Der Eisenbahn-Amateur-Klub Jülich (EAKJ) lädt anlässlich der in diesem Jahr anstehenden Jubiläen – 150 Jahre Eisenbahnen im Jülicher Land – 111 Jahre Jülicher Kreisbahn und – 30 Jahre Rurtalbahn zu einem Eisenbahnfest am 23. und 24.09.23 ein.
In seinem Vortrag blickt Roland Keller auf die Geschichte der Vennbahn zurück und richtet den Blick ganz besonders auf die Region zwischen Aachen und Roetgen und den Streckenabschnitt bei Hahn. Er untermalt seine Ausführungen sehr anschaulich durch eine Vielzahl Fotos.
Am 01. Juli 2023 wurde das 10-jährige Bestehen des Vennbahnradwegs gefeiert. Zwischen Hahn und Raeren gibt es aber entlang des Vennbahnradwegs auch heute noch einige Kilometer Gleise, die zu dem am 30. Juni 1885 eröffneten ersten Bauabschnitt der Vennbahn zählen.
Schon um 1835 wurde bei den Planungen für die Strecke Köln – Lüttich – Antwerpen eine Trassenführung des „eisernen Rheins“ ins Auge gefasst, die dem Tal der Inde folgen sollte und damit auch Hahn und Friesenrath berührt hätte. Doch letztlich sollte es bis 1885 dauern, bis die Eisenbahn endlich auch Hahn erreichte.
Die Vennbahn erlebte eine wechselvolle Geschichte mit vielen Höhen und Tiefen, die gerade zwischen Aachen, Stolberg und Roetgen bis heute sichtbare Spuren hinterlassen hat. Freuen Sie sich auf einen interessanten Rückblick.
Über eine rege Teilnahme würden wir uns sehr freuen. Nicht nur die Mitglieder des Bürger- und Geschichtsvereins, sondern auch Gäste und Interessierte sind recht herzlich eingeladen.
Der Eintritt ist frei.
Veranstalter: Bürger- und Geschichtsverein Hahn und Friesenrath e.V. Zeit: Do, 17. August 2023, 20:00 Uhr Ort: Schützenhaus Friesenrath, Friesenrather Weg 35
Zum 01. Juli 1885 eröffnete die preußische Staatsbahn den ersten Bauabschnitt der Vennbahn von Aachen nach Monschau. Am Anfang reichten drei Zugpaare aus.
Wie hat man um 1885 Eisenbahnbrücken gebaut?
Ein Artikel aus dem „politischen Tageblatt“ vom 21. August 1888 – schon damals erkannte man in den Vennbahn-Zweigstrecken von Stolberg nach Walheim und von Raeren nach Eupen eine Möglichkeit zur Entlastung des Güterverkehrs über Aachen und seine beiden Steilrampen….
Die Station Schmithof entstand erst 1926 – nach der Abtretung der Vennbahn südlich von Raeren an Belgien.
Auf der Vennbahn ereigneten sich immer wieder tragische Unfälle…..
Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es auf der Vennbahn keinen grenzüberschreitenden Personenverkehr mehr. Auf der Vennbahn durften nur noch Sonderzüge fahren. Am 09. April 1964 wurde in der örtlichen Presse über eine solche Sonderfahrt von Aachen nach Roetgen berichtet.
Ende der 1950er Jahre erlebten die bei der Deutschen Bundesbahn verbliebenen Streckenäste der Vennbahn ein unterschiedliches Schicksal. Die Strecke von Aachen-Rothe Erde über Kornelimünster nach Walheim erfuhr einen unaufhaltsamen Niedergang mit schrittweisen Stilllegungen im Personen- und Güterverkehr. Am 05. Juli 1982 wurden die Gleise im Bf. Kornelimünster abgebaut.
„Hier könnte ein Haltepunkt sein – Bürger wehrt Euch“ – vergeblicher Bürgerprotest auf dem Vennbahngleis bei Niederforstbach, aufgenommen am 19. Juli 1982. Ist eine Reaktivierung der Vennbahntrasse von Aachen-Rothe Erde über Eilendorf, Brand und Kornelimünster nach Walheim heute noch denkbar…?
Am 20. Juli 1982 war der Abbauzug auf dem Streckenabschnitt zwischen Kornelimünster und Brand unterwegs. 290 306 war wohl die letzte Lok, die den Rollefbachviadukt befahren hat. Schon 1985 wurde hier das erste Teilstück des Vennbahnradweges eröffnet.
