Eisenbahnfreunde Grenzland übernehmen ESW-Werklok 2

In den mittlerweile ausgeräumten Hallen des Röhrenwalzwerks in Eschweiler-Aue war die 1963 gebaute Werklok 2 als Relikt des früheren Werksbahnbetriebes der Hüttenbetriebe des Eschweiler Bergwerksvereins zurückgeblieben (oben und unten).

Bis 1984 bildeten die Hüttenbetriebe des Eschweiler Bergwerksvereins in Eschweiler-Aue ein regionales Zentrum der Stahlindustrie, das von einem umfangreichen Werksbahnnetz erschlossen wurde. Details zur Entwicklung dieser Keimzelle der Industrialisierung in Deutschland gibt es hier zu lesen. Als letzter Teil wurde das ehemalige ESW-Röhrenwalzwerk mit seinem Drei-Walzen-Planetenschrägwalzwerk zum 01. April 2020 geschlossen. Von den einst in Eschweiler-Aue eingesetzten Werksloks hatte zuletzt nur noch die 1963 von Henschel mit der Fabriknummer 30866 gebaute Lok 2 (Typ DHG 240, B-dh) überlebt, alle anderen Loks sind mittlerweile verschrottet worden oder ihr Verbleib ist ungeklärt.
Die ESW-Lok 2 wurde am 12. November 1963 an den Eschweiler Bergwerks-Verein geliefert und war seitdem bei den EBV-Hüttenbetrieben in Eschweiler-Aue im Einsatz, bis sie am 19. März 2016 Fristablauf hatte.

Im April 1980 rangierte die baugleiche Werklok 3 noch als Werkslok für den Eschweiler Bergwerksverein (EBV), sieben Jahre später hatte die Maxhütte die Hüttenbetriebe nebst Werklok übernommen (oben und unten).

Eine Verkaufsofferte blieb ohne  Nachfrage. Am 15. Juli 2021 wurde die in einer Werkhalle abgestellte Lok 2 rd. 1,5 m hoch vom Hochwasser überflutet. Nachdem bereits seit längerem  vier Mitglieder der „Eisenbahnfreunde Grenzland e.V.“ (EFG) mit der Nachlassverwaltung der ESW im Kontakt standen, um für eine mögliche Zukunft der Lok 2 in der Region zu werben,  erhielten die „Eisenbahnfreunde Grenzland e.V.“ kürzlich überraschend das Angebot, die Lok 2 zu übernehmen. Auf diese Weise kann nun ein Stück Industriegeschichte des Aachener Raumes erhalten werden.

Am Morgen des 20. November 2023 wurde die Lok 2 von den Eisenbahnfreunden Grenzland in Eschweiler-Aue abgeholt.

Die „Eisenbahnfreunde Grenzland“ rückten am Morgen des 20. November 2023 mit einem Zweiwege-Unimog der Firma „AIXRail“ an, um die Lok 2 von ihrem letzten Standplatz abzuholen (oben und unten).

Zu dem denkwürdigen Ereignis war u.a. auch ein Kamerateam des WDR gekommen, das eine Reportage über die Abholaktion produzierte, die voraussichtlich am 21. November 2023 im Rahmen der „Lokalzeit Aachen“  gesendet werden soll und befristet auch in der Mediathek zur Verfügung steht.

Das routinierte Team der EFG hatte die Abholung der Lok 2 gut vorbereitet und führte alle erforderlichen Maßnahmen professionell durch. Der Zweiwege-Unimog hatte keine Mühe, die Henschel-Lok aus der Werkhalle herauszuziehen (oben und unten). 

Wie oft mag die Werklok 2 wohl den Bahnübergang Phönixstraße in Eschweiler-Aue überquert haben? Am 20. November 2023 hatte sie dazu nun letztmals Gelegenheit. Das Foto zeigt ihre vorletzte Überfahrt (oben). Hinter dem Bahnübergang durfte sie anschließend zusehen, wie ihr Abtransport auf der Straße vorbereitet wurde (unten).

