Eisenbahn in Stolberg und Eschweiler vor 50 Jahren

Der Blick auf die Eisenbahn kann sehr unterschiedlich sein und sich im Laufe der Zeit verändern.  Was erschien Eisenbahnfreunden vor 50 Jahren in Stolberg interessant?
1974 gab es in der kleinen Kupferstadt ein sehr abwechslungsreiches Bild der Eisenbahn. Die Hauptstrecke Köln – Aachen war seit 1966 elektrifiziert und von einem für die damalige Zeit sehr modernen  Betrieb geprägt. Der Stolberger Hauptbahnhof und auch der Bahnhof Stolberg-Hammer waren mit ihrer Infrastruktur nicht wirklich modern, aber durchaus auf der Höhe der Zeit. Kennzeichnend für Stolberg war allerdings, dass das hiesige Bahnbetriebswerk Stolberg im Gegensatz zu benachbarten Dienststellen wie dem Bw Aachen-West oder dem Bw Düren immer noch Dampflokomotiven einsetzte. Auf den von Stolberg ausgehenden Nebenstrecken wurde der Güterzugverkehr weitgehend mit Dampfloks der Baureihe 50 (bzw. Baureihen 050 bis 053) aus dem Bw Stolberg abgewickelt. Dort, wo auf Nebenstrecken noch Personenverkehr angeboten wurden, kamen Schienenbusse der Baureihe 795 und Akkutriebwagen der Baureihe 515 des Bahnbetriebswerks Düren zum Einsatz.

Da der Bahnbetrieb in Stolberg sehr stark vom Güterverkehr geprägt war, gehörten Dampfloks auf den Nebenstrecken rund um Stolberg und auf dem Stolberger Hauptbahnhof noch zum alltäglichen Bild der Eisenbahn. Auch 1974 bot der Dampflokbetrieb in Stolberg noch viele faszinierende Betriebssituationen, die begeistern konnten. Zugleich gab es in Stolberg viele freundliche und aufgeschlossene Eisenbahner, die sich freuten, wenn jugendliche Eisenbahnfreunde sich für ihre Tätigkeiten und den Bahnbetrieb interessierten. Sie waren stolz, Eisenbahner zu sein und gewährten der interessierten Jugend gerne Einblick in den Bahnbetrieb, erklärten die systematischen Zusammenhänge im weitläufigen Bahnwesen und unterstützten das Interesse für die Eisenbahn. Auch die Deutsche Bundesbahn betrieb eine aktive Jugendarbeit, gab Zeitschriften für junge Menschen wie bspw. „DB mit Pfiff“ heraus und zeigte sich offen für viele Anliegen.

In diesem Umfeld begann ich mit 13 -bis 14 Jahren, in die Stolberger Bahnwelt einzutauchen. Wie bei vielen anderen Gleichgesinnten war die Dampflok, die seit jeher ein Symbol für die Eisenbahn war, natürlich der Magnet. Die Erlebnisvielfalt des Dampflokbetriebs, aber auch das Wissen um sein nahendes Ende, das Bewusstsein, hier Zeuge vom Ende einer technischen Epoche zu sein, animierten dann bald, diese Eisenbahnzeit zumindest noch fotografisch zu dokumentieren. So entstand eine Anzahl von Fotos, die den Bahnbetrieb in Stolberg aus der Sicht eines 13 bis 14-jährigen Schülers zeigen und die mit den damaligen Möglichkeiten aufgenommen wurden….

Der Bahnhof Stolberg-Hammer hatte 1974 für die Stolberger Industrie eine große Bedeutung. Mehrmals am Tag gab es Übergabefahrten zwischen Stolberg Hbf und Stolberg-Hammer, um das Waggonaufkommen zu bewältigen. Am 02. September 1974  war dort u.a. die 051 565 mit einem Güterzug eingetroffen und anschließend mit Rangierarbeiten beschäftigt. (oben und unten).

Vom Bf. Stolberg-Hammer aus wurden mehrere Privatgleisanschlüsse bedient, so u.a. zu den Firmen Prym und Mäurer&Wirtz (Dalli-Werk). Die Bedienung übernahmen – wie hier zu sehen – die Stolberger Dampfloks (oben und unten).

Bei einer Rangierpause konnte die 051 565 auf dem Bf. Stolberg-Hammer vor der Kulisse der Stolberger Burg und der Altstadtkirchen aufgenommen werden.

