Wie es einmal war – Vergleiche mit erlebtem Bahnbetrieb – Teil 2

Blickt man heute auf die Eisenbahnwelt der 1970er und 1980er Jahre, dann wird sehr deutlich, wie groß die Veränderungen zum heutigen Schienenverkehr sind. Manches, was seinerzeit noch selbstverständlich war und wenige Jahre später leichtfertig dem neoliberalen Zeitgeist der Bahnreform geopfert wurde, wird heute wieder als klimafreundliche Alternative herbeigewünscht. Wer die Eisenbahn von heute betrachtet, dem mögen die nachfolgenden Eindrücke vermitteln, was zur Zeit der Deutschen Bundesbahn einmal möglich war und wie viel von der Infrastruktur und den betrieblichen Möglichkeiten weggenommen wurde….

Im zweiten Teil dieser Serie geht es wieder um den Güterverkehr der Region Aachen.

Der Eschweiler Hauptbahnhof zeigt sich heute als moderner Verknüpfungspunkt von Individualverkehr und öffentlichen Schienenpersonennahverkehr. Drei Bahnsteiggleise bieten Möglichkeiten, die Züge von zwei Regionalbahnlinien und einzelne S-Bahn-Fahrten zu erreichen. Alle freien Flächen rings um das privatisierte ehemalige Empfangsgebäude werden als Parkflächen für Autos genutzt. Abstellanlagen für Fahrräder und Bushaltestellen ergänzen den Bahnhof. Der Eschweiler Hauptbahnhof ist damit heute typisch für viele Bahnhöfe der Region Aachen.

Einfahrt eines Eilzuges auf Gleis 1 des Eschweiler Hauptbahnhofs, aufgenommen am späten Nachmittag des 28. September 1983. Für die oft aus mehreren „Silberlingen“ gebildeten Züge war die Bespannung mit Loks der Baureihe 110 alltäglich. Im Empfangsgebäude gab es eine Fahrkartenausgabe und einen Schalter für Expressgut und Reisegepäck. Einer der dort beschäftigten Eisenbahner ist mit dem Elektrokarren auf dem Bahnsteig bis zu der Stelle gefahren, an der erfahrungsgemäß der im Zug mitgeführte Gepäckwagen zum Halten kommt. Innerhalb der kurzen Haltezeit wird gleich in Windeseile Expressgut und Reisegepäck sowohl vom Zug übernommen als auch dem Zug mitgegeben.  Links vom Bahnsteig erstreckt sich die Güterabfertigung Eschweiler Hbf, bei der an diesem Tag fünf Stückgutwaggons an der Laderampe be- und entladen wurden und später zum Versand gebracht werden.

Die Güterabfertigung Eschweiler Hbf befand sich neben dem Empfangsgebäude. Sie hatte ein kleines Bürogebäude und eine Güterhalle (oben und unten). Unmittelbar angebaut gab es eine Kopf- und Seitenrampe. Im Umfeld der Güterabfertigung gab es zusätzlich zwei Freiladegleise für den Wagenladungsverkehr.  Heute wird das gesamte Areal als Parkfläche genutzt.

Am Nachmittag des 28. September 1983 wurde 290 196 von Stolberg Hbf aus nach Eschweiler Hbf geschickt, um den dortigen örtlichen Güterverkehr abzuwickeln. Auf der Südseite des Eschweiler Hauptbahnhofs sorgte der Privatgleisanschluss der Firma Neuman für Wagenaufkommen. An diesem Tag galt es, dort drei Waggons mit Maschinenteilen abzuholen (oben und unten).

Während der Rangierarbeiten für den örtlichen Güterverkehr musste auf den Personenverkehr Rücksicht genommen werden. Zur Bedienung des Gleisanschlusses der Firma Neuman gab es mehrere Abstellgleise, die Flexibilität beim Rangieren ermöglichten. Für die Bedienung der Güterabfertigung und der Freiladegleise mussten allerdings die Gleise 1 und 2 zeitweise belegt werden (oben und unten).

Am 28. September 1983 holte 290 196 die fünf Stückgutwaggons von der Güterabfertigung Eschweiler Hbf ab (oben). Der an der Kopf- und Seitenrampe stehende Güterwaggons blieb dort zurück. An diesem Tag bestand  der Übergabezug von Eschweiler Hbf nach Stolberg Hbf aus acht Waggons (unten).

Auf der Eschweiler Talbahn gab es in den 80er Jahren ebenfalls Übergabefahrten für den örtlichen Güterverkehr der dortigen Bahnhöfe. Am 25. März 1985 konnte 290 166 bei der Bedienung des Eschweiler Talbahnhofs beobachtet werden (oben und unten). An diesem Tag wurde dort u.a. ein Waggon abgeholt, den die Bundeswehr mit einem Kettenfahrzeug beladen hatte (unten).

Nach der Bedienung des Eschweiler Talbahnhofs setzte die 290 166 ihre Übergabefahrt in Richtung Eschweiler-Aue und Stolberg Hbf fort. Das von der Talstraße aus aufgenommene Foto zeigt die Fuhre zwischen den Bahnübergängen Franzstraße und Langwahn.