Mit dem Abtransport auf der Straße hatten die Eisenbahnfreunde Grenzland die Spedition Dick Freres SA aus dem belgischen Tubize beauftragt. Der Fahrer rangierte auf dem Werksbahngleis neben den Fabrikhallen den Straßentieflader passgenau ein. Mit gekonnten Handgriffen wurde dazu innerhalb weniger Minuten eine Auffahrrampe errichtet.

Bevor die Werklok 2 auf den Tieflader geschoben wurde, fand die Übergabe der Schlüssel und der Betriebsunterlagen der Lok statt. Die Eisenbahnfreunde Grenzland revanchierten sich zur Erinnerung an dieses Ereignis mit Kaffeebechern mit dem Motiv der Lok 2 .

Anschließend schob der Zweiwege-Unimog die Werklok 2 letztmals über die Phönixstraße (oben). Unter den kritischen Blicken des LKW-Fahrers und der EFG wurde die Lok problemlos auf den Tieflader geschoben (unten).

Alles gut! Werklok 2 steht auf dem Auflieger und kann verzurrt und gesichert werden. Letzte Gelegenheit für Fotos der Lok vor ihrem jahrzehntelangen Arbeitsplatz.

Zufriedene Gesichter! Das Team der Eisenbahnfreunde Grenzland hat den ersten Teil des Abtransports erfolgreich erledigt. Gratulation!

Beim Verlassen der engen Werksausfahrt beim Anschlussgleis musste der LKW-Fahrer mit der Zugmaschine ein wenig über den Straßenrand ausholen, um die Fuhre unfallfrei auf die Phönixstraße zu bringen.

Gute Fahrt in eine hoffentlich gute Zukunft bei den Eisenbahnfreunden Grenzland in Raeren! Die Werklok 2 hatte die Ehre, beim Abtransport in Richtung der Autobahnauffahrt Eschweiler-West noch einmal entlang des Bf. Eschweiler-Aue und vorbei am Walzwerk in Röhe und seinem Gleisanschluss nahe der Dreibogenbrücke kutschiert zu werden.

 

Allerdings konzentrieren die EFG ihre Kraft aktuell vorrangig auf die Inbetriebnahme ihres Schienenbusses. Die Lok wurde deshalb von den engagierten EFG-Mitgliedern Marius Huke, Daniel Weber, Steven Wiltsher und Christoph Golke „privat“ übernommen und wird auch speziell von ihnen betreut werden. Lok 2 wird nach ihrer Ankunft in Raeren erst einmal winterfest abgestellt. In Raeren soll dann zu gegebener Zeit untersucht werden, welche eventuellen Schäden das Hochwasser 2021 sowie die Abstellung an der Lok angerichtet haben und wie der technische Zustand der Lok ist. Im Anschluss wird dann über die weitere Zukunft der Lok beraten. Denkbar ist beispielsweise, die Lok später einmal zu Führerstandsmitfahrten auf Bahnhofsfesten auf den Gleisen des Bf. Raeren zu nutzen.

 

Traurige Nachrichten


Am 10. November 2022 ist unser Hobbykollege Arno Mörkens unerwartet verstorben.

Ich habe Arno durch den „Frühschoppen für Eisenbahnfreunde“ kennengelernt. Arno gehörte dort sehr früh zum Kreis der aktiven Unterstützer und hat sich gerne mit eigenen Beiträgen beteiligt, die stets auf großes Interesse stießen.

Arno Mörkens ist in Merken aufgewachsen und hat sich schon in seiner Kindheit für die Eisenbahn begeistert. Hier ist er um 1967 mit seiner LEGO-Eisenbahn zu sehen. Schon 1973 war er stolzer Besitzer einer Märklin-Eisenbahn. Der Spurweite H0 ist er treu geblieben. In den letzten Jahren fand er zusätzlich Gefallen an größeren Spurweiten.

Arno war seiner Heimat sehr verbunden und hat im Laufe der Zeit eine profunde Sammlung zur regionalen Eisenbahngeschichte aufgebaut, die weit über das Dürener Land hinausreicht. Neben der Eisenbahn konnte Arno sich auch für Landwirtschaftstechnik begeistern. Das obere Fotomotiv vom Bf. Merzenhausen an der Jülicher Kreisbahn, das er  im Juli 1998 aufgenommen hat, hat ihn bestimmt sehr angesprochen. Auch bei dem im April 2009 an der Bördebahn bei Jakobwüllesheim entstandenen Foto hat er einen für ihn typischen Fotostandort gewählt.