Schnappschuss während einer Autofahrt von Stolberg nach Vicht Dreieck: Auf dem hohen Damm zwischen dem Bf. Stolberg-Hammer und dem Viadukt über das Rüstbachtal dampft gerade eine Stolberger Dampflok mit einem Übergabezug in Richtung Breinig und Walheim.

Im Mai 1974 ermöglichte ein freundlicher Eisenbahner es, vom Stellwerk „Sm“ des Stolberger Hauptbahnhofs aus die Einfahrt der 050 622 mit einem aus Raeren kommenden Militärzug am Bahnübergang Probsteistraße zu fotografieren. Rechts vom Zug lag 1974 das Gleis der Strecke zum Güterbahnhof Münsterbusch.

Südöstlich des Empfangsgebäudes von Stolberg Hbf gab es 1974 noch die Bahnsteige, an denen Personenzüge nach Walheim und Jülich anhielten. Dort, wo sich heute das Gleis 26 befindet, wartete im Juni 1974 die Stolberger Dampflok 051 565 auf die Ausfahrt in Richtung Eschweiler und Düren.

1974 waren für den Rangierdienst auf dem Stolberger Hauptbahnhof montags bis freitags regelmäßig drei Dieselloks der BR V 60 im Einsatz. Neben dem Dienst am Ablaufberg gehörten auch Übergabefahrten zwischen den einzelnen Rangierbezirken zu ihren Aufgaben. Zwischen den Rangierbezirken IV und V gab es mit der sogenannten „Verbindungsbahn“ eine Direktverbindung, die auf einer Blechträgerbrücke die Strecken nach Walheim und Münsterbusch sowie die Rhenaniastraße und die Probsteistraße querte. Unterhalb der Brücke lag zudem noch der Gleisanschluss der Fabrik für feuerfeste Produkte.

Das Bahnbetriebswerk Stolberg verfügte über eine Bestand von 20 bis 25 Dampfloks der Baureihen 050 bis 053, die insbesondere montags bis freitags mit dem örtlichen Güterverkehr, Schubleistungen auf den Steilrampen in Aachen und Sonderverkehren wie bspw. Güterzügen mit Lademaßüberschreitung, Militärzügen oder Bauzügen gut ausgelastet waren. Kernstück des Betriebswerks waren die Drehscheibe mit dem Ringlokschuppen und die gegenüberliegende Lokleitung (oben und unten).

Der Ringlokschuppen war nach Kriegszerstörungen in zwei Segmente und sechs dazwischenliegende „Freistände“ geteilt. Das östliche Segment (oben) verfügte über ein Dach mit einzelnen Rauchabzügen, während der westliche Schuppenteil eine durchgehende Dachentlüftung hatte.

Beschriftung am Führerhaus der Stolberger Dampflok 051 530-4. Die Stolberger Dampfloks fielen nicht durch einen vorbildlichen Pflegezustand auf . Sie wurden zwar im erforderlichen Umfang instandgehalten, aber sie waren Arbeitsmittel am Ende ihrer Nutzungszeit, in die man nicht mehr viel investieren wollte. Bei größeren Schäden folgte häufig die Ausmusterung und der Ersatz durch eine andere Lok der Baureihe 50, die andernorts entbehrlich war.

Das Bahnbetriebswerk verfügte zu keiner Zeit über eine Großbekohlungsanlage. Seit Anfang der 1970er Jahre hatte man die Bekohlung durch den Einsatz von umgebauten Eisenbahnkränen mit großen Greiferschaufeln spürbar rationalisiert. Als das Betriebswerk Aachen-West 1971 seinen Dampflokeinsatz beendete, übernahm man den dortigen leistungsfähigen Kran, der mit wenigen Schaufelladungen die Kohlenvorräte einer Lok der BR 50 auffüllen konnte (oben). Der Vorgänger des Aachener Bekohlungskrans war 1974 noch abgestellt im Bw Stolberg vorhanden (unten). Vor dem Kran steht ein Waggon für die Gewichte des in Stolberg beheimateten Eichgerätezuges.

051 302 beim Rangieren auf den Gleisen im Westen des Bahnbetriebswerks Stolberg. Hinter der Lok ist noch die alte Bekohlungsanlage mit dem dazugehörigen Bekohlungskran zu erkennen. 1974 wurde diese Anlage nur noch als Notbekohlungsmöglichkeit bereitgehalten.

