2.5 1949 bis 1961 Der Betrieb der Deutschen Bundesbahn bis zur Einstellung des Reisezugverkehrs

Als Nachfolgerin der Deutschen Reichsbahn (DR) entstand mit Wirkung vom 7. September 1949 im Vereinigten Wirtschaftsgebiet die Deutsche Bundesbahn.

Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges verzeichnete der Personenverkehr zwischen Stolberg und Walheim bzw. Schmithof eine kurze Blütezeit, weil viele Kaffeeschmuggler aus Richtung Köln kommend zur Reise an die Grenze die hier verkehrenden Personenzüge nutzten, die nun im Volksmund verschmitzt als „Mokka-Express“ bezeichnet wurden. An manchen Tagen wurden auf dem Stolberger Hauptbahnhof alleine rd. 200 Kinderfahrkarten nach Schmithof verkauft. Die Senkung der Kaffeesteuer im August 1953 beendete diesen Fahrgaststrom wieder.

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Die Reisezüge wurden zu dieser Zeit häufig mit Loks der BR 74 bespannt und aus 3-4 zweiachsigen Waggons gebildet. Dabei wurden die Züge von Walheim nach Schmithof geschoben, weil es in Schmithof keine Weichen und kein Umfahrgleis gab. Der Streckenabschnitt zwischen Walheim und Raeren war in dieser Zeit allerdings noch zweigleisig.

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Die 1950er Jahre gelten allgemein als die Jahre des Wirtschaftswunders. Für die Deutsche Bundesbahn verschärfte sich allerdings die Konkurrenzsituation. Besonders auf den Nebenbahnen versuchte sie, den Bahnbetrieb mit Rationalisierungsmaßnahmen kostengünstiger zu gestalten. So markierte der Einsatz von Schienenbussen auch beim Bw Stolberg den Beginn des Traktionswandels. Andere Rationalisierungen betrafen bspw. die Aufhebung von Schrankenwärterposten oder die Einrichtung von neuen Haltepunkten, um neue Bahnkunden zu gewinnen.

Trotz dieser Situation wird der Iterbachtalviadukt wieder instandgesetzt und ab dem 20. August 1950 der Reisezugverkehr zwischen Kornelimünster und Walheim, ebenso wie der Güterverkehr, wieder aufgenommen.
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Der Winterfahrplan 1951/52 verzeichnet erstmals einen Haltepunkt Hahn auf der Strecke von Walheim nach Aachen.
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Winter 1954-55 _Kursbuchtabelle_Stolberg_Walheim_b
Mit Beginn des Winterfahrplans 1954/55 werden auf der Strecke Stolberg – Walheim Schienenbusse (VT 95 aus dem Bw Stolberg) eingesetzt. Der Hinweis auf die fehlende Gepäckbeförderungsmöglichkeit läßt vermuten, dass diese Schienenbusse ohne Beiwagen verkehrten. Zwischen Walheim und Schmithof wurden drei Zugpaare mit Schienenbussen gefahren, der Zug 2153 verkehrte dabei durchgehend von Schmithof bis nach Jülich. Interessant sind auch die Züge Nrn. 1731 und 1733, die nur zwischen Walheim und Breinig verkehrten. Zudem enthielt dieser Fahrplan zwei Zugpaare, bei denen Schienenbusse von Aachen über Eilendorf nach Stolberg und von dort nach Walheim verkehrten – ganz ähnlich dem heutigen Euregiobahnbetrieb!

Mit dem Sommerfahrplan 1955 wurde allerdings der Reisezugverkehr auf der Strecke von Walheim nach Aachen auf nur noch 3 Zugpaare an Werktagen reduziert.
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1955_Sommerfahrplan_Walheim_Stolberg_F

Auf der Strecke Stolberg – Walheim wird ein Hp Hahn erstmals im Winterfahrplan 1955/56 aufgeführt.  Ob der Haltepunkt über zwei separate Bahnsteige oder einen Mittelbahnsteig verfügte, ist (für mich) unklar. Es wäre zumindest denkbar, dass der „zweite“ Hp Hahn an der Strecke nach Stolberg ein Ausgleich für die Reduzierung des Zugangebotes nach Aachen gewesen war.
Schon der Winterplan 1955/56 beinhaltete eine weitere Reduzierung der Züge – zwischen Aachen Rothe Erde und Walheim fuhr nur noch ein werktägliches GmP-Paar, für das allerdings weiterhin ein Zwischenhalt am Haltepunkt Hahn verzeichnet ist.
Winter 1955-56 a
Winter 1955-56 b