Als der Verein „Dampfbahn Rur-Wurm-Inde“ (DRWI) in der Region aktiv war, engagierte Arno Mörkens sich dort auch beim Betrieb des  „Rurtalexpress“. Im Juli 1999 fotografierte er dabei die von der DRWI zeitweise eingesetzte 52 8148. Neben der „großen“ Eisenbahn hatte Arno zudem ein Faible für Werks- und Feldbahnen.

In seiner Freizeit widmete sich Arno Mörkens gerne dem Modellbau. Eine seiner letzten Kreationen ist der authentische Nachbau des Schrankenpostens 7, der bis Anfang der 1990er Jahre an der Bördebahn bei Vettweiß zu finden war.

Arno war ein angenehmer und sympathischer Mensch. Ich werde ihn vermissen.
Mein Mitgefühl gilt seiner Frau, die in guten und schlechten Zeit stets an seiner Seite stand und ihn bis zuletzt begleitet hat.

 

Arno wurde am 17. Dezember 2022  im Friedwald Merode an der Buche mit der Bezeichnung „MER 1006“ beigesetzt. Der Friedwald kann günstig von einem Parkplatz an der Landstraße zwischen Düren-Gürzenich und Schevenhütte (in der Nähe des ehemaligen Bahnübergangs der Anschlussbahn zum einstigen Bundeswehrdepot, rd. 300 m in Richtung Schevenhütte) aus erreicht werden.

 

Urlaubsgrüße aus Sachsen

Der Freistaat Sachsen gehört zu den wenigen deutschen Ländern, in denen die Eisenbahn als Kulturgut wahrgenommen und die Pflege des historischen Eisenbahnerbes von staatlicher Seite mit Geld und „good-will“ gefördert wird. Mit dem Projekt „Dampfbahnroute“ unterstützt der Freistaat Sachsen die vielfältigen eisenbahnbezogenen  Aktivitäten. Für Eisenbahnfreunde hat Sachsen deshalb auch im Jahr 2022 viel zu bieten – Grund genug, dort kürzlich einen Urlaub zu verbringen und den Dampf-Hunger zu stillen….

Im Zittauer Gebirge lockt die Schmalspurbahn von Zittau nach Oybin und Jonsdorf die Eisenbahnfreunde. Am 04. September 2022 traf der Chronist beim Bf. Bertsdorf auf die von Zittau her ankommende 99 1760, die an diesem Tag als ersten Zug des Tages den sog. „Reichsbahnzug“ bespannte.

Die Attraktion des Bf. Bertsdorf sind die täglich mehrmals zu erlebenden Doppelausfahrten. Am Morgen des 04. September 2022 waren dabei 99 1760 mit einem Zug nach Jonsdorf (links) und 99 1749 mit einem Zug nach Oybin (rechts) die Akteure dieses Schauspiels.

Die kurvenreiche Strecke nach Jonsdorf steigt schon bei der Ausfädelung aus dem Bf. Bertsdorf stark an. 99 1760 legte deshalb am Morgen des 04. September 2022 eine sehens- und hörenswerte Ausfahrt hin.

Die Einfahrgleise in den Bf. Bertsdorf sind mit Formsignalen gesichert. Hier donnert 99 1749 am 04. September 2022 mit einem Zug nach Oybin an einem der Einfahrsignale vorbei.

Auf dem Bf. Oybin gibt es ein sehenswertes Wasserhaus, das zu einem Ferienhaus umgebaut wurde. Nach der Ankunft der Züge kann man dort regelmäßig die Schmalspurloks beim Rangieren erleben. Hier war es 99 1749, die dem Fotografen am 04. September 2022 begegnete.

Auf dem Bf. Oybin gibt es die Möglichkeit, die Schmalspurdampfloks vor einer der markanten Felsformationen des Zittauer Gebirges aufzunehmen. Hier war es wiederum 99 1749, die am 04. September 2022 zu einem Foto beitrug.