Die Loks, die vom Bw Stolberg aus zu ihren Einsätzen fuhren, konnten einerseits über das spezielle Lokumfahrgleis, das hier rechts vom Stellwerk „Sl“ verläuft, in den Ostteil des Stolberger Hauptbahnhofs gelangen und von dort insbesondere in die Bahnhofsbezirke II bis IV fahren. Loks, die zum Bezirk V oder in Richtung des Aachener Steinkohlereviers rund um Alsdorf mussten, wurde links vom Stellwerk „Sl“ vorbeigeleitet, wo sie zunächst das Gleis zum dortigen Ablaufberg kreuzten und dann in die Verbindungsbahn einfädeln konnten. Das Foto zeigt den Blick aus der auf dem Ablaufberg eingesetzten 260 588, die hier an einem trüben Tag im März 1974 die aus dem Bw Stolberg ausrückende 050 622 zur Fahrt über die Verbindungsbahn vorbeilassen musste.

Dieses Foto  zeigt, wie 050 788 im April 1974 vom Bw Stolberg ausfährt und rechts am Stellwerk „Sl“ vorbei zum Lokumfahrgleis dampft.

Im Westen des Stolberger Hauptbahnhofs endete die Verbindungsbahn im Bahnhofsbezirk V vor dem Stellwerk „Sif“. Im April 1974 wurde dort die 052 692 fotografiert, als sie zusammen mit einer Diesellok der BR 215 als Leerfahrt zu einer der Gruben des Aachener Bergbaureviers ausfährt.

Die Güterzugstrecke von Stolberg Hbf nach Münsterbusch wurde 1974 zwar montags bis freitags nur noch einmal bedient. Wegen der Steigung waren diese Zugfahrten aber stets eindrucksvoll. Am 10. Januar 1974 war die Kabinentenderlok 052 928 ausnahmsweise einmal tendervoraus zum Bf. Münsterbusch unterwegs (oben). Üblicherweise fuhren die Dampfloks mit dem Schornstein voraus bergan, so wie es da Foto unten aus dem Sommer 1974 mit der 050 788 zeigt. Beide Fotos entstanden nahe des Bahnübergangs Spinnereistraße von der Siegwartstraße aus.

Zwischen der Spitzkehre am Bf. Münsterbusch und der Heinrichstraße entstanden am 30. August 1974 zwei Fotos der 052 549, die in der hier seinerzeit typischen Haldenlandschaft mit einem Übergabezug nach Stolberg Hbf talwärts rollt (oben und unten).

Am Bahnübergang Münsterbachstraße standen 1974 zwei Einfahrsignale für die Strecken aus Walheim bzw. Stolberg-Hammer und aus Münsterbusch. Am 19. Juni 1974 musste die vom Bf. Münsterbusch hergekommene 051 302 hier einen längeren Halt einlegen. Wegen einer Signalstörung und fehlendem Ersatzsignal musste die Zustimmung zur Vorbeifahrt am Halt zeigenden Formsignal am Streckenfernsprecher eingeholt und ein entsprechender Fahrbefehl ausgefüllt werden.

Nicht weit weg vom Stolberger Hauptbahnhof bot sich auch rund um den Bf. Eschweiler-Aue interessanter Eisenbahnbetrieb.  An einem Septembernachmittag wurde dort 1974 nahe der Kreuzung mit der Strecke Köln – Aachen die Einfahrt eines aus Richtung Jülich oder Weisweiler kommenden Güterzuges aufgenommen (oben). Die Zuglok 051 565 konnte wenig später an der gleichen Stelle zusätzlich noch bei einer Rangierfahrt zur Aufnahme weiterer Waggons aufgenommen werden (unten).

Später wurde 051 565 mit dem verlängerten Güterzug in Höhe des Bahnhofsgebäude des Bf. Eschweiler-Aue vor der markanten Dreiergruppe von Ausfahrsignalen aufgenommen (oben und unten).

Am 21. Oktober 1974 verlief der Versuch, in Eschweiler-Aue eine Dampflok auf dem Indeviadukt aufzunehmen, erfolgreich. Hier war es 052 549, die von einer Übergabefahrt zum Eschweiler Hauptbahnhof nach Stolberg Hbf zurückkehrte.