Auch der Bf. Weisweiler hatte ein erhebliches Güterverkehrsaufkommen. Auf der Westseite zweigte eine Anschlussbahn ab, mit der 1986 noch das Elektrowerk Weisweiler versorgt wurde. Das Elektrowerk erhielt seinerzeit u.a. Ganzzüge mit Erz. Am 14. Februar 1986 wurde dort 290 330 beim Rangieren von Erzwaggons beobachtet.

Am 10. Mai 1982 gab es auf dem Stolberger Hauptbahnhof die E-Lok 140 201 mit einem bunt gemischten Güterzug zu sehen. Man beachte das aufgeräumte Erscheinungsbild der Gleisanlagen, das durch die an Quertragwerken aufgehängten und mehrere Gleise gleichzeitig überspannenden Fahrleitungen bewirkt wird. Heute wird der freie Blick durch eine Vielzahl von Fahrleitungsmasten verstellt, die „wild“ entlang der einzelnen Gleise errichtet wurden.

In Oberbruch bei Heinsberg konnte man in den 80er Jahren auf den von den ENKA-Glanzstoffwerken errichteten Werkbahnanlagen eine Dampfspeicherlok erleben. Bei dieser Lokbauart wurde zum Antrieb Dampf verwendet, der im Produktionsprozess des Werks ohnehin angefallen war und in der Lok weiterverwendet wurde. Zum Betrieb dieser robusten und langlebigen Rangierloks wurde weder Kohle noch Diesel verbraucht. Die am 05. Mai 1983 aufgenommenen Fotos zeigen die Werklok 1 beim Rangieren auf den Werksbahngleisen in Oberbruch (oben und unten).

Auch wenn die Dampfspeicherlok ihren Dampf nicht selbst erzeugte, sondern von außen  zugeführt bekam, so konnte sie dennoch zischende Dampfwolken produzieren….

 

(wird fortgesetzt)

 

Wie es einmal war – Vergleiche mit erlebtem Bahnbetrieb – Teil 1

„Früher war alles besser…“ – ein geflügeltes Wort, das gerade von älteren Menschen immer wieder einmal zu hören ist. Ob es stimmt, bleibt der individuellen Wahrnehmung eines jeden Menschen überlassen. Wandelt man das Zitat aber ab in „früher war alles anders“, dann trifft es zumindest auf die Wahrnehmung der Eisenbahn in der Region Aachen durchaus zu. Die Eisenbahn der 1970er und 1980er Jahre hatte zwar bereits große Veränderungen hinter sich. Die Einführung des elektrischen Fahrbetriebs auf den Hauptstrecken, das Ende des Dampflokeinsatzes, der stetige Kampf gegen die Konkurrenz des Straßenverkehrs und der daraus entstandene Rationalisierungsdruck führten schon damals zu „Angebotseinschränkungen“, der Aufgabe von Rangierbahnhöfen und Betriebswerken und Streckenstilllegungen. Dennoch war das Eisenbahnwesen weiterhin geprägt von örtlichem Personal, das den Bahnbetrieb routiniert abwickelte und ansprechbar war. Die Eisenbahn war dem Gemeinwohl verpflichtet. Selbst auf Nebenstrecken gab es vielerorts ein angemessenes Angebot für den Personen- und Güterverkehr. Fast alle Bahnhöfe der Region boten den Kunden mit Ladestraßen und Verladerampen umfangreiche Möglichkeiten für den Wagenladungsverkehr. In der Region gab es eine Vielzahl von großen Industriebetrieben, die für ein großes Wagenaufkommen sorgten und häufig auch eigene Werksbahnen betrieben, um den Empfang und Versand der Wagenladungen zu bewältigen. Auf vielen Bahnhöfen gab es das Angebot des Expressgutverkehrs und die Möglichkeit, Reisegepäck aufzugeben oder abzuholen. Zusätzlich sorgten mehrere Güterabfertigungen für den Stückgutverkehr.

Blickt man heute auf die Eisenbahnwelt der 1970er und 1980er Jahre, dann wird sehr deutlich, wie groß die Veränderungen zum heutigen Schienenverkehr sind. Und manches, was seinerzeit noch selbstverständlich war und wenige Jahre später leichtfertig dem neoliberalen Zeitgeist der Bahnreform geopfert wurde, wird heute wieder als klimafreundliche Alternative herbeigewünscht. Wer die Eisenbahn von heute betrachtet, dem mögen die nachfolgenden Eindrücke vermitteln, was zur Zeit der Deutschen Bundesbahn einmal möglich war und wie viel von der Infrastruktur und den betrieblichen Möglichkeiten weggenommen wurde….

Im ersten Teil dieser Serie fällt der Blick auf den Güterverkehr der Region Aachen.

Bahnwerbung aus dem Jahre 1977 (!) – auch wenn dieses Motto seit rund 50 Jahren zu den gängigen Phrasen der Politiker und Verkehrsminister gehört, so wurde entgegen der Sonntagsreden und Lippenbekenntnisse genauso lang genau das Gegenteil gemacht. Vom „betriebswirtschaftlich optimalen Netz“ (BON) bis zum „marktorientierten Angebot Cargo“ (MORA C) wurde den Bahnkunden der Zugang zum Güterverkehr stetig erschwert. Der Rückzug aus der Fläche, die Schließung von Güterabfertigungen und ortsnahen Güterbahnhöfen, der Rückbau von Verlademöglichkeiten und Privatgleisanschlüssen ließen den Anteil der Bahn am gesamten Güterverkehrsmarkt erheblich absinken. Wo kann man in einer Großstadt wie Aachen heute noch Wagenladungsverkehr abwickeln?