Auf dem Bf. Bertsdorf kann man nicht nur das regelmäßige Wassernehmen der Loks verfolgen. Mit etwas Glück kann man dort auch Wartungsarbeiten wie das Löscheziehen beobachten. Am Abend des 04. September 2022 war das Lokpersonal der 99 1760 mit solchen Arbeiten beschäftigt.

Im vogtländischen Schönheide wird ein kurzes Teilstück der „WCd-Linie“ erhalten. Diese in mehreren Abschnitten errichtete Schmalspurbahn von Wilkau-Haslau nach Carlsfeld war die älteste, längste und steilste sächsische Schmalspurstrecke. Das heute vom Bf. Schönheide-Mitte bis Stützengrün (bzw. Neulehn) befahrene  Reststück vermittelt den besonderen Charakter dieser Linie immer noch sehr gut. Zugleich verkehrt hier mit 99 516 die älteste betriebsfähige IV K-Lok, die mit ihrem Baujahr 1892  zugleich die älteste aktive sächsische Schmalspurlok ist. Anläßlich des „Bürstenfestes“ war sie auch am Wochenende 10./11. September 2022 im Einsatz. Am Morgen des 11. September 2022 begegnete die 99 516 dem Chronisten mit einem Personenzug aus Stützengrün bei der Einfahrt in den Bf. Schönheide (oben und unten).

Bei der Ortslage Neuheide bietet ein kleiner Birkenwald entlang der Strecke ansprechende Fotomotive. Zusätzlich bereichert einer der im Vogtland und im  Erzgebirge „verehrten“ Vogelbeerbäume das Bild. Als 99 516 dort am 11. September 2022 in Szene gesetzt wurde, hatte der Heizer gerade noch ein paar Kohlen aufgelegt, um die hier beginnende starke Steigung hinauf zum Bf. Schönheide-Mitte zu bewältigen.

Typisch für die „WCd-Linie“ waren u.a. die weiten Panoramablicke in die Landschaft. Ein solches Motiv findet sich bspw. nahe der Bürstenfabrik in Stützengrün. Wieder war es 99 516, die dort am 11. September 2022 mit einem Zug nach Schönheide aufgenommen wurde.

Wie es einmal war – Vergleiche mit erlebtem Bahnbetrieb – Teil 2

Blickt man heute auf die Eisenbahnwelt der 1970er und 1980er Jahre, dann wird sehr deutlich, wie groß die Veränderungen zum heutigen Schienenverkehr sind. Manches, was seinerzeit noch selbstverständlich war und wenige Jahre später leichtfertig dem neoliberalen Zeitgeist der Bahnreform geopfert wurde, wird heute wieder als klimafreundliche Alternative herbeigewünscht. Wer die Eisenbahn von heute betrachtet, dem mögen die nachfolgenden Eindrücke vermitteln, was zur Zeit der Deutschen Bundesbahn einmal möglich war und wie viel von der Infrastruktur und den betrieblichen Möglichkeiten weggenommen wurde….

Im zweiten Teil dieser Serie geht es wieder um den Güterverkehr der Region Aachen.

Der Eschweiler Hauptbahnhof zeigt sich heute als moderner Verknüpfungspunkt von Individualverkehr und öffentlichen Schienenpersonennahverkehr. Drei Bahnsteiggleise bieten Möglichkeiten, die Züge von zwei Regionalbahnlinien und einzelne S-Bahn-Fahrten zu erreichen. Alle freien Flächen rings um das privatisierte ehemalige Empfangsgebäude werden als Parkflächen für Autos genutzt. Abstellanlagen für Fahrräder und Bushaltestellen ergänzen den Bahnhof. Der Eschweiler Hauptbahnhof ist damit heute typisch für viele Bahnhöfe der Region Aachen.