Auf der Rückfahrt von Eschweiler-Aue nach Stolberg konnte man am Abend des 21. Oktober 1974 im Bereich Eschweiler-Pumpe / Kohlenfeld über dem Stolberger Hauptbahnhof „Rauchzeichen“ von dort fahrenden Dampfloks beobachten.

 

Ende

 

Abbruch des ehemaligen Stellwerks „Saf“ in der Nacht vom 25. zum 26. April 2018

Das ehemalige Stellwerk „Saf“ des Bf. Stolberg-Altstadt wurde in der Nacht vom 25. zum 26. April 2018 vollständig abgerissen. Die EVS hatte hierzu in der Nacht zwischen 23:10 Uhr und 4:40 Uhr die Talbahnstrecke in diesem Bereich gesperrt. Die beauftragte Baufirma „Balter“ aus Losheim/Eifel hatte die Baustelle gegen 23 Uhr soweit vorbereitet, dass mit den Abbrucharbeiten begonnen werden konnte. Schon während des Abbruchs wurden die Abbruchmaterialien nach Schadstoffen und Deponieklassen getrennt und großenteils in Containern abtransportiert. Die Mauerwerksreste sollen später recycelt werden.  Bauleiter Ulrich Hoffmann und sein Team führten den Abbruch routiniert und zügig durch, so dass schon gegen 2:45 Uhr die oberirdischen Aufbauten des Stellwerks dem Erdboden gleichgemacht waren. Die nachfolgende Fotoserie zeigt die Abrissarbeiten und dürfte ohne weitere Erläuterungen den Verlauf des Stellwerksabbruchs gut dokumentieren.













Ein kleines Detail am Rande: Bauleiter Ulrich Hoffmann fand in einer Mauerwerksnische ein relativ gut erhaltenes Zeitungsblatt vom 10. Oktober 1909:

Einen besonderen Dank spreche ich an dieser Stelle dem Abbruchteam der Firma „Balter“ und den Mitarbeitern der anderen beteiligten Firmen aus, dass sie die Fotodokumentation freundlich und offen unterstützt haben. Ein weiterer Dank gilt natürlich auch dem Hinweisgeber, der dafür sorgte, dass der Chronist rechtzeitig zur Stelle war.

Abbruch des Stellwerks „Saf“ hat begonnen

Wie aus gewöhnlich gut unterrichteter Quelle zu erfahren war, soll der Abbruch des Stellwerks in der Nacht vom 25. zum 26. April 2018 stattfinden. Wer es miterleben will, sollte sich zwischen 23 Uhr und 4 Uhr Zeit nehmen…

Wer in den letzten Tagen mit aufmerksamen Augen den Bahnübergang Aachener Straße überquert hat, dem werden Veränderungen am ehemaligen Stellwerk „Saf“ aufgefallen sein. Rund um das Stellwerk wurden Bauzäune aufgebaut und an der Fassade im Obergeschoss sind bereits Teile der Eternitplattenverkleidung entfernt worden. Untrügliche Zeichen dafür, dass der Abbruch des Stellwerks nun wohl unmittelbar bevorsteht!

Mit dem Stellwerk „Saf“ wird eines der letzten historischen Eisenbahngebäude beseitigt, dass der Eisenbahnknotenpunkt Stolberg noch aufzuweisen hat. Und das Stellwerk „Saf“ zeigt noch einen relativ authentischen Zustand. Andere Eisenbahnbauten aus der Frühzeit der Eisenbahn, die man in Stolberg noch antreffen kann, wurden erheblich verändert. So ist das Bahnhofsgebäude in Breinig durch die private Nutzung  weitgehend entstellt. Und auch das Gebäude des Stolberger Hauptbahnhofs wurde letztlich von einem Bahnhofsgebäude zu einem Verwaltungsgebäude mit integrierter Leitstelle umfunktioniert. Auch wenn es auf den ersten Blick äußerlich eine historische Hülle behalten hat, so fallen beim Vergleich mit Fotos aus der „Vor-EVS-Zeit“ doch deutliche Änderungen auf, die als Kompromiss für eine zeitgemäße Nachnutzung wohl hingenommen werden mussten, aber den Wert des Denkmals doch mindern, weil es eben kein Bahnhofsgebäude mit den zeittypischen Attributen mehr ist…