Die Route über die nördlichen Vennbahnstrecken von Stolberg über Walheim – Raeren – Eupen und Welkenraedt wurden bis 1991 für den Verkehr mit „Lademaßüberschreitern“ genutzt. Am 21. Mai 1982 waren solche Frachten auf dem Bf. Walheim noch alltäglich.
Die Vennbahn behielt bis Ende der 1990er Jahre für die NATO strategische Bedeutung. Militärtransporte waren dort häufig zu sehen. Am 26. September 1985 wurde ein Panzertransport bei Schmithof aufgenommen, wo die Vennbahnstrecke die „Höckerlinie“ des Westwalls durchquert.
Am 17. Juni 1985 wurde der 100. Geburtstag der Vennbahn mit Sonderfahrten gefeiert. Vom Bf. Lammersdorf aus startete der mit den SNCB-Dieselloks 5520 und 5504 bespannte Sonderzug des Eifelvereins Simmerath.
1990 begann die touristische Nutzung der Vennbahn, die ihr bis 2001 eine letzte Blütezeit bescherte. Von Raeren aus bot der belgische Verein „Vennbahn V.o.E.“ mit seiner Dampflok 50 3666 und mehreren Dieselloks Vennbahnfahrten von Eupen über Raeren nach Monschau, Büttgenbach, Malmedy und Trois Ponts an. Ergänzend dazu setzte der in Stolberg ansässige deutsche Vennbahnverein zwischen Stolberg und Monschau seinen „Panorama-Schienenbus“ ein, der hier am 17. Juli 1994 bei der Ortschaft Hahn aufgenommen wurde. Im Jahre 2013 wurde das Tourismusprojekt „Vennbahnradweg“ offiziell eröffnet.
Am 10. November 2022 ist unser Hobbykollege Arno Mörkens unerwartet verstorben.
Ich habe Arno durch den „Frühschoppen für Eisenbahnfreunde“ kennengelernt. Arno gehörte dort sehr früh zum Kreis der aktiven Unterstützer und hat sich gerne mit eigenen Beiträgen beteiligt, die stets auf großes Interesse stießen. Arno Mörkens ist in Merken aufgewachsen und hat sich schon in seiner Kindheit für die Eisenbahn begeistert. Hier ist er um 1967 mit seiner LEGO-Eisenbahn zu sehen. Schon 1973 war er stolzer Besitzer einer Märklin-Eisenbahn. Der Spurweite H0 ist er treu geblieben. In den letzten Jahren fand er zusätzlich Gefallen an größeren Spurweiten. Arno war seiner Heimat sehr verbunden und hat im Laufe der Zeit eine profunde Sammlung zur regionalen Eisenbahngeschichte aufgebaut, die weit über das Dürener Land hinausreicht. Neben der Eisenbahn konnte Arno sich auch für Landwirtschaftstechnik begeistern. Das obere Fotomotiv vom Bf. Merzenhausen an der Jülicher Kreisbahn, das er im Juli 1998 aufgenommen hat, hat ihn bestimmt sehr angesprochen. Auch bei dem im April 2009 an der Bördebahn bei Jakobwüllesheim entstandenen Foto hat er einen für ihn typischen Fotostandort gewählt. Als der Verein „Dampfbahn Rur-Wurm-Inde“ (DRWI) in der Region aktiv war, engagierte Arno Mörkens sich dort auch beim Betrieb des „Rurtalexpress“. Im Juli 1999 fotografierte er dabei die von der DRWI zeitweise eingesetzte 52 8148. Neben der „großen“ Eisenbahn hatte Arno zudem ein Faible für Werks- und Feldbahnen. In seiner Freizeit widmete sich Arno Mörkens gerne dem Modellbau. Eine seiner letzten Kreationen ist der authentische Nachbau des Schrankenpostens 7, der bis Anfang der 1990er Jahre an der Bördebahn bei Vettweiß zu finden war.
Arno war ein angenehmer und sympathischer Mensch. Ich werde ihn vermissen. Mein Mitgefühl gilt seiner Frau, die in guten und schlechten Zeit stets an seiner Seite stand und ihn bis zuletzt begleitet hat.
Arno wurde am 17. Dezember 2022 im Friedwald Merode an der Buche mit der Bezeichnung „MER 1006“ beigesetzt. Der Friedwald kann günstig von einem Parkplatz an der Landstraße zwischen Düren-Gürzenich und Schevenhütte (in der Nähe des ehemaligen Bahnübergangs der Anschlussbahn zum einstigen Bundeswehrdepot, rd. 300 m in Richtung Schevenhütte) aus erreicht werden.