Einfahrt eines Eilzuges auf Gleis 1 des Eschweiler Hauptbahnhofs, aufgenommen am späten Nachmittag des 28. September 1983. Für die oft aus mehreren „Silberlingen“ gebildeten Züge war die Bespannung mit Loks der Baureihe 110 alltäglich. Im Empfangsgebäude gab es eine Fahrkartenausgabe und einen Schalter für Expressgut und Reisegepäck. Einer der dort beschäftigten Eisenbahner ist mit dem Elektrokarren auf dem Bahnsteig bis zu der Stelle gefahren, an der erfahrungsgemäß der im Zug mitgeführte Gepäckwagen zum Halten kommt. Innerhalb der kurzen Haltezeit wird gleich in Windeseile Expressgut und Reisegepäck sowohl vom Zug übernommen als auch dem Zug mitgegeben.  Links vom Bahnsteig erstreckt sich die Güterabfertigung Eschweiler Hbf, bei der an diesem Tag fünf Stückgutwaggons an der Laderampe be- und entladen wurden und später zum Versand gebracht werden.

Die Güterabfertigung Eschweiler Hbf befand sich neben dem Empfangsgebäude. Sie hatte ein kleines Bürogebäude und eine Güterhalle (oben und unten). Unmittelbar angebaut gab es eine Kopf- und Seitenrampe. Im Umfeld der Güterabfertigung gab es zusätzlich zwei Freiladegleise für den Wagenladungsverkehr.  Heute wird das gesamte Areal als Parkfläche genutzt.

Am Nachmittag des 28. September 1983 wurde 290 196 von Stolberg Hbf aus nach Eschweiler Hbf geschickt, um den dortigen örtlichen Güterverkehr abzuwickeln. Auf der Südseite des Eschweiler Hauptbahnhofs sorgte der Privatgleisanschluss der Firma Neuman für Wagenaufkommen. An diesem Tag galt es, dort drei Waggons mit Maschinenteilen abzuholen (oben und unten).

Während der Rangierarbeiten für den örtlichen Güterverkehr musste auf den Personenverkehr Rücksicht genommen werden. Zur Bedienung des Gleisanschlusses der Firma Neuman gab es mehrere Abstellgleise, die Flexibilität beim Rangieren ermöglichten. Für die Bedienung der Güterabfertigung und der Freiladegleise mussten allerdings die Gleise 1 und 2 zeitweise belegt werden (oben und unten).

Am 28. September 1983 holte 290 196 die fünf Stückgutwaggons von der Güterabfertigung Eschweiler Hbf ab (oben). Der an der Kopf- und Seitenrampe stehende Güterwaggons blieb dort zurück. An diesem Tag bestand  der Übergabezug von Eschweiler Hbf nach Stolberg Hbf aus acht Waggons (unten).

Auf der Eschweiler Talbahn gab es in den 80er Jahren ebenfalls Übergabefahrten für den örtlichen Güterverkehr der dortigen Bahnhöfe. Am 25. März 1985 konnte 290 166 bei der Bedienung des Eschweiler Talbahnhofs beobachtet werden (oben und unten). An diesem Tag wurde dort u.a. ein Waggon abgeholt, den die Bundeswehr mit einem Kettenfahrzeug beladen hatte (unten).

Nach der Bedienung des Eschweiler Talbahnhofs setzte die 290 166 ihre Übergabefahrt in Richtung Eschweiler-Aue und Stolberg Hbf fort. Das von der Talstraße aus aufgenommene Foto zeigt die Fuhre zwischen den Bahnübergängen Franzstraße und Langwahn.

Auch der Bf. Weisweiler hatte ein erhebliches Güterverkehrsaufkommen. Auf der Westseite zweigte eine Anschlussbahn ab, mit der 1986 noch das Elektrowerk Weisweiler versorgt wurde. Das Elektrowerk erhielt seinerzeit u.a. Ganzzüge mit Erz. Am 14. Februar 1986 wurde dort 290 330 beim Rangieren von Erzwaggons beobachtet.

Am 10. Mai 1982 gab es auf dem Stolberger Hauptbahnhof die E-Lok 140 201 mit einem bunt gemischten Güterzug zu sehen. Man beachte das aufgeräumte Erscheinungsbild der Gleisanlagen, das durch die an Quertragwerken aufgehängten und mehrere Gleise gleichzeitig überspannenden Fahrleitungen bewirkt wird. Heute wird der freie Blick durch eine Vielzahl von Fahrleitungsmasten verstellt, die „wild“ entlang der einzelnen Gleise errichtet wurden.