Bei manchen Eisenbahnbauten kann man verstehen, dass sie aus betrieblichen Gründen zeitgemäßen Bedürfnissen weichen müssen. So liegt es beispielsweise beim Viadukt über das Rüstbachtal, der in seiner heutigen Gestalt nicht mehr zukunftsfähig ist. Aber muss man das Stellwerk „Saf“ wirklich aus zwingenden Gründen beseitigen? Eine Störung des Bahnbetriebes verursacht es nicht. Gibt es für dieses historische Gebäude keine alternative Folgenutzung? Ist eine profane Veränderung der Straßensituation nahe des Bahnübergangs wirklich wichtiger als der Erhalt des Denkmals, einem der letzten Zeugnisse einer großen Stolberger Eisenbahnvergangenheit?  In der jüngeren Zeit hat man vergeblich nach „Altstadt-Toren“ gesucht. Hier wäre eines, dass für Generationen von Stolbergern zum Stadtbild gehört hat und das mit seiner Beschriftung und etwas Umfeldgestaltung für diesen Zweck nutzbar gewesen wäre. Aber Stolberg hat leider kein Empfinden für seine Eisenbahntradition. Wo nur die Burg und die Kupferhöfe im Kopf sind, ist für Eisenbahngeschichte kein Raum. Stolberg hat auch seine Innenstadtbahnhöfe Stolberg-Mühle  (1974) und Stolberg-Hammer (1979) bedenkenlos dem Zeitgeist geopfert, selbst als man schon über die Altstadtsanierung nachdachte. Wer zum Vergleich den Eschweiler Talbahnhof betrachtet, der wird vielleicht bemerken, was man in Stolberg einfach weggeworfen hat. Weiter so….? – die Würfel sind gefallen.


Wer das Stellwerk „Saf“ noch einmal ablichten und es zumindest in der persönlichen Sammlung bildlich bewahren möchte, der sollte bald tätig werden…

Die ersten Wunden sind dem historischen Stellwerk bereits zugefügt worden.

10. Juni 2016 – offizielle Eröffnung des letzten Bauabschnittes der Strecke Stolberg – Alsdorf – Herzogenrath

2016_06_10_Stolberg_Zuglaufschild_EroeffnungsSz_StJoeris_Stolberg_x1_F
Am 10. Juni 2016 wurde der „Ringschluss“ auf der traditionsreichen Strecke von Herzogenrath über Alsdorf bis nach Stolberg Hbf vollzogen. Nach langdauernden Bau- und Sanierungsarbeiten konnte das letzte Teilstück von Eschweiler-St. Jöris über Merzbrück nach Stolberg in Betrieb genommen werden. Damit kann ab dem 12. Juni 2016 wieder auf der gesamten Strecke von Stolberg Hbf über Alsdorf nach Herzogenrath, die volkstümlich mittlerweile „Ringbahn“ genannt wird, der Schienenpersonenverkehr aufgenommen werden. Nachdem die Deutsche Bundesbahn auf der 1870 eröffneten Strecke am 28. Dezember 1984 den Reisezugverkehr eingestellt hatte, bekommt diese eingleisige Nebenstrecke nun ein zweites Leben geschenkt und kann sich wieder zu einem wichtigen Verkehrsträger im Nordteil der Städteregion Aachen entwickeln.

2016_06_10_bei_Stolberg_Lehmsiefen_643720_EroeffnungsSz_StJoeris_Stolberg_x1_F 643 220/720 hatte die Ehre, dieses sieben Kilometer lange Stück als Eröffnungssonderzug zu befahren. Mit der Zielanzeige „RB 20 Stolberg Hbf“ passierte er hier das Trogbauwerk im Bereich Lehmsiefen, bevor er wenig später auf dem Stolberger Hauptbahnhof eintrifft.

