppe erreichbar. Das Baujahr ist mir nicht bekannt. Anhand der Einschusslöcher von Beschuss aus dem Zweiten Weltkrieg kann man das Baujahr aber zumindest auf „vor 1944“ festlegen.

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(Foto vom 07. Mai 1982)

„Sr“ ist ein Rangierstellwerk, d.h. hier gibt es kein Verschlussregister. Die Stellwerkstechnik entspricht der Bauart „Einheit“. Vom Stellwerk „Sr“ aus werden 21 Weichen und 5 Gleissperrsignale (HS-Signale, drei davon sind gegeneinander abhängig) gesteuert. In diesem Gleisplan aus dem Jahre 1986 sind die von „Sr“ aus bedienten Weichen blau markiert.
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Der Arbeitsplatz des Weichenwärters war überwiegend nach Süden bzw. Südwesten ausgerichtet, da das Stellwerk nur für den Bezirk III tätig war. Die Weichen im Nordteil des Bezirks IV und im Bezirk II wurden vom benachbarten Stellwerk „Sof“ aus bedient (sie sind im vorstehenden Gleisplan rot markiert.
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Nach Westen hin ist an das Stellwerk ein eingeschossiges Gebäude für einen Wagenmeister sowie das Rangierpersonal angebaut. Auf dem Stellwerk „Sr“ war auch die Aufsicht für die Bezirke III und IV untergebracht (im Stellwerksraum oder im Anbau??).

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Das Stellwerk „Sr“ von Süden aus fotografiert. Links befindet sich der Anbau für den Wagenmeister. Im Hintergrund rechts liegt das Stellwerk „Sof“. Die Gleise rechts von der Weichenlaterne im Vordergrund gehören zum Bezirk IV, links davon erstreckt sich der Bezirk III. Das Foto entstand am 30. Oktober 1983.

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(Foto vom 07. Mai 1982)

Ein Jahr vor der Umstellung der Stellwerkstechnik entstanden am 12. Mai 1985 diese beiden Fotos des Stellwerks „Sr“:

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Mit einem Reisezug von Köln nach Aachen fährt 110 323 durch den Stolberger Hauptbahnhof. Rechts im Hintergrund ist  das Stellwerk „Sr“ zu sehen, links im Hintergrund das Stellwerk „Sof“.

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Blick vom Propsteierwald auf das Stellwerk „Sr“

Als am 19. Juli 1986 das Stellwerk „Sf“ in Betrieb genommen wurde und große Teile des Stolberger Hauptbahnhofs auf die Stellwerkstechnik Sp DrS 600 (Siemens) umgestellt worden sind, blieb die Ostseite des ehemaligen Bezirks III von der Umstellung ausgeklammert. Der im obigen Gleisplan dargestellte Bereich des Stellwerks „Sr“ blieb bis heute selbständig.

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Alltagsbetrieb auf dem Stolberger Hauptbahnhof am 04. September 2009. Die E-Lok 140 459 stand bereit, die Übergabe vom Knotenpunktbahnhof Stolberg nach Köln zu fahren, die gerade zusammengestellt wurde. Das Stellwerk „Sr“ ist mittlerweile gelb gestrichen, an der östlichen Stirnseite haben sich aber immer noch die in Frakturschrift ausgeführten Buchstaben „Sr“ erhalten.

Erhebliche strukturelle Veränderungen ergaben sich in den Jahren 2000 und 2001. Am 12. Oktober 2000 erwarb die Firma „EUREGIO Verkehrsschienennetz GmbH“ (EVS) die Nebenstrecken der Deutschen Bahn AG im Raum Aachen und damit auch große Teile der Infrastruktur des Stolberger Hauptbahnhofs. Seitdem gehören dort zum Bereich von DB-Netz nur noch die Durchgangsgleise 1 und 2 sowie die Gleise 3 und 4. Dennoch wurde beibehalten, den gesamte Stolberger Hauptbahnhof weiterhin mit DB-Personal von den Stellwerken „Sf“ und „Sr“ aus zu steuern. So wurde das Stellwerk „Sr“ bis Juni 2009 noch mit einem Weichenwärter der DB besetzt. Seitdem ist dort EVS-Personal tätig.
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Der Ausblick des Weichenwärters vom Stellwerk „Sr“ am Nachmittag des 20. März 2001 nach Norden hin. Während im Hintergrund 140 050 mit einem Güterzug aus Richtung Köln nach Aachen-West durchfährt, bewältigen eine Diesellok der Dürener Kreisbahn und die DB-Lok  294 173 den örtlichen Güterverkehr.

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Das Stellwerk „Sr“ im Zustand vom 12. Juni 2009.
Der fortschreitende Ausbau des Euregiobahnnetzes und die Aufnahme des Reisezugverkehrs auf der Neubaustrecke zwischen Weisweiler und Langerwehe (ab 14. Juni 2009) erforderten es, zur Aufrechterhaltung des 30-Minuten-Taktes u.a. in Eschweiler-Tal und Weisweiler neue Kreuzungsbahnhöfe anzulegen. Für die EVS war damit der Aufbau einer eigenen Leit-und Steuerstelle unumgänglich. Diese ist 2009 vorübergehend im Stellwerk „Saf“ des Bahnhofs Stolberg-Altstadt untergebracht worden. Die Zukunftsplanung der Firma „EVS“ sieht aber den Erwerb des Bahnhofsgebäudes des Stolberger Hauptbahnhofs vor, um dort u.a. ein Zentralstellwerk der „EVS“ einzurichten, welches dann ggf. auch die EVS-eigene Infrastruktur des Stolberger Hauptbahnhofs mit umfassen würde. In einer Ausschreibung für die neue Stellwerkstechnik hatte die Firma „EVS“ u.a. folgende Leistungsanforderungen vorgegeben:

Das Stellwerk „Sr“ ist aufzulassen und unterstützend für die Rangierarbeiten sind die Weichen aus dem Stellwerksbezirk „Sr“ in elektrisch ortsbediente Weichen und handgestellte Weichen umzurüsten

Mittlerweile ist das Stellwerk „Sr“  das letzte mechanische Stellwerk im Großraum Aachen- Köln, das noch im regulären Eisenbahnbetrieb verwendet wird.

Bei einer Verwirklichung der Ausbaupläne der EVS steht zu erwarten, dass das Stellwerk „Sr“ damit in seiner heutigen Form keine Zukunft mehr haben wird. Noch kann man täglich dieses Stellwerk bei der Einfahrt in den Stolberger Hauptbahnhof betrachten…
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Blick über die Schulter des Lokführers, aufgenommen am 20. Februar 2009.