In Oberbruch bei Heinsberg konnte man in den 80er Jahren auf den von den ENKA-Glanzstoffwerken errichteten Werkbahnanlagen eine Dampfspeicherlok erleben. Bei dieser Lokbauart wurde zum Antrieb Dampf verwendet, der im Produktionsprozess des Werks ohnehin angefallen war und in der Lok weiterverwendet wurde. Zum Betrieb dieser robusten und langlebigen Rangierloks wurde weder Kohle noch Diesel verbraucht. Die am 05. Mai 1983 aufgenommenen Fotos zeigen die Werklok 1 beim Rangieren auf den Werksbahngleisen in Oberbruch (oben und unten).

Auch wenn die Dampfspeicherlok ihren Dampf nicht selbst erzeugte, sondern von außen  zugeführt bekam, so konnte sie dennoch zischende Dampfwolken produzieren….

 

(wird fortgesetzt)

 

Wie es einmal war – Vergleiche mit erlebtem Bahnbetrieb – Teil 1

„Früher war alles besser…“ – ein geflügeltes Wort, das gerade von älteren Menschen immer wieder einmal zu hören ist. Ob es stimmt, bleibt der individuellen Wahrnehmung eines jeden Menschen überlassen. Wandelt man das Zitat aber ab in „früher war alles anders“, dann trifft es zumindest auf die Wahrnehmung der Eisenbahn in der Region Aachen durchaus zu. Die Eisenbahn der 1970er und 1980er Jahre hatte zwar bereits große Veränderungen hinter sich. Die Einführung des elektrischen Fahrbetriebs auf den Hauptstrecken, das Ende des Dampflokeinsatzes, der stetige Kampf gegen die Konkurrenz des Straßenverkehrs und der daraus entstandene Rationalisierungsdruck führten schon damals zu „Angebotseinschränkungen“, der Aufgabe von Rangierbahnhöfen und Betriebswerken und Streckenstilllegungen. Dennoch war das Eisenbahnwesen weiterhin geprägt von örtlichem Personal, das den Bahnbetrieb routiniert abwickelte und ansprechbar war. Die Eisenbahn war dem Gemeinwohl verpflichtet. Selbst auf Nebenstrecken gab es vielerorts ein angemessenes Angebot für den Personen- und Güterverkehr. Fast alle Bahnhöfe der Region boten den Kunden mit Ladestraßen und Verladerampen umfangreiche Möglichkeiten für den Wagenladungsverkehr. In der Region gab es eine Vielzahl von großen Industriebetrieben, die für ein großes Wagenaufkommen sorgten und häufig auch eigene Werksbahnen betrieben, um den Empfang und Versand der Wagenladungen zu bewältigen. Auf vielen Bahnhöfen gab es das Angebot des Expressgutverkehrs und die Möglichkeit, Reisegepäck aufzugeben oder abzuholen. Zusätzlich sorgten mehrere Güterabfertigungen für den Stückgutverkehr.

Blickt man heute auf die Eisenbahnwelt der 1970er und 1980er Jahre, dann wird sehr deutlich, wie groß die Veränderungen zum heutigen Schienenverkehr sind. Und manches, was seinerzeit noch selbstverständlich war und wenige Jahre später leichtfertig dem neoliberalen Zeitgeist der Bahnreform geopfert wurde, wird heute wieder als klimafreundliche Alternative herbeigewünscht. Wer die Eisenbahn von heute betrachtet, dem mögen die nachfolgenden Eindrücke vermitteln, was zur Zeit der Deutschen Bundesbahn einmal möglich war und wie viel von der Infrastruktur und den betrieblichen Möglichkeiten weggenommen wurde….

Im ersten Teil dieser Serie fällt der Blick auf den Güterverkehr der Region Aachen.