2016_06_10_Stolberg_Hbf_Gl44_643720_EroeffnungsSz_StJoeris_Stolberg_bei_Ankunft_x2_FNach der Ankunft trafen sich auf dem Bahnsteig an dem speziell für die Züge in Richtung Alsdorf und Herzogenrath angelegten Gleis 44 langjährige und aktuelle Wegbegleiter aus Politik und Verbänden, aus Ministerien und Wirtschaft sowie einige Berufseisenbahner und eine Gruppe von Eisenbahnfreunden aus der Region. Auf dem Bahnhofsvorplatz, vor der Betriebszentrale der EVS im Stolberger Hauptbahnhof, war eigens für diesen Anlass ein Festzeit aufgebaut worden. Auch der Bahnsteig war für die Ankunft des Eröffnungszuges geschmückt worden (oben und unten).
2016_06_10_Stolberg_Hbf_Gl44_643720_EroeffnungsSz_StJoeris_Stolberg_mit_Festzelt_x3_F
2016_06_10_Stolberg_Hbf_Gl44_EroeffnungsSz_StJoeris_Stolberg_im_Festzelt_BM_Gruettemeier_x5_FDr. Tim Grüttemeier, Stolbergs Bürgermeister, beleuchtete die Schritte zum Ausbau der Euregiobahn und erinnerte an den erzwungenen Wechsel von Komplettfinanzierung auf Salami-Taktik. Er blickte aber auch in die Zukunft und den bevorstehenden Bau eines Parkhauses sowie die Aufwertung des Hauptbahnhof-Umfeldes.

2016_06_10_Stolberg_Hbf_Gl44_EroeffnungsSz_StJoeris_Stolberg_im_Festzelt_MinDir_Paulsberg_x6_FKarin Paulsmeyer, Ministerialdirigentin im NRW-Verkehrsministerium, zeigte sich beeindruckt von der Erfolgsgeschichte der „Euregiobahn“ und der von der EVS geschaffenen Infrastruktur.
In der späteren Podiumsdiskussion erklärte sie, die Elektrifizierung der Euregiobahn sei im neuen ÖPNV-Bedarfsplan „indisponibel vorgesehen“. Allerdings stehe das Projekt unter einem Finanzierungsvorbehalt. Im Hinblick auf angestrebte Änderungen der Finanzverteilung für die Länder sei nun die Bundesregierung am Zuge. NRW erhofft sich davon mehr Zuschüsse, die dann auch der Euregiobahn zu Gute kommen sollen.

2016_06_10_Stolberg_Hbf_Gl44_EroeffnungsSz_StJoeris_Stolberg_im_Festzelt_Talkrunde_x7_FEVS-Geschäftsführer Thomas Fürpeil berichtete, die EVS habe seit Beginn 110 Millionen Euro in den Ausbau der Eisenbahn-Infrastruktur investiert, 80 Millionen davon stammen von der öffentlichen Hand.

Christian Hartrampf, bei der EVS als Geschäftsführer für die technische Seite zuständig, schilderte, dass allein für den „Betontrog“ im Bereich Lehmsiefen 4500 Kubikmeter Beton und 500 Tonnen Stahl verbaut werden mussten.

2016_06_10_Stolberg_Hbf_Gl44_EroeffnungsSz_StJoeris_Stolberg_Pressefoto_x8_FDas offizielle Pressefoto mit den Menschen, die jüngst zum erfolgreichen Abschluss des letzten Bauabschnittes im Besonderen und zur Erfolgsgeschichte der Euregiobahn „im Allgemeinen“ beigetragen haben.

2016_06_10_Stolberg_Hbf_Gl44_643720_EroeffnungsSz_StJoeris_Stolberg_x4_FWährend im Festzelt gefeiert wurde, sonnte sich der „Eröffnungs-Triebwagen“ 643 220/720 auf Gleis 44 am geschmückten Bahnsteig (oben und unten). Mittlerweile hatten Eisenbahner die Zielanzeige in „Sonderfahrt“ umgeändert.
2016_06_10_Stolberg_Hbf_Eroeffnungszug_BA9_643720_x11_F
2016_06_10_Stolberg_Hbf_643720_u_643212_x10_FNatürlich lief der Alltagsbetrieb auf dem Stolberger Hauptbahnhof weiter. So konnte bspw. die Begegnung des „Sonderfahrt-Talents“ 643 220 (links) mit dem nach Düren ausfahrenden 643 212 (rechts) fotografiert werden.

Beim Ausklang der Festveranstaltung hatte man für die Abreise der Gäste drei Fahrten von Stolberg Hbf über Eschweiler-St. Jöris nach Herzogenrath vorgesehen. So verließ 643 220 den Stolberger Hauptbahnhof als erster dieser Zusatzzüge (mit dem Ziel Aachen Hbf) und wurde durch das Gespann aus 643 209 und 643 216 ersetzt, das von Gleis 44 aus das zweite Angebot für die Rückfahrt bildete.