Blickt man heute auf die Eisenbahnwelt der 1970er und 1980er Jahre, dann wird sehr deutlich, wie groß die Veränderungen zum heutigen Schienenverkehr sind. Manches, was seinerzeit noch selbstverständlich war und wenige Jahre später leichtfertig dem neoliberalen Zeitgeist der Bahnreform geopfert wurde, wird heute wieder als klimafreundliche Alternative herbeigewünscht. Wer die Eisenbahn von heute betrachtet, dem mögen die nachfolgenden Eindrücke vermitteln, was zur Zeit der Deutschen Bundesbahn einmal möglich war und wie viel von der Infrastruktur und den betrieblichen Möglichkeiten weggenommen wurde….
Im zweiten Teil dieser Serie geht es wieder um den Güterverkehr der Region Aachen.
Der Eschweiler Hauptbahnhof zeigt sich heute als moderner Verknüpfungspunkt von Individualverkehr und öffentlichen Schienenpersonennahverkehr. Drei Bahnsteiggleise bieten Möglichkeiten, die Züge von zwei Regionalbahnlinien und einzelne S-Bahn-Fahrten zu erreichen. Alle freien Flächen rings um das privatisierte ehemalige Empfangsgebäude werden als Parkflächen für Autos genutzt. Abstellanlagen für Fahrräder und Bushaltestellen ergänzen den Bahnhof. Der Eschweiler Hauptbahnhof ist damit heute typisch für viele Bahnhöfe der Region Aachen.
Einfahrt eines Eilzuges auf Gleis 1 des Eschweiler Hauptbahnhofs, aufgenommen am späten Nachmittag des 28. September 1983. Für die oft aus mehreren „Silberlingen“ gebildeten Züge war die Bespannung mit Loks der Baureihe 110 alltäglich. Im Empfangsgebäude gab es eine Fahrkartenausgabe und einen Schalter für Expressgut und Reisegepäck. Einer der dort beschäftigten Eisenbahner ist mit dem Elektrokarren auf dem Bahnsteig bis zu der Stelle gefahren, an der erfahrungsgemäß der im Zug mitgeführte Gepäckwagen zum Halten kommt. Innerhalb der kurzen Haltezeit wird gleich in Windeseile Expressgut und Reisegepäck sowohl vom Zug übernommen als auch dem Zug mitgegeben. Links vom Bahnsteig erstreckt sich die Güterabfertigung Eschweiler Hbf, bei der an diesem Tag fünf Stückgutwaggons an der Laderampe be- und entladen wurden und später zum Versand gebracht werden.
Die Güterabfertigung Eschweiler Hbf befand sich neben dem Empfangsgebäude. Sie hatte ein kleines Bürogebäude und eine Güterhalle (oben und unten). Unmittelbar angebaut gab es eine Kopf- und Seitenrampe. Im Umfeld der Güterabfertigung gab es zusätzlich zwei Freiladegleise für den Wagenladungsverkehr. Heute wird das gesamte Areal als Parkfläche genutzt. Am Nachmittag des 28. September 1983 wurde 290 196 von Stolberg Hbf aus nach Eschweiler Hbf geschickt, um den dortigen örtlichen Güterverkehr abzuwickeln. Auf der Südseite des Eschweiler Hauptbahnhofs sorgte der Privatgleisanschluss der Firma Neuman für Wagenaufkommen. An diesem Tag galt es, dort drei Waggons mit Maschinenteilen abzuholen (oben und unten). Während der Rangierarbeiten für den örtlichen Güterverkehr musste auf den Personenverkehr Rücksicht genommen werden. Zur Bedienung des Gleisanschlusses der Firma Neuman gab es mehrere Abstellgleise, die Flexibilität beim Rangieren ermöglichten. Für die Bedienung der Güterabfertigung und der Freiladegleise mussten allerdings die Gleise 1 und 2 zeitweise belegt werden (oben und unten). Am 28. September 1983 holte 290 196 die fünf Stückgutwaggons von der Güterabfertigung Eschweiler Hbf ab (oben). Der an der Kopf- und Seitenrampe stehende Güterwaggons blieb dort zurück. An diesem Tag bestand der Übergabezug von Eschweiler Hbf nach Stolberg Hbf aus acht Waggons (unten). Auf der Eschweiler Talbahn gab es in den 80er Jahren ebenfalls Übergabefahrten für den örtlichen Güterverkehr der dortigen Bahnhöfe. Am 25. März 1985 konnte 290 166 bei der Bedienung des Eschweiler Talbahnhofs beobachtet werden (oben und unten). An diesem Tag wurde dort u.a. ein Waggon abgeholt, den die Bundeswehr mit einem Kettenfahrzeug beladen hatte (unten). Nach der Bedienung des Eschweiler Talbahnhofs setzte die 290 166 ihre Übergabefahrt in Richtung Eschweiler-Aue und Stolberg Hbf fort. Das von der Talstraße aus aufgenommene Foto zeigt die Fuhre zwischen den Bahnübergängen Franzstraße und Langwahn.