Als dieses Foto der 215 122 im August 1993 entstand, konnte man auf dem Bf. Aachen-West noch viele Attribute des einstigen Güterverkehrs sehen. Neben der Güterabfertigung und den Ladestraßen betrieb die Deutsche Bundesbahn dort auch einmal einen Containerbahnhof.

Die Region Aachen war noch bis in die 1960er Jahre stark industriell geprägt. Danach setzte eine krisenhafte Entwicklung ein, die zum Rückgang der Textilindustrie, des Bergbaus und anderer Grundstoffindustrien führte. Gute Bahnkunden wie Brikettfabriken, Bergwerke und Kokereien, Kalkwerke, Steinbrüche, Eisen- und Zinkhütten, Stahlwerke und Walzwerke sowie Maschinenfabriken und metallverarbeitende Betriebe brachen als Bahnkunden weg. Wer heute durch die Region Aachen fährt, benötigt schon gutes Erinnerungsvermögen oder viel Phantasie, um sich die verschwundene Arbeitswelt auszumalen (oben und unten).

Viele Industriebetriebe waren über eigene Gleisanschlüsse mit dem Schienennetz verbunden und betrieben teils umfangreiche Werkbahnen, auf denen sie eigene Werksloks einsetzten. Typische Beispiele waren etwa die EBV-Hüttenbetriebe in Eschweiler Aue (oben, Foto vom 30. April 1980 mit der Werklok 3) oder die Vereinigten Glaswerke (St. Gobain) in Stolberg (unten, Foto vom 16. August 1979 mit der Werklok 1).

Zu den größten Bahnkunden der Region mit den umfangreichsten Gleisanlagen gehörten die Bergwerke im Wurmrevier. Alsdorf war mit dem Verbundbergwerk Anna und der Kokerei jahrzehntelang der „Spitzenreiter“ unter den Bahnkunden mit eigenem Werkbahn- (bzw. Grubenbahn-)betrieb. Dort konnte man am 06. Mai 1980 auf dem Gemeinschaftsbahnhofs Alsdorf beispielsweise die Grubenbahnloks  Anna 2 (links) und Anna 4 (rechts) beobachten.

Zum alltäglichen Betriebsablauf gehörten in Alsdorf mehrmals täglich auch eindrucksvolle Rangierfahrten der Grubenbahnloks über den Personenbahnhof hinaus bis nahe an das Einfahrsignal. Am 22. März 1978 entstand bei einem solchen Einsatz das Foto der EBV-Grubenbahnlok 3 mit einer scheinbar endlosen Wagenschlange (oben und unten).

Der Bahnhof Alsdorf verzeichnete noch Mitte der 1970er Jahre  einen Versand von täglich rd. 440 Waggons. Gleichzeitig mussten auch die Leerwagen über die eingleisige Strecke von Stolberg nach Herzogenrath bereitgestellt werden. Und bis 1975 waren zusätzlich auch die Gruben „Adolf“ in Merkstein und „Carl-Alexander“ in Baesweiler über diese eingleisige Strecke an das Bundesbahnnetz angeschlossen. Auf dem Bf. Alsdorf war rund um die Uhr Bahnbetrieb. Am 05. Oktober 1979 entstand dort das Foto der 290 195, die einen der vielen Kohlenzüge zusammenstellte (oben). Nahe beim Stolberger Hauptbahnhof wurde am 07. Mai 1982 beim Bahnübergang Trockenbuschweg die 215 113 mit einem Leerwagenzug nach Alsdorf fotografiert.

Hoch im Norden des Aachener Bergbaureviers sorgte die Grube „Sophia Jacoba“ zusammen mit ihrer Brikettfabrik für regen Güterverkehr. Am 20. August 1987 entstand bei Hückelhoven das Foto von 140 123, die auf der eingleisigen Strecke einen Kohlenzug nach Baal schleppte.

In Ratheim gab es einen weitläufigen Übergabebahnhof für die Grube „Sophia Jacoba“. Im Gegensatz zu den Gruben rund um Alsdorf war die eingleisige Anschlussstrecke von Baal bis Ratheim elektrifiziert. Hier waren meist E-Loks der BR 140 im Kohlenverkehr anzutreffen. Am 20. August 1987 erwischte der Fotograf auf dem Bf. Ratheim die Loks 140 494 und 140 123 (oben und unten).

Am 22. August 1987 ergab sich auf der ansteigenden Strecke bei Siersdorf die Gelegenheit, 215 111 mit einem Kohlenzug von der EBV-Grube „Emil Mayrisch“ in Richtung Mariagrube, Alsdorf und Herzogenrath zu erleben.