Am gesprengten Viadukt über den Rüstbach musste am 16. Oktober 1956 der von US-Pionieren errichtete provisorische Fahrbahnträger durch einen längeren Überbau einschließlich Kammervorbau ersetzt werden. Hierzu setzte die Bahnmeisterei einen 30 to-Kran ein.

Ausbau des alten Überbaus mittels 30 to-Kran


Nach dem Einbau des neuen Überbaus wurde das alte Bauteil zum Abtransport verladen. Auf dem neuen Brückenüberbau steht ein Stolberger Lok der BR 92.5 .
Wie auf den beiden Bildern zu erkennen, war die von den US-Pionieren noch aus Holz gefertigte Erhöhung des gesprengten Mittelpfeilers ebenfalls durch eine neue, vollständig aus Stahl gefertigten Konstruktion ersetzt worden.

1956 wurde zwischen Belgien und Deutschland vertraglich vereinbart, dass der status quo festgeschrieben wird und es zwischen beiden Ländern auf der Vennbahn keinen regulären Personenverkehr mehr geben wird. In den 1950er Jahren war das Straßennetz schon so gutausgebaut, dass ein Busverkehr von Aachen über Walheim nach Roetgen, Monschau und Kalterherberg wegen der im Gegensatz zur Vennbahn deutlich kürzeren Strecke bspw. über die Bundesstraße 258 ein ausreichender Ersatz für den Bahnverkehr war. Sollte sich wider Erwarten doch Bedarf für einen grenzüberschreitenden Personenverkehr auf der Vennbahn entwickeln, so würden beide Länder erneut über den Reisezugverkehr auf der Vennbahn verhandeln. Sonderfahrten allerdings durften weiterhin zwischen beiden Ländern durchgeführt werden. Ebenso durfte weiterhin Güterverkehr auf der Vennbahnstrecke betrieben werden. Damit wurde die Strecke Stolberg – Walheim – Raeren für den Reisezugverkehr endgültig zur Stichstrecke.
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Ankunft eines Sonderzuges auf dem Bahnhof Walheim. Rechts im Hintergrund wartet ein planmäßiger Personenzug auf die Abfahrt in Richtung Aachen oder Stolberg.

Die Verbesserung des Busangebotes, die Konkurrenz des Linienverkehrs der ASEAG und die zunehmende Motorisierung der Haushalte führen zu einer Abwanderung von Fahrgästen. Dem Rückgang der Fahrgastzahlen begegnet die Deutsche Bundesbahn mit Reduzierungen des Zugangebotes, so dass der Reisezugverkehr in die Grenzregion schließlich unattraktiv wird. Aber auch der Straßenbahnverkehr war von dieser Entwicklung betroffen und erfuhr Einschränkungen. So wurde am 03. November 1957 der Straßenbahnverkehr auf der Linie von Kornelimünster nach Breinig, die unter der Falkenbachbrücke die Strecke kreuzte und vor dem Bahnhofsgebäude von Breinig endete, eingestellt. Am 11. November 1957 folgte die Einstellung des Straßenbahnverkehrs von Walheim nach Sief. Die Straßenbahnlinie 35 endete fortan in Walheim auf der Schleidener Straße nahe dem Bahnübergang.
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Ein Straßenszene aus Walheim, als die Straßenbahn nach Sief noch zum alltäglichen Bild gehörte.

Am 31. März 1959 wurde in Breinig am Streckenkilometer 9,300 beim Bahnübergang „Stockemer Straße“ die erste automatische Blinklichtanlage dieser Strecke in Betrieb genommen. Im Jahre 1958 war der Bahnhof Breinig andererseits noch mit einem Fahrdienstleiter besetzt und mit Einfahrsignalen ausgestattet.