Bahnwerbung aus dem Jahre 1977 (!) – auch wenn dieses Motto seit rund 50 Jahren zu den gängigen Phrasen der Politiker und Verkehrsminister gehört, so wurde entgegen der Sonntagsreden und Lippenbekenntnisse genauso lang genau das Gegenteil gemacht. Vom „betriebswirtschaftlich optimalen Netz“ (BON) bis zum „marktorientierten Angebot Cargo“ (MORA C) wurde den Bahnkunden der Zugang zum Güterverkehr stetig erschwert. Der Rückzug aus der Fläche, die Schließung von Güterabfertigungen und ortsnahen Güterbahnhöfen, der Rückbau von Verlademöglichkeiten und Privatgleisanschlüssen ließen den Anteil der Bahn am gesamten Güterverkehrsmarkt erheblich absinken. Wo kann man in einer Großstadt wie Aachen heute noch Wagenladungsverkehr abwickeln?

Als dieses Foto der 215 122 im August 1993 entstand, konnte man auf dem Bf. Aachen-West noch viele Attribute des einstigen Güterverkehrs sehen. Neben der Güterabfertigung und den Ladestraßen betrieb die Deutsche Bundesbahn dort auch einmal einen Containerbahnhof.

Die Region Aachen war noch bis in die 1960er Jahre stark industriell geprägt. Danach setzte eine krisenhafte Entwicklung ein, die zum Rückgang der Textilindustrie, des Bergbaus und anderer Grundstoffindustrien führte. Gute Bahnkunden wie Brikettfabriken, Bergwerke und Kokereien, Kalkwerke, Steinbrüche, Eisen- und Zinkhütten, Stahlwerke und Walzwerke sowie Maschinenfabriken und metallverarbeitende Betriebe brachen als Bahnkunden weg. Wer heute durch die Region Aachen fährt, benötigt schon gutes Erinnerungsvermögen oder viel Phantasie, um sich die verschwundene Arbeitswelt auszumalen (oben und unten).

Viele Industriebetriebe waren über eigene Gleisanschlüsse mit dem Schienennetz verbunden und betrieben teils umfangreiche Werkbahnen, auf denen sie eigene Werksloks einsetzten. Typische Beispiele waren etwa die EBV-Hüttenbetriebe in Eschweiler Aue (oben, Foto vom 30. April 1980 mit der Werklok 3) oder die Vereinigten Glaswerke (St. Gobain) in Stolberg (unten, Foto vom 16. August 1979 mit der Werklok 1).

Zu den größten Bahnkunden der Region mit den umfangreichsten Gleisanlagen gehörten die Bergwerke im Wurmrevier. Alsdorf war mit dem Verbundbergwerk Anna und der Kokerei jahrzehntelang der „Spitzenreiter“ unter den Bahnkunden mit eigenem Werkbahn- (bzw. Grubenbahn-)betrieb. Dort konnte man am 06. Mai 1980 auf dem Gemeinschaftsbahnhofs Alsdorf beispielsweise die Grubenbahnloks  Anna 2 (links) und Anna 4 (rechts) beobachten.

Zum alltäglichen Betriebsablauf gehörten in Alsdorf mehrmals täglich auch eindrucksvolle Rangierfahrten der Grubenbahnloks über den Personenbahnhof hinaus bis nahe an das Einfahrsignal. Am 22. März 1978 entstand bei einem solchen Einsatz das Foto der EBV-Grubenbahnlok 3 mit einer scheinbar endlosen Wagenschlange (oben und unten).

Der Bahnhof Alsdorf verzeichnete noch Mitte der 1970er Jahre  einen Versand von täglich rd. 440 Waggons. Gleichzeitig mussten auch die Leerwagen über die eingleisige Strecke von Stolberg nach Herzogenrath bereitgestellt werden. Und bis 1975 waren zusätzlich auch die Gruben „Adolf“ in Merkstein und „Carl-Alexander“ in Baesweiler über diese eingleisige Strecke an das Bundesbahnnetz angeschlossen. Auf dem Bf. Alsdorf war rund um die Uhr Bahnbetrieb. Am 05. Oktober 1979 entstand dort das Foto der 290 195, die einen der vielen Kohlenzüge zusammenstellte (oben). Nahe beim Stolberger Hauptbahnhof wurde am 07. Mai 1982 beim Bahnübergang Trockenbuschweg die 215 113 mit einem Leerwagenzug nach Alsdorf fotografiert.