Der Bf. Aachen-Rothe Erde war bis weit in die 1990er Jahre ein wichtiger Güterbahnhof. Hier zweigten die Strecke über Haaren zum Bf. Aachen-Nord, das Anschlussgleis zum Güterbahnhof Moltkestraße und der letzte Streckenrest der Vennbahn ab. Über diese Schienenwege wurden sowohl das Philippswerk, die rund um den Nordbahnhof ansässigen Industriebetriebe und ein großer Aachener Baustoffhändler als auch weitere Kunden wie ein großer Kartoffelhandel, ein Lebensmittelversorgungslager der belgischen Streitkräfte oder eine entfernt liegende Bundeswehrkaserne bedient. Selbstverständlich gab es am Bf. Aachen-Rothe Erde auch eine Güterabfertigung und Freiladegleise. Das Foto vom 26. Oktober 1988 zeigt die 215 129, die mit einem Übergabezug vom Bf. Aachen-Nord eingetroffen war und am rechten Bildrand eine der beiden Rangierloks des Bf. Aachen-Rothe Erde.

Am Stolberger Hauptbahnhof begann eine Umleitungsstrecke für Züge mit Lademaßüberschreitung, die nicht durch den Aachener Buschtunnel oder den Gemmenicher Tunnel fahren konnten. „Lademaßüberschreiter“ (LÜ-Züge) mussten den Weg von Stolberg Hbf über Walheim und Raeren nach Welkenraedt und Montzen nehmen. Auf dieser Relation konnten Eisenbahnfreunde mit ein wenig Glück außergewöhnliche Züge sichten. Am 17. September 1982 war 215 016 mit einem Militärtransport für die belgischen Streitkräfte im Einsatz (oben), am 16. Mai 1985 gab es auf dem Bf. Raeren einen Schwertransport zu sehen, der auf seine Weiterbeförderung wartete (unten).

Auf der Eschweiler Talbahn sorgten der Bf. Frenz, der Bf. Weisweiler, der Talbahnhof und der Bf. Eschweiler-Aue für reges Güterverkehrsaufkommen, das werktäglich mit mehreren Übergabefahrten abgewickelt werden musste. Am 29. Dezember 1979 legte 290 377 mit einem Spezialzug, mit dem Uranhexafluorid nach Weisweiler transportiert wurde, einen Kreuzungshalt auf dem Bf. Eschweiler-Aue ein (oben). Mit einer täglich verkehrenden Übergabefahrt von Weisweiler über Eschweiler-Aue nach Stolberg Hbf wurde 290 306 am Nachmittag des 24. April 1985 bei anstrengender Fahrt auf der Steigung am westlichen Einfahrsignal des Bf. Eschweiler-Aue im Bild festgehalten (unten).

(wird fortgesetzt)

 

 

 

Buchtipp: Eisenbahnen im Eifel-Vorland

Vor wenigen Tagen hat der Bonner Autor Michael Heinzel ein neues Buch herausgebracht, das auch für die Eisenbahnfreunde in der Region Aachen interessant sein dürfte: Eisenbahnen im Eifel-Vorland .

Es ist ein Buch, das eine Angebotslücke schließt und auch unter den regionalen Bahnfreunden gewiss viele Interessenten finden wird. Zur Ankündigung des neuen Buches heißt es im Informationstext:

„Eisenbahnfreunde verfügen mittlerweile über eine große Auswahl an Literatur: Doch haben die Altmeister der Eisenbahnfotografie die Bahnen des Eifel-Vorlandes übersehen. Bis heute liegen zur Bördebahn und zur Voreifelbahn keine Monographien vor. Diese Lücke schließt nun unser Autor Michael Heinzel mit seinem ausführlichen, reich bebilderten Band über die Eisenbahnen zwischen Bonn ‒ Euskirchen – Düren bzw. Bad Münstereifel. Besonders interessant für Fachleute wie Laien sind die oft einzigartigen Fotografien, die historische Raritäten und Kuriositäten zeigen, dazu kommen zahlreiche Fahrpläne, Laufpläne und zeitgenössische Berichte, die das Betriebsgeschehen über die Jahrzehnte plastisch werden lassen.“

(„Eisenbahnen im Eifel-Vorland“; Autor: Michael Heinzel; Format: 29 x 20 cm; 176 Seiten, 329 teils farbige Abbildungen; gebundene Ausgabe; ISBN: 978-3-948568-10-8, Preis: 42,80 Euro)

Wer schon die von Michael Heinzel erschienen Bücher zur Geschichte der Vennbahn („Hommage a la Vennbahn“) und zur Eisenbahngeschichte und zur Entwicklung der ostbelgischen Grenzregion (bspw. „Wo ist denn Bollenien“ / „Eisenbahn in Ostbelgien“ / „Grenzland Eifel“) gelesen hat, wird auch dieses Werk zur regionalen Eisenbahngeschichte gerne in seinem Bestand haben und wissen, dass das Buch sein Geld wert ist…

Stolberg braucht Hilfe!

