Das Stellwerk „Sif“

Das Stellwerks „Sif“ gehörte ursprünglich zum Bahnhof Stolberg-Atsch der Aachener Industriebahn, deren Strecke von Würselen zum Stolberger Hauptbahnhof am 26. September 1875 eröffnet wurde. Allerdings wurde das Stellwerk erst nach einem erheblich Verkehrszuwachs erforderlich, der beispielweise durch den zum 01. Dezember 1876 eröffneten Gleisanschluss zur chemischen Fabrik “Rhenania” entstanden war. Das Stellwerk „Sif“ soll im Jahre 1881 errichtet worden sein. Die Bezeichnung „Sif“ geht vermutlich auf die Industriebahn-Vergangenheit  zurück, das „i“ steht dann für „Industriebahn“. Nach Schilderungen älterer Stolberger Eisenbahner soll dieses Stellwerk zeitweise auch die Bezeichnung „Ai“ getragen haben. Sein Standort lag im Westen des Bezirks 5.

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Zum Zeitpunkt dieser Aufnahme vom 16. Februar 1974 wurde auch der umfangreiche Rangierbetrieb im Bezirk V noch über das Stellwerk „Sif“ abgewickelt. Deutlich sichtbar war auf dem Stellwerksdach noch eine Rangierfunkantenne installiert.

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Als dieses Foto am 12. Juli 1983 entstand, war Stolberg Hbf schon kein Rangierbahnhof mehr. Dennoch vermittelt die Rangierlok 261 197, die hier mit einem Übergabezug aus Merzbrück zurückkehrt, noch ein wenig von der Atmosphäre des Rangierbetriebes.

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Am 12. Juli 1983 entstand auch dieses Foto , das den auf der Ostseite des Stellwerks angefügten Trakt für das Rangierpersonal deutlicher zeigt.

Das Stellwerk hatte auf der Ostseite eine innenliegende Treppe . Vermutlich nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der langgezogene Anbau mit Walmdach für das Rangierpersonal angebaut. Auf dem Stellwerk befand sich die Technik „Scheidt & Bachmann“. Vom Stellwerk „Sif“ aus wurde auch die Schranke am Bahnübergang der heutigen Steinbachstraße bedient. Bis etwa 1925 (?) gab es eine direkte Straßenverbindung von der Haldenstraße zum Glücksburgweg, in deren Verlauf es an der Ostseite des Stellwerks einen Bahnübergang über alle Gleise des ehemaligen Bahnhofs Atsch hinweg gegeben hat. Das Stellwerk erhielt 1959 zusätzlich ein Drucktasten-Bedienpult zur Fernsteuerung der Abzweigstelle Quinx.

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So sah es der Fahrdienstleiter von seinem Arbeitsraum aus: Am 8. April 1974 waren die Loks 052 692 und 215 044 vom Bahnbetriebswerk aus über die Verbindungsbahn in den Rangierbezirk V gefahren und warteten nun vor dem Stellwerk „Sif“ auf das Ziehen des Ausfahrsignals. Bevor es soweit war, musste aber noch die Schranke am Bahnübergang Steinbachstraße geschlossen werden.

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Wie oft die Rangierloks der Baureihe V 60 jeden Tag am Stellwerk „Sif“  vorbeigefahren sind, hat wohl niemand gezählt. 261 224,  die hier am 08. April 1974 am Fenster des Fahrdienstleiters vorbeidieselte, war die Stammlok des Rangierbezirks V. Gegenüber den Loks der Baurteihe 260 hatte sie eine höhere Achslast und damit etwas mehr Zugkraft.

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Am 30. Dezember 1975 war die Rangierlok 260 293 im Bezirk V eingesetzt. In der letzten Abendsonne warf sie ihren Schattenriss auf die Westseite des Stellwerks „Sif“, während sie wieder einmal den Ablaufberg erklomm.

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So wie hier am 22. September 1982 fotografiert, werden viele Stolberger und viele belgische Soldaten das Stellwerk „Sif“ in Erinnerung haben. Das Foto zeigt den Blick vom Bahnübergang an der Steinbachstraße, die sowohl zur belgischen Kaserne „Camp Reine Astrid“ als auch zu den beliebten Naherholungszielen Steinbachshochwald und Würselener Stadtwald führt. Da die Steinbachstraße bei diesem Bahnübergang auch das Ausziehgleis des Rangierbezirks V  kreuzte, ergaben sich häufig längere Schließzeiten, die dann Gelegenheit zu intensiven Beobachtungen des Bahnbetriebes boten. Auf dem Bild läuft der Akkutriebwagen 515 619 aus Herzogenrath kommend in Stolberg Hbf ein, während im Hintergrund die Diesellok 215 116 schon wartet, dass die eingleisige Strecke für sie frei wird.

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Bis Mitte der 1970er Jahre gab es an der Bahnhofseinfahrt aus den Richtungen Würselen und Herzogenrath/Alsdorf neben dem umfangreichen Güterverkehr auch einen lebhaften Reisezugverkehr zu bewältigen. Ab Ende der 1970er Jahre wurde zunächst der Reisezugverkehr reduziert, ab Mitte der 1980er Jahre dann auch der Güterverkehr. Als der Akkutriebwagen 515 614 am 13. August 1982 von Herzogenrath kommend das Stellwerk „Sif“ passiert, gab es hier noch eine relativ dichte Zugfolge.

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Zwei Jahre später, am 05. Juli 1984, schaute der Fahrdienstleiter schon auf viele rostige Schienen. Der Reisezugverkehr nach Herzogenrath, der auf dem Bild noch von 515 612 bestritten wird, sollte am 28. Dezember 1984 enden.

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Auf diesem Gleisplanauszug ist der Fahrwegprüfbezirk des Stellwerks „Sif“ rot markiert.
Als Besonderheit musste der Fahrdienstleiter sich bei Fahrten in das Gleis 99 mit dem Stellwerk „Sb“ abstimmen,  da weder er noch das Stellwerk „Sa“ den Fahrweg dorthin einsehen konnte.

Interessanterweise hatte der Stolberger Hauptbahnhof mit den Stellwerken „Sif“ und „Sof“ gleich zwei Fahrdienstleiterstellwerke, was sehr ungewöhnlich ist. Der Fahrdienstleiter „Sif“ war für den gesamten Zug- und Rangierverkehr im Bezirk V sowie die ihm zugeordneten Abschnitte der Strecken nach Würselen und Alsdorf zuständig. Das Stellwerk „Sif“ verlor seinen Rang als Fahrdienstleiter erst um 1985, als der Rangierbetrieb im Bezirk V ausgelaufen war und der durchgehende Bahnverkehr auf der Strecke Stolberg – Alsdorf endete. In seinen letzten Monaten trug das Stellwerk die Bezeichnung „Si“.

Kurz nach der Inbetriebnahme des Zentralstellwerks “Sf” am 21. August 1986 wurde „Sif“  außer Dienst gestellt und im März 1987 (12. und 13. KW) abgebrochen.

(letzte Bearbeitung/Stand: 08. Januar 2010)