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Ab dem Sommerplan 1959 verzeichnete die Fahrplantabelle der Strecke Walheim – Aachen-Rothe Erde nur noch ein werktägliches GmP-Paar, und auch das nur noch bis Kornelimünster. Zwischen Kornelimünster und Walheim fahren keine planmäßigen Reisezüge mehr. Außerdem ist im Sommerfahrplan 1959 der Hp Hahn an der Strecke Stolberg – Walheim nur noch ein Bedarfshalt.

Im Jahre 1959 wurde das große Kalkwerk in Walheim geschlossen, was durch den Wegfall des Kalktransports einen erheblichen Rückgang des Güteraufkommens zur Folge hatte. Ende der 1950er Jahre, wahrscheinlich im Jahre 1959, wurde die Falkenbachbrücke saniert.
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Wegen des Verkehrsrückgangs hat man die seinerzeit in Erwägung gezogene Wiederherstellung der gemauerten Viaduktbögen letztlich aber verworfen und als kostengünstigste Sanierungsmöglichkeit eine Ertüchtigung der Behelfskonstruktion in der hier gezeigten Ausführung vorgezogen.

Im Gegensatz zur Lage in Walheim gab es südlich des Bahnhofs Stolberg-Hammer  im Bereich Binsfeldhammer beiderseits der Strecke weiterhin viel Industrie, die für ein hohes Güterverkehrsaufkommen sorgte.
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Auf diesem Foto sind links der Strecke die Werksanlagen der Firma „Prym“ (unten) und der Bleihütte der Firma Berzelius (oben) zu sehen, während rechts der Strecke der Gleisanschluss des Kalkwerks Bärenstein abzweigt. Gut erkennbar ist auch immer noch  die einstmals zweigleisige Trassierung der Strecke nach Walheim, die aber schon im Jahre 1924 zurückgebaut werden musste.
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Mit dem Sommerfahrplan 1960 wurde dann der Verkehr zwischen Stolberg und Walheim auf ein werktägliches GmP-Paar reduziert, dieses hielt nicht mehr in Hahn. Ab dem 29. Mai 1960 gab es zwischen Walheim und Schmithof keine Reisezüge mehr. Auch zwischen Walheim und Aachen-Rothe Erde wurde ab dem 29. Mai 1960 der Personenverkehr eingestellt.

Der Eisenbahnchronist Hans-Joachim Jakubowski (+) hat in seinem mittelrheinischen Eisenbahnarchiv als Datum für die Stillegung des Güterverkehrs zwischen Walheim und Kornelimünster den 01. September 1960 vermerkt.

Die Zeitschrift “Eisenbahn-Kurier” führt in ihrer Heftreihe “Die DB vor 25 Jahren” unter Bezugnahme auf offizielle Angaben der Deutschen Bundesbahn in der Tabelle “Abgang durch Abbau von Strecken” für das Jahr 1960 zur Strecke Aachen-Rothe Erde – Walheim den Rückbau von 1,79 km eingleisiger Nebenbahn von km 11,45 bis km 13,24 auf.

Wahrscheinlich hatte die DB nach der Stillegung des Walheimer Kalkwerks und der Einstellung des Personenverkehrs nach Aachen den restlichen verbliebenen Güterverkehr komplett über Stolberg geleitet, das Streckengleis zwischen Walheim und Hahn abgetragen und nur für Notfälle bei der ehemaligen Abzweigung Hahn mit einer neu eingebauten, ortsbedienten Handweiche noch eine Anbindung der Aachener Strecke für Ausnahmefälle offengehalten.
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Dieses Foto aus dem Jahre 1966 zeigt die eingleisige Streckensituation zwischen Walheim und Hahn am Bahnübergang Hahner Straße (heute Posten 13) mit einem nach Stolberg fahrenden Güterzug.

Im Kursbuch Winter 1960/61 steht dann „Schienenverkehr zwischen Aachen – Rothe Erde und Walheim eingestellt“.

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Auf der Strecke Stolberg – Walheim verblieb das GmP-Paar zwischen Stolberg und Walheim, das als “Alibizug” bis zur Einstellung des Reisezugverkehrs am 31. Dezember 1961 verkehrte.

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