In der Nacht vom 14. zum 15. Juli 2021 wurde das Vichttal von einem Hochwasser mit bisher ungekannter Wucht und Dimension überflutet. Im Stadtgebiet hat es im Verlauf der gesamten Talachse verheerende Schäden gegeben. Nach dem Rückgang des Hochwassers ist die Wiederherstellung der Infrastruktur (Strom, Wasser, Mobilfunk, Medizin) eine der dringendsten Aufgaben. Derzeit besteht auf der gesamten Talachse sowie in Vicht und Zweifall keine Infrastruktur. Neben den Schäden, die von der öffentlichen Hand zu beseitigen sind, gibt es aber vor allem viele Schäden bei den Menschen, die in der Talachse leben. In tagelangen spontanen Katastrophehilfsaktionen hat die Bevölkerung mit Unterstützung durch Feuerwehr, THW, Bundeswehr, allen bekannten Hilfsorganisationen und vielen regionalen Unternehmen schon die größten Schuttmassen in den Griff bekommen können. Nachdem in einer ersten Hilfswelle viele Sachspenden zur unmittelbaren Bewältigung der ersten Not zur Verfügung gestellt wurden, geht es nun darum, den Betroffenen wirtschaftlich wieder auf die Beine zu helfen. Nun ist vor allem eine finanzielle Unterstützung nötig. Die Stadt Stolberg hat dazu ein zentrales Spendenkonto eingerichtet, um ihren Bürgern in der Katastrophenlage unabhängig von öffentlichen Geldern baldmöglich und unbürokratisch zu helfen. Geldspenden in jeder Höhe sind herzlich willkommen.

Spendenkonto:
Inhaber: Kupferstadt Stolberg 
Sparkasse Aachen 
IBAN: DE 83 3905 0000 1073 7966 56 
Kennwort: „Stolberg hilft“

Wer mit Arbeitskraft oder Dienstleistungen helfen möchte, sollte sich im Interesse eine effektiven und koordinierten Hilfe bitte unbedingt vorher bei der von der Stadt Stolberg eingerichteten Spendenhotline: 02402 127 511 83 melden.

Auch das Hilfswerk der regionalen Tageszeitungen bzw. das Medienhaus Aachen haben ein Spendenkonto für die Hochwasserbetroffenen der Region eingerichtet: IBAN DE17 3905 0000 0000 7766 66, Sparkasse Aachen, Stichwort „Hochwasser“. Die Spenden kommen vollständig den Betroffenen zugute.

Welche Zerstörungskraft das Hochwasser hatte, zeigt beispielhaft dieses Foto aus der Stolberger Innenstadt, das die Rathausstraße nahe des Kupferhofs Rosenthal zeigt.

Auch im Bereich des Kaiserplatzes hat das Hochwasser große Zerstörungen gebracht. Im Rathaus ist u.a. das Stadtarchiv der Stadt Stolberg ein Opfer des Hochwassers geworden. Das Stadtarchiv sucht nun jede Hilfe zur Sicherung der historischen Dokumente der Stadtgeschichte und der Aktenbestände der Stadt Stolberg, die beispielsweise für das Standesamtswesen und Baugenehmigungen von großer Bedeutung sind.

Auf der Rückseite des Rathauses kann man im Bereich des Hp. Stolberg-Rathaus und der Europastraße anhand des Unrates, den das Hochwasser an die Böschung der dahinterliegenden von-Werner-Straße gespült hat, deutlich erkennen, wie hoch das Vichttal hier überflutet wurde.

Zwei Motive aus Oberstolberg, die einerseits erkennen lassen, welche verheerenden Schäden das Hochwasser gebracht hat und andererseits zeigen, welche ungeheure Hilfsaktion in Stolberg angelaufen ist (oben nahe der Kortumstraße, unten im Bereich der Ecke Burgstraße/Steinweg). Wer hier wohnt oder ein Geschäft betreibt, benötigt nun vor allem auch finanzielle Hilfe, um wieder in das gewohnte Leben zurück zu finden!

Stolberg braucht jetzt Hilfe!


 

20 Jahre Euregiobahn

Am 10. Juni 2001 wurde in der Region Aachen ein bedeutendes Stück regionaler Eisenbahngeschichte geschrieben. Die „Euregiobahn“ feierte die Eröffnung ihrer ersten Strecke!

Der 20. Geburtstag der Euregiobahn soll Anlass sein, hier auf die Ursprünge der Euregiobahn zurückzublicken, die erreichten Erfolge zu würdigen, eine Bilanz zu ziehen und einen Blick in die Zukunft zu wagen.

 

Die Ursprünge der Euregiobahn

Der Ausschnitt aus einer Netzkarte zeigt das einstmals dichte Streckennetz in der Region um 1937. (Noch nicht verzeichnet ist die Verbindung vom Bf. Mariagrube zur Grube „Emil Mayrisch“ in Siersdorf.) 