Auch der Bf. Weisweiler hatte ein erhebliches Güterverkehrsaufkommen. Auf der Westseite zweigte eine Anschlussbahn ab, mit der 1986 noch das Elektrowerk Weisweiler versorgt wurde. Das Elektrowerk erhielt seinerzeit u.a. Ganzzüge mit Erz. Am 14. Februar 1986 wurde dort 290 330 beim Rangieren von Erzwaggons beobachtet.
Am 10. Mai 1982 gab es auf dem Stolberger Hauptbahnhof die E-Lok 140 201 mit einem bunt gemischten Güterzug zu sehen. Man beachte das aufgeräumte Erscheinungsbild der Gleisanlagen, das durch die an Quertragwerken aufgehängten und mehrere Gleise gleichzeitig überspannenden Fahrleitungen bewirkt wird. Heute wird der freie Blick durch eine Vielzahl von Fahrleitungsmasten verstellt, die „wild“ entlang der einzelnen Gleise errichtet wurden.
In Oberbruch bei Heinsberg konnte man in den 80er Jahren auf den von den ENKA-Glanzstoffwerken errichteten Werkbahnanlagen eine Dampfspeicherlok erleben. Bei dieser Lokbauart wurde zum Antrieb Dampf verwendet, der im Produktionsprozess des Werks ohnehin angefallen war und in der Lok weiterverwendet wurde. Zum Betrieb dieser robusten und langlebigen Rangierloks wurde weder Kohle noch Diesel verbraucht. Die am 05. Mai 1983 aufgenommenen Fotos zeigen die Werklok 1 beim Rangieren auf den Werksbahngleisen in Oberbruch (oben und unten). Auch wenn die Dampfspeicherlok ihren Dampf nicht selbst erzeugte, sondern von außen zugeführt bekam, so konnte sie dennoch zischende Dampfwolken produzieren….
„Früher war alles besser…“ – ein geflügeltes Wort, das gerade von älteren Menschen immer wieder einmal zu hören ist. Ob es stimmt, bleibt der individuellen Wahrnehmung eines jeden Menschen überlassen. Wandelt man das Zitat aber ab in „früher war alles anders“, dann trifft es zumindest auf die Wahrnehmung der Eisenbahn in der Region Aachen durchaus zu. Die Eisenbahn der 1970er und 1980er Jahre hatte zwar bereits große Veränderungen hinter sich. Die Einführung des elektrischen Fahrbetriebs auf den Hauptstrecken, das Ende des Dampflokeinsatzes, der stetige Kampf gegen die Konkurrenz des Straßenverkehrs und der daraus entstandene Rationalisierungsdruck führten schon damals zu „Angebotseinschränkungen“, der Aufgabe von Rangierbahnhöfen und Betriebswerken und Streckenstilllegungen. Dennoch war das Eisenbahnwesen weiterhin geprägt von örtlichem Personal, das den Bahnbetrieb routiniert abwickelte und ansprechbar war. Die Eisenbahn war dem Gemeinwohl verpflichtet. Selbst auf Nebenstrecken gab es vielerorts ein angemessenes Angebot für den Personen- und Güterverkehr. Fast alle Bahnhöfe der Region boten den Kunden mit Ladestraßen und Verladerampen umfangreiche Möglichkeiten für den Wagenladungsverkehr. In der Region gab es eine Vielzahl von großen Industriebetrieben, die für ein großes Wagenaufkommen sorgten und häufig auch eigene Werksbahnen betrieben, um den Empfang und Versand der Wagenladungen zu bewältigen. Auf vielen Bahnhöfen gab es das Angebot des Expressgutverkehrs und die Möglichkeit, Reisegepäck aufzugeben oder abzuholen. Zusätzlich sorgten mehrere Güterabfertigungen für den Stückgutverkehr.