Hoch im Norden des Aachener Bergbaureviers sorgte die Grube „Sophia Jacoba“ zusammen mit ihrer Brikettfabrik für regen Güterverkehr. Am 20. August 1987 entstand bei Hückelhoven das Foto von 140 123, die auf der eingleisigen Strecke einen Kohlenzug nach Baal schleppte.

In Ratheim gab es einen weitläufigen Übergabebahnhof für die Grube „Sophia Jacoba“. Im Gegensatz zu den Gruben rund um Alsdorf war die eingleisige Anschlussstrecke von Baal bis Ratheim elektrifiziert. Hier waren meist E-Loks der BR 140 im Kohlenverkehr anzutreffen. Am 20. August 1987 erwischte der Fotograf auf dem Bf. Ratheim die Loks 140 494 und 140 123 (oben und unten).

Am 22. August 1987 ergab sich auf der ansteigenden Strecke bei Siersdorf die Gelegenheit, 215 111 mit einem Kohlenzug von der EBV-Grube „Emil Mayrisch“ in Richtung Mariagrube, Alsdorf und Herzogenrath zu erleben.

Der Bf. Aachen-Rothe Erde war bis weit in die 1990er Jahre ein wichtiger Güterbahnhof. Hier zweigten die Strecke über Haaren zum Bf. Aachen-Nord, das Anschlussgleis zum Güterbahnhof Moltkestraße und der letzte Streckenrest der Vennbahn ab. Über diese Schienenwege wurden sowohl das Philippswerk, die rund um den Nordbahnhof ansässigen Industriebetriebe und ein großer Aachener Baustoffhändler als auch weitere Kunden wie ein großer Kartoffelhandel, ein Lebensmittelversorgungslager der belgischen Streitkräfte oder eine entfernt liegende Bundeswehrkaserne bedient. Selbstverständlich gab es am Bf. Aachen-Rothe Erde auch eine Güterabfertigung und Freiladegleise. Das Foto vom 26. Oktober 1988 zeigt die 215 129, die mit einem Übergabezug vom Bf. Aachen-Nord eingetroffen war und am rechten Bildrand eine der beiden Rangierloks des Bf. Aachen-Rothe Erde.

Am Stolberger Hauptbahnhof begann eine Umleitungsstrecke für Züge mit Lademaßüberschreitung, die nicht durch den Aachener Buschtunnel oder den Gemmenicher Tunnel fahren konnten. „Lademaßüberschreiter“ (LÜ-Züge) mussten den Weg von Stolberg Hbf über Walheim und Raeren nach Welkenraedt und Montzen nehmen. Auf dieser Relation konnten Eisenbahnfreunde mit ein wenig Glück außergewöhnliche Züge sichten. Am 17. September 1982 war 215 016 mit einem Militärtransport für die belgischen Streitkräfte im Einsatz (oben), am 16. Mai 1985 gab es auf dem Bf. Raeren einen Schwertransport zu sehen, der auf seine Weiterbeförderung wartete (unten).

Auf der Eschweiler Talbahn sorgten der Bf. Frenz, der Bf. Weisweiler, der Talbahnhof und der Bf. Eschweiler-Aue für reges Güterverkehrsaufkommen, das werktäglich mit mehreren Übergabefahrten abgewickelt werden musste. Am 29. Dezember 1979 legte 290 377 mit einem Spezialzug, mit dem Uranhexafluorid nach Weisweiler transportiert wurde, einen Kreuzungshalt auf dem Bf. Eschweiler-Aue ein (oben). Mit einer täglich verkehrenden Übergabefahrt von Weisweiler über Eschweiler-Aue nach Stolberg Hbf wurde 290 306 am Nachmittag des 24. April 1985 bei anstrengender Fahrt auf der Steigung am westlichen Einfahrsignal des Bf. Eschweiler-Aue im Bild festgehalten (unten).

(wird fortgesetzt)