Das Umland der Stadt Aachen wurde bis in die 1950er Jahre mit einem dichten Netz von Nebenbahnen gut erschlossen. In der Zeit des Wirtschaftswunders führte die zunehmende Mobilität der Bevölkerung und die Konkurrenz des Busverkehrs jedoch zu einem Verkehrsrückgang. Die Deutsche Bundesbahn reagierte darauf zunächst mit einem offensiven Rationalisierungsprogamm, bei dem sie moderne und attraktive Schienenbusse einsetzte und neue, zusätzliche Haltepunkte anlegte. Nach anfänglichen Erfolgen musste sie Ende der 1950er Jahre jedoch wahrnehmen, dass die Konkurrenz des Straßenverkehrs stärker war und der politische Rückhalt fehlte. Der Zeitgeist favorisierte einseitig den Ausbau des Straßenverkehrs und vernachlässigte den öffentlichen Schienenpersonennahverkehr. Bei der Deutschen Bundesbahn verfolgte man daraufhin die Strategie, auf Verkehrsrückgänge mit Angebotseinschränkungen zu reagieren. So setzte ein Niedergang vieler Nebenstrecken ein, der schließlich zur Aufgabe der Nebenstrecken führte. Waren es anfangs nur die Linien im Süden von Aachen, die wegen der Grenzlage und der geringeren Bevölkerungsdichte ins Hintertreffen gerieten, so zeichnete sich Mitte der 1970er Jahre ab, dass die Deutsche Bundesbahn auch kein Interesse mehr zeigte, die Nebenstrecken im Nordkreis und im Wurmrevier zu erhalten. Ende 1984 verlor die Strecke Stolberg – Alsdorf – Herzogenrath als letzte Nebenstrecke der Region Aachen den Reisezugverkehr.

Der Schienenbus war bei der jungen Deutschen Bundesbahn zunächst der „Nebenbahnretter“. Zwischen 1954 und 1978 prägte er den Verkehr auf den Nebenstrecken rund um Aachen. Das Foto zeigt 795 617 und 995 457 am 21. April 1978 auf dem damaligen Gleis 99 des Stolberger Hauptbahnhofs. Heute befindet sich an dieser Stelle das Gleis 44 für die Euregiobahnzüge, die auf der  „Ringbahn“ verkehren.

Am Abend des 28. Dezember 1984 beendete der Akku-Triebwagen 515 564 mit der letzten Fahrt von Stolberg Hbf über Alsdorf nach Herzogenrath den Schienenpersonenverkehr der Deutschen Bundesbahn auf den Nebenstrecken rund um Aachen.

Mit dem allgemeinen Niedergang der Industrie, vor allem aber mit dem Ende der Steinkohleförderung beim Eschweiler Bergrevier verloren die meisten Nebenstrecken bis Anfang der 1990er Jahre auch ihren Güterverkehr. Viele bis dahin treue Bahnkunden wurden schließlich von der Deutschen Bahn AG mit dem „marktorientierten Angebot Cargo“ (MORA C) von der Nutzung des Schienenweges abgehängt. Damit waren für die bis dahin noch verbliebenen Nebenstrecken rund um Aachen die Gesamtstillegung und der Rückbau absehbar.

Stolberg ohne Talbahnstrecke?  Was Mitte der 1990er Jahre ein denkbares Szenario war, wurde glücklicherweise verhindert. Die Fotos vom Februar 2001 zeigen die Trasse der Talbahnstrecke im Bereich des heutigen Hp. Stolberg-Rathaus (oben) und die Nordseite des Bf. Stolberg-Altstadt (unten) während der Grundsanierung durch die EVS.

Als Folgen der Ölkrise und des wachsenden Umweltbewusstseins entwickelte sich andererseits ein gegenläufiger Zeitgeist, der auch dem öffentlichen Schienenpersonennahverkehr wieder Zukunftsperspektiven einräumte. Mit dem Pilotprojekt der Einführung des Taktverkehrs im Nahverkehr auf der Strecke zwischen Euskirchen und Bonn (seinerzeit noch Sitz der Bundesregierung) oder dem Citybahnkonzept für den Nahverkehr zwischen Köln und Gummersbach wurde in den 1980er Jahren nachgewiesen, dass man mit zukunftsweisenden Betriebskonzepten auf den Nebenstrecken deutliche Steigerungen der Nachfrage erreichen konnte. Zusätzlich zeigten Regionalisierungskonzepte (bspw. im „Nassen Dreieck“ zwischen Elbe und Weser oder auf der Verbindung Düsseldorf – Neuss – Kaarst) und die erfolgreiche Übernahme der Rurtalbahnstrecken zwischen Jülich, Düren und Heimbach durch den Kreis Düren, dass es auch für die seinerzeit noch nicht abgebauten Nebenstrecken um Aachen eine Zukunft geben konnte.

Für die Region Aachen wurde in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre ein Verkehrskonzept mit breiter politischer Unterstützung und Bestellung von Verkehrsleistungen über das Land NRW bzw. den dafür eingerichteten Nahverkehrszweckverband Rheinland (NVR) entwickelt. Als Besonderheit der Region Aachen kam es hier zu einer Übernahme der Infrastruktur durch eine private Gesellschaft. Ursächlich dafür war ein Bahnschotter-Recyvclingwerk im Bereich Stolberg-Binsfeldhammer, das seit 1979 den Gleisanschluss des ehemaligen Kalkwerks Rüst intensiv nutzte und zum Schutz vor dem Verlust der Schienenverkehrsanbindung zunächst vorrangig die Strecke Stolberg Hbf – Breinig erwerben wollte. Aus dieser Idee heraus wurde die „EUREGIO Verkehrsschienennetz GmbH“ (EVS) gegründet, die im Hinblick auf die Reaktivierung des Schienenpersonenverkehrs das gesamte rd. 60 km lange Restnetz der Aachener Nebenstrecken erwarb. Die EVS wurde 1999 von der Firma „BSR Naturstein-Aufbereitungs-GmbH“ gegründet und hat ihren Sitz heute in Stolberg.