Blickt man heute auf die Eisenbahnwelt der 1970er und 1980er Jahre, dann wird sehr deutlich, wie groß die Veränderungen zum heutigen Schienenverkehr sind. Und manches, was seinerzeit noch selbstverständlich war und wenige Jahre später leichtfertig dem neoliberalen Zeitgeist der Bahnreform geopfert wurde, wird heute wieder als klimafreundliche Alternative herbeigewünscht. Wer die Eisenbahn von heute betrachtet, dem mögen die nachfolgenden Eindrücke vermitteln, was zur Zeit der Deutschen Bundesbahn einmal möglich war und wie viel von der Infrastruktur und den betrieblichen Möglichkeiten weggenommen wurde….
Im ersten Teil dieser Serie fällt der Blick auf den Güterverkehr der Region Aachen.
Bahnwerbung aus dem Jahre 1977 (!) – auch wenn dieses Motto seit rund 50 Jahren zu den gängigen Phrasen der Politiker und Verkehrsminister gehört, so wurde entgegen der Sonntagsreden und Lippenbekenntnisse genauso lang genau das Gegenteil gemacht. Vom „betriebswirtschaftlich optimalen Netz“ (BON) bis zum „marktorientierten Angebot Cargo“ (MORA C) wurde den Bahnkunden der Zugang zum Güterverkehr stetig erschwert. Der Rückzug aus der Fläche, die Schließung von Güterabfertigungen und ortsnahen Güterbahnhöfen, der Rückbau von Verlademöglichkeiten und Privatgleisanschlüssen ließen den Anteil der Bahn am gesamten Güterverkehrsmarkt erheblich absinken. Wo kann man in einer Großstadt wie Aachen heute noch Wagenladungsverkehr abwickeln?
Als dieses Foto der 215 122 im August 1993 entstand, konnte man auf dem Bf. Aachen-West noch viele Attribute des einstigen Güterverkehrs sehen. Neben der Güterabfertigung und den Ladestraßen betrieb die Deutsche Bundesbahn dort auch einmal einen Containerbahnhof.
Die Region Aachen war noch bis in die 1960er Jahre stark industriell geprägt. Danach setzte eine krisenhafte Entwicklung ein, die zum Rückgang der Textilindustrie, des Bergbaus und anderer Grundstoffindustrien führte. Gute Bahnkunden wie Brikettfabriken, Bergwerke und Kokereien, Kalkwerke, Steinbrüche, Eisen- und Zinkhütten, Stahlwerke und Walzwerke sowie Maschinenfabriken und metallverarbeitende Betriebe brachen als Bahnkunden weg. Wer heute durch die Region Aachen fährt, benötigt schon gutes Erinnerungsvermögen oder viel Phantasie, um sich die verschwundene Arbeitswelt auszumalen (oben und unten). Viele Industriebetriebe waren über eigene Gleisanschlüsse mit dem Schienennetz verbunden und betrieben teils umfangreiche Werkbahnen, auf denen sie eigene Werksloks einsetzten. Typische Beispiele waren etwa die EBV-Hüttenbetriebe in Eschweiler Aue (oben, Foto vom 30. April 1980 mit der Werklok 3) oder die Vereinigten Glaswerke (St. Gobain) in Stolberg (unten, Foto vom 16. August 1979 mit der Werklok 1). Zu den größten Bahnkunden der Region mit den umfangreichsten Gleisanlagen gehörten die Bergwerke im Wurmrevier. Alsdorf war mit dem Verbundbergwerk Anna und der Kokerei jahrzehntelang der „Spitzenreiter“ unter den Bahnkunden mit eigenem Werkbahn- (bzw. Grubenbahn-)betrieb. Dort konnte man am 06. Mai 1980 auf dem Gemeinschaftsbahnhofs Alsdorf beispielsweise die Grubenbahnloks Anna 2 (links) und Anna 4 (rechts) beobachten.
Zum alltäglichen Betriebsablauf gehörten in Alsdorf mehrmals täglich auch eindrucksvolle Rangierfahrten der Grubenbahnloks über den Personenbahnhof hinaus bis nahe an das Einfahrsignal. Am 22. März 1978 entstand bei einem solchen Einsatz das Foto der EBV-Grubenbahnlok 3 mit einer scheinbar endlosen Wagenschlange (oben und unten). Der Bahnhof Alsdorf verzeichnete noch Mitte der 1970er Jahre einen Versand von täglich rd. 440 Waggons. Gleichzeitig mussten auch die Leerwagen über die eingleisige Strecke von Stolberg nach Herzogenrath bereitgestellt werden. Und bis 1975 waren zusätzlich auch die Gruben „Adolf“ in Merkstein und „Carl-Alexander“ in Baesweiler über diese eingleisige Strecke an das Bundesbahnnetz angeschlossen. Auf dem Bf. Alsdorf war rund um die Uhr Bahnbetrieb. Am 05. Oktober 1979 entstand dort das Foto der 290 195, die einen der vielen Kohlenzüge zusammenstellte (oben). Nahe beim Stolberger Hauptbahnhof wurde am 07. Mai 1982 beim Bahnübergang Trockenbuschweg die 215 113 mit einem Leerwagenzug nach Alsdorf fotografiert. Hoch im Norden des Aachener Bergbaureviers sorgte die Grube „Sophia Jacoba“ zusammen mit ihrer Brikettfabrik für regen Güterverkehr. Am 20. August 1987 entstand bei Hückelhoven das Foto von 140 123, die auf der eingleisigen Strecke einen Kohlenzug nach Baal schleppte.
In Ratheim gab es einen weitläufigen Übergabebahnhof für die Grube „Sophia Jacoba“. Im Gegensatz zu den Gruben rund um Alsdorf war die eingleisige Anschlussstrecke von Baal bis Ratheim elektrifiziert. Hier waren meist E-Loks der BR 140 im Kohlenverkehr anzutreffen. Am 20. August 1987 erwischte der Fotograf auf dem Bf. Ratheim die Loks 140 494 und 140 123 (oben und unten). Am 22. August 1987 ergab sich auf der ansteigenden Strecke bei Siersdorf die Gelegenheit, 215 111 mit einem Kohlenzug von der EBV-Grube „Emil Mayrisch“ in Richtung Mariagrube, Alsdorf und Herzogenrath zu erleben.
Der Bf. Aachen-Rothe Erde war bis weit in die 1990er Jahre ein wichtiger Güterbahnhof. Hier zweigten die Strecke über Haaren zum Bf. Aachen-Nord, das Anschlussgleis zum Güterbahnhof Moltkestraße und der letzte Streckenrest der Vennbahn ab. Über diese Schienenwege wurden sowohl das Philippswerk, die rund um den Nordbahnhof ansässigen Industriebetriebe und ein großer Aachener Baustoffhändler als auch weitere Kunden wie ein großer Kartoffelhandel, ein Lebensmittelversorgungslager der belgischen Streitkräfte oder eine entfernt liegende Bundeswehrkaserne bedient. Selbstverständlich gab es am Bf. Aachen-Rothe Erde auch eine Güterabfertigung und Freiladegleise. Das Foto vom 26. Oktober 1988 zeigt die 215 129, die mit einem Übergabezug vom Bf. Aachen-Nord eingetroffen war und am rechten Bildrand eine der beiden Rangierloks des Bf. Aachen-Rothe Erde.
Am Stolberger Hauptbahnhof begann eine Umleitungsstrecke für Züge mit Lademaßüberschreitung, die nicht durch den Aachener Buschtunnel oder den Gemmenicher Tunnel fahren konnten. „Lademaßüberschreiter“ (LÜ-Züge) mussten den Weg von Stolberg Hbf über Walheim und Raeren nach Welkenraedt und Montzen nehmen. Auf dieser Relation konnten Eisenbahnfreunde mit ein wenig Glück außergewöhnliche Züge sichten. Am 17. September 1982 war 215 016 mit einem Militärtransport für die belgischen Streitkräfte im Einsatz (oben), am 16. Mai 1985 gab es auf dem Bf. Raeren einen Schwertransport zu sehen, der auf seine Weiterbeförderung wartete (unten). Auf der Eschweiler Talbahn sorgten der Bf. Frenz, der Bf. Weisweiler, der Talbahnhof und der Bf. Eschweiler-Aue für reges Güterverkehrsaufkommen, das werktäglich mit mehreren Übergabefahrten abgewickelt werden musste. Am 29. Dezember 1979 legte 290 377 mit einem Spezialzug, mit dem Uranhexafluorid nach Weisweiler transportiert wurde, einen Kreuzungshalt auf dem Bf. Eschweiler-Aue ein (oben). Mit einer täglich verkehrenden Übergabefahrt von Weisweiler über Eschweiler-Aue nach Stolberg Hbf wurde 290 306 am Nachmittag des 24. April 1985 bei anstrengender Fahrt auf der Steigung am westlichen Einfahrsignal des Bf. Eschweiler-Aue im Bild festgehalten (unten).