2016_06_10_Stolberg_Hbf_Gl43_u_44_643709_u_643_li_u_643_re_x15_FVor der Abfahrt ergab sich eine Begegnung von 643 209 und 643 216 mit 261 025, die den Anschluss der Firma Kerschgens bedient hatte.

2016_06_10_Mitfahrt_in_643716_Stolberg_Hbf_Gl44_Ausfahrt_Hp1_x18_FAuch für Eisenbahnfreunde ergab sich die Gelegenheit, bei dieser wenig ausgelasteten Fahrt die neue Strecke erstmalig zu befahren. Beim Blick über die Schulter der Lokführers hinweg ergab sich die Möglichkeit, auch einmal die Sicht der Lokführer im Bild festzuhalten. Hier zunächst „freie Fahrt“ für den neuen Streckenabschnitt…

2016_06_10_Mitfahrt_in_643716_bei_Stolberg_Lehmsiefen_x19_F… die trockene Durchfahrung des Feuchtgebietes am Lehmsiefen und die aufwendige Unterquerung der Strecke Köln – Aachen …

2016_06_10_Mitfahrt_in_643716_ehem_Abzw_Quinx_x19_F… an der ehemaligen Abzweigung Quinx. Die Grünfläche links vom Gleis ist die Trasse der Strecke nach Würselen und Kohlscheid …

2016_06_10_Mitfahrt_in_643716_Merzbrueck_x20_F… die Passage am Flugplatz Merzbrück mit dem Bahnübergang der Bundesstraße 264. Eine elektrische Fahrleitung würde hier den Flugbetrieb beeinträchtigen, die Silos und Lagergebäude der Landwarenhandelsfirma offenbar jedoch nicht …

2016_06_10_Mitfahrt_in_643709_bei_Stolberg_Lehmsiefen_x21_F… und in der Gegenrichtung nochmals das Trogbauwerk an der Unterquerung der Strecke Köln – Aachen …

2016_06_10_Mitfahrt_in_643709_Einfahrt_Stolberg_Hbf_Gl44_x22_F.. schließlich noch die Einfahrt in den Stolberger Hauptbahnhof zum Bahnsteiggleis 44.

Es hat Freude gemacht, die offizielle Inbetriebnahme des Streckenabschnittes von Eschweiler-St. Jöris nach Stolberg Hbf mitzuerleben. Eine Strecke, die für die Eisenbahn in Stolberg die Anbindung an die Städte im Nordteil der Städteregion deutlich verbessert, ist in zeitgemäßer Form wiederbelebt worden.
Der Euregioverkehrsschienennetz GmbH (EVS) gebührt Anerkennung für das geschaffene Werk und Dank für die gelungene Festveranstaltung. Möge die neue Verbindung viele Bahnkunden zum Mitfahren anregen und lebhafte Nachfrage finden!

Auch wenn es „Jammern auf hohem Niveau“ ist, sei aus Sicht des geschichtsbewussten Eisenbahnfreundes und langjährigen Eisenbahnfotografen ein kleiner Kritikpunkt angemerkt: Da erst die offizielle Inbetriebnahme des 9. Bauabschnittes auch die Nutzung der Gesamtstrecke ermöglicht und sie gleichzeitig auch erhebliche Auswirkungen auf den Gesamtbetrieb und das Fahrplangefüge der Euregiobahn hat, hätte dem offiziellen Eröffnungssonderzug ein Hinweisschild auf die Bedeutung dieses Ereignisses und ein wenig Schmuck gut zu Gesicht gestanden. Der „Lückenschluss“ auf der Ringbahnstrecke hat gewiss eine andere Bedeutung und Außenwirkung als etwa die Inbetriebnahme des Abschnittes von Alsdorf-Poststraße nach Eschweiler-St. Jöris. Bei späterer Betrachtung der Bilder von diesem denkwürdigen Tag sieht man eigentlich nur einen x-beliebigen Euregiobahn-Triebwagen.
Nachdem man schon die prächtigen Zuglaufschilder aus Blech aufgelegt hatte, wäre es doch sicher ein Leichtes gewesen, eine „Folienversion“ davon auch am Sonderzug anzubringen...