Am 9. Juni 2001 verkehrte der Talent-Triebwagen 644 526 + 944 026 + 644 026 als „Schnupperfahrt“ auf der Stolberger Talbahn und bot der Bevölkerung die Möglichkeit, die Euregiobahn kostenlos kennenzulernen.

Auf die besondere Situation der Region Aachen zugeschnitten erhielt das neue Nahverkehrsangebot den Produktnamen „Euregiobahn“. Die „Euregiobahn“ ist ein grenzüberschreitendes „euregionales“ Nahverkehrssystem, das vom Aachener Verkehrsverbund in Kooperation mit der niederländischen Region Zuid-Limburg initiiert wurde. Sie nutzt die Eisenbahninfrastruktur der DB-AG und der Nederlandse Spoorwegen sowie der „EUREGIO Verkehrsschienennetz GmbH“ (EVS). Die EVS ist dabei nur das Infrastrukturunternehmen für die nicht mehr von DB Netz betriebenen und von ihr übernommenen Nebenstrecken. Der Zugbetrieb wird im Auftrag des Nahverkehrszweckbandes von der Deutschen Bahn AG durchgeführt.

Beim Start der Euregiobahn fuhren die Euregiobahnzüge bis zum Bahnhof der beliebten Einkaufsstadt Heerlen. Auch der attraktive Wochenmarkt in Eygelshoven war mit einem neugeschaffenen Haltepunkt mit der Euregiobahn gut erreichbar. Das Foto vom 3. Juni 2010 zeigt einen Euregiobahnzug auf dem Bf. Heerlen, wo Anschluss an das niederländische Intercitynetz besteht.

Zur Realisierung der Euregiobahn wurde am 1. September 1999 zunächst der „Rahmenvertrag zur Sicherung von Schienenstrecken in der Region Aachen und zur Neuordnung der Regionalbahn im AVV“ abgeschlossen. Mit einem aus sieben Einzelverträgen bestehenden und am 22. September 2000 unterzeichneten Vertragwerk ist anschließend die Übernahme des Nebenstreckennetzes in der Region Aachen von der Deutschen Bahn AG, der Betrieb und die stufenweise Weiterentwicklung des Euregiobahn-Projektes geregelt worden.

Zwischen Januar und Juni 2001 wurde die Talbahn-Strecke zwischen Stolberg Hbf und dem neuen Endpunkt Stolberg-Altstadt grundsaniert. Innerhalb weniger Monate wurden die Gleise, Bahnübergänge und Signalanlagen komplett saniert und die Indebrücke im Schnorrenfeld sowie eine weitere Bachbrücke nahe der Münsterbachstraße durch Neubauten ersetzt. Gleichzeitig wurden die neuen Bahnsteige an den Haltestationen Stolberg-Schneidmühle, Stolberg-Mühlener Bahnhof, Stolberg-Rathaus und Stolberg-Altstadt errichtet.

Im Stadtgebiet von Stolberg wurden für die Euregiobahn neue zeitgemäße, bedarfsgerechte und behindertengerechte Haltepunkte wie Stolberg-Mühlener Bahnhof (oben) oder Stolberg-Schneidmühle (unten) errichtet.

Zur Durchführung des Fahrbetriebes entschied man sich für Fahrzeuge aus der Produktion der damaligen Aachener Firma Talbot (die zwischenzeitlich allerdings von der Firma Bombardier Transportation übernommen worden war). Dort hatte man schon 1996 den neuen Leichtbautriebwagen Talent (= „TAlbot LEichter Nahverkehrs [auch: Niederflur] Triebzug“) entwickelt, der von der Deutschen Bahn AG bereits erfolgreich in der Region Köln eingesetzt wurde.

Im September 2002 begegnete ein Talent-Triebwagen der BR 644 auf dem Stolberger Hauptbahnhof einem für die Kölner Verkehrsbetriebe bestimmten Stadtbahnwagen, der hier auf seinen Weitertransport wartet. In der Region Aachen entschied man sich seinerzeit, für den Regionalverkehr klassische Eisenbahn-Triebwagen zu verwenden, obwohl anfangs auch eine Euregiobahnstrecke bis in das Aachener Stadtzentrum angedacht war. Auch im Hinblick auf die heutigen Pläne für eine „Regiotram“ war der Einsatz der Talent-Triebwagen eine weitreichende Entscheidung. Stadtbahnkonzepte, wie man sie seinerzeit in Karlsruhe oder Freiburg favorisierte, wurden verworfen. 

Zum Betriebsstart der Euregiobahn wurden von der DB Regio Rheinland Standort Köln die vier Triebfahrzeuge 644 016, 024, 027, 044 ausgeliehen, die für ihren Einsatz auf der Euregiobahn eigens mit Klebefolien im blau-weiß-roten Euregiobahn-Design beklebt wurden. Als Ersatz für den in einen Unfall verwickelten 644 024 kam zeitweise auch 644 058 zum Einsatz. Bei den Talenten der BR 644 handelt es sich um die dreiteilige, diesel-elektrische und 120 km/h schnelle Fahrzeugversion.

