Das Stellwerk „Sof“

Die Geschichte des beim Streckenkilometer 59,4 gelegenen Stellwerks “Sof” geht auf das Jahr 1948 zurück, in dem der Vorentwurf dieses markanten Gebäudes entstanden war. Wegen der ihm zugedachten Aufgabe, die Ein- und Ausfahrten von und nach Köln sowie Eschweiler-Aue zu steuern, und wegen seiner Lage am Ostkopf der Gleisanlagen wurde dieses Stellwerk als sog. “Reiterstellwerk” vorgesehen. Der Brückenteil des Stellwerks ruhte auf einem zweigeschossigen südlich gelegenen Baukörper und einem nördlich gelegenen Betonträger mit zwei Streben. Interessanterweise überspannt das Stellwerk auch die Grenze zwischen den Bezirken III (Betonträger) und IV (Gebäudeteil). Ein genaues Datum der Inbetriebnahme liegt mir nicht vor, ich vermute aber, “Sof” dürfte etwa 1949/50 fertig- und in Dienstgestellt worden sein.

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Blick aus dem Stellwerk „Sof“ auf den Stolberger Hauptbahnhof am 05. Juli 1959 mit einer Rangierlok der BR 92

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Das Stellwerk „Sof“ am 22. April 1982, von Osten her aus einem von Eschweiler nach Stolberg fahrenden Zug fotografiert.

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In ähnlicher Weise entstand am 07. Mai 1982 dieses Foto, das etwas mehr von der Umgebung des Stellwerks „Sof“ wiedergibt.

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Am 30. Oktober 1983 wurde diese Perspektive von Süden her mit den Stellwerken „Sr“ (links vorne) und „Sof“ (rechts, hinten) festgehalten. Bei der im Vordergrund sichtbaren Weiche verläuft die Grenze zwischen den Bezirken III (links) und IV (rechts).

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Von der Halde der ehemaligen Firma „Kali-Chemie“ habe ich am 23. Oktober 1983 diese Gesamtansicht des Stolberger Hauptbahnhofs fotografiert. Das Reiterstellwerk „Sof“ ist im Hintergrund am Abschluss der Gleisanlagen  zu erkennen.

Auf diesem Stellwerk hatte der Fahrdienstleiter für den größten Teil des Stolberger Hauptbahnhofs seinen Sitz. Dem Fahrdienstleiter auf “Sof” oblag die Sicherheit der Zug- und Rangierfahrten in den Bezirken I, II, III und IV sowie auf den ihm zugeteilten Abschnitten der Hauptstrecke Köln-Aachen sowie der von Stolberg ausgehenden Strecken nach Jülich, Walheim und Münsterbusch. Daneben war er auch für die Fahrten zwischen dem Betriebswerk und dem Stolberger Hauptbahnhof über die Lokverkehrsgleise 7 und 65 zuständig. Es zählt zu den Besonderheiten des Stolberger Hauptbahnhofs, dass es hier einen zweiten Fahrdienstleiter gab, der auf dem Stellwerk “Sif” platziert war und für den Bezirk V bzw. den Bereich des ehemaligen Bahnhofs Stolberg-Atsch der Aachener Industriebahn zuständig war.
Neben dem Fahrdienstleiter waren auf dem Stellwerk “Sof” noch ein Weichenwärter und anfangs auch noch ein Telegrafist (später Zugmelder genannt) tätig. Auf dem Stellwerk waren 8 Morseapparate zu bedienen (davon 1 in Reserve). Die Morsetechnik wurde auf „Sof“ beim Zugmeldeverfahren bis 1952 eingesetzt.
Der Materialmangel in der frühen Nachkriegszeit zwang zu Kompromissen bei der Signal- und Steuertechnik, so dass hier die Stellwerkstechnik der Bauart “E 43” in Verbindung mit Formsignalen zur Ausführung kam. Auch die Gleissperrsignale waren im Bezirk von „Sof“ durchweg  als Formsignale ausgeführt. Vom Umfang der zu bedienenden Weichen und Signale gilt “Sof” als das Größte der Stolberger Stellwerke dieser Epoche. Weichen und Signale wurden hier mit Knebelschaltern gestellt, die ähnlich den Schaltern an älteren Elektroherden außen an Stellschränken angebracht waren. Jeweils 24 Hebelplätze waren zu einem sog. „Stoß“ (Stellschrank) zusammengefasst. Auf dem Stellwerk „Sof“ gab es wahrscheinlich vier solcher Stösse, die nebeneinander angeordnet fast die gesamte Brückenlänge einnahmen.

Die Elektrifizierung der Strecke Köln-Aachen und der Bezirke II und III des Stolberger Hauptbahnhofs blieb für das Reiterstellwerk “Sof” ohne Folgen, da eine ausreichende Durchfahrtshöhe vorhanden war.

Am 12. Mai 1985 entstand diese Fotoserie mit 5 Motiven rund um das Stellwerk „Sof“
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In dem nachstehenden Gleisplan (Zustand 1986) ist der Fahrwegprüfbezirk des Stellwerks „Sof“ rot dargestellt. Ebenso sind alle von „Sof“ bedienten Weichen rot markiert.
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Hier zur Verdeutlichung der Lage des Stellwerks „Sof“ noch ein Auszug bzw. eine Vergrößerung des Plans
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Mit der Umstellung der Leit- und Steuertechnik auf das System DrS 600 und der Inbetriebnahme des Zentralstellwerks “Sf” am 21. August 1986 wurde „Sof“ außer Dienst gestellt Fortan gab es in Stolberg Hbf auch nur noch einen Fahrdienstleiter, der jetzt auf dem neuen Stellwerk seinen Dienstposten hatte.  (Das ehemalige Stellwerk „Sif“ hatte seinen Rang als Fahrdienstleiterstellwerk schon einige Zeit (~1985) vorher eingebüßt,  nachdem der Rangierbetrieb im Bezirk V eingestellt worden war und der durchgehende Zugverkehr von Stolberg in Richtung Alsdorf entfallen war.)

Das Stellwerk “Sof” wurde im März 1987 abgerissen.

(Das Stellwerk „Sof“ soll einen Vorgänger gehabt haben, der als mechanisches Stellwerk zwischen den Gleisen der Hauptstrecke Köln-Aachen und der Strecke Stolberg – Jülich – Hochneukirch gelegen war. Dieses Vorgänger-Stellwerk soll nach Schilderungen älterer Eisenbahner in den 1930er Jahren infolge Blitzeinschlages abgebrannt sein. Möglicherweise könnte das ab 1948 neuerstandene Reiterstellwerk „Sof“ deshalb auch nur ein Wiederaufbau eines bereits vorhandenen Reiterstellwerks aus der Vorkriegszeit sein.)