 

Die Erweiterung des Verkehrsangebots „Euregiobahn“

Die Anfangsjahre der Euregiobahn waren von reger Bautätigkeit zur Erweiterung des Streckennetzes gekennzeichnet. Das Foto vom 29. August 2011 zeigt ein Zwischenstadium des Ringbahnverkehrs, als die Euregiobahnzüge bereits bis zur Station Alsdorf-Annapark verkehrten und der Weiterbau bis zum nächsten Streckenabschnitt nach Alsdorf-Poststraße im Gange war.

Die Euregiobahn wurde von den Fahrgästen gut angenommen und zeigte ein stetiges Wachstum. Das Konzept erwies sich rasch als Erfolgsgeschichte. Die Euregiobahnzüge verkehrten anfangs zwischen Stolberg-Altstadt und Aachen Hbf im 30-Minuten-Takt und im 60-Minuten-Takt nach Heerlen.

Am 6. Juni 2010 begegnete ein Euregiobahn-Talent der BR 643.2 auf dem Weg nach Heerlen auf dem Stolberger Hauptbahnhof der Reichsbahn-V 100  202 520, die einen Schotterzug zum Recyclingwerk gebracht hatte. Seit 2005 hat das Bahnschotterrecyclingwerk seinen Betrieb auf Brachflächen des Stolberger Hauptbahnhofs verlagert, die mittlerweile der EVS gehören.

Seit April 2003 verfügte die Euregiobahn über eigene, neuentwickelte zweiteilige Talent-Fahrzeuge der Baureihe 643.2, die eher dem Bedarf des Aachener Netzes entsprechen. Sie sind mit auch in den Niederlanden nutzbarer Technik versehen. Für die Euregiobahn wurden die 26 Fahrzeuge 643 201 bis 226 ausgeliefert. Sie haben einen diesel-mechanischen Antrieb, verfügen über 96 Sitzplätze ( davon 18 Klappsitze) und 110 Stehplätze. Ihre Höchstgeschwindigkeit beträgt 110 km/h.

 

Auf dem Weg zum Euregiobahnverkehr über die Eschweiler Talbahn nach Langerwehe und Düren gab es mehrere Etappen. Neben der Sanierung der Talbahnstrecke und dem Neubau des Bf. Eschweiler-Weisweiler erfolgte der bemerkenswerte Neubau einer Verbindungsstrecke von Weisweiler nach Langerwehe mit Anschluss an die DB-Strecke. Hierbei wurden in Langerwehe auch ein neuer Bahnsteig und ein Verknüpfungspunkt mit Bushaltestelle und P&R-Parkplatz geschaffen. Die Fotos zeigen die Baustellen-Situation in Weisweiler im Jahre 2005.

Als zweite Ausbaustufe ging am 10. September 2004 die Eschweiler Talbahn von Stolberg Hauptbahnhof über die neugebauten Haltepunkte Eschweiler-West, Eschweiler Talbahnhof/Raiffeisen-Platz, Eschweiler-Nothberg bis Eschweiler-Weisweiler in Betrieb. Aus diesem Anlass wurde ab dem 10. September 2004 die euregiobahn-typische Flügelung in Stolberg Hbf eingeführt. Dabei werden in Stolberg Hbf die beiden Triebfahrzeuge für die Fahrten nach Stolberg-Altstadt bzw. Weisweiler getrennt bzw. zusammengekuppelt.

Im Jahre 2005 wiesen provisorische Hinweisschilder die Bahnkunden auf dem Stolberger Hauptbahnhof auf die neue Situation mit der Flügelung der Euregiobahn-Triebwagen nach Stolberg-Altstadt und Eschweiler-Weisweiler hin.

Schon am 11. Dezember 2004 folgte die Erweiterung von Herzogenrath über Herzogenrath Alt-Merkstein bis Herzogenrath August-Schmidt-Platz. Im Dezember 2005 wurde dieser Streckenast über Alsdorf-Busch bis Alsdorf-Annapark verlängert. Sogar eine Neubaustrecke gibt es: am 14. Juni 2009 wurde die neue EVS-Strecke Eschweiler-Weisweiler–Langerwehe eröffnet und in das Euregiobahnnetz integriert. Seit Dezember 2009 erreichen die Euregiobahnzüge über Langerwehe hinaus auch den Bf. Düren und haben Anschluss an die S-Bahn nach Köln.

Im Bestreben um eine stetige Optimierung des Verkehrsangebots der Euregiobahn nahm die EVS ein Vielzahl punktueller Baumaßnahmen vor.  Dazu gehörte bspw. die Errichtung des neuen Bahnsteigs am Gleis 27 des Stolberger Hauptbahnhofs, der im Jahre 2010 seine „Feuertaufe“ zunächst als Hilfsbahnsteig für Züge erlebte, die im Zuge von Baumaßnahmen umgeleitet wurden und als durchgehende Verbindung die Talbahnachse von Stolberg-Altstadt über Eschweiler und Langerwehe nach Düren bedienten (Foto vom 25. Mai 2010). Seitdem dient der planmäßige Halt am Gleis 27 der Verbesserung der Umsteigemöglichkeiten auf dem Stolberger Hauptbahnhof.

Zwischenzeitlich hatte sich allerdings die schienenverkehrsfreundliche Verkehrspolitik des Landes NRW geändert, so dass die anfangs zugesagte finanzielle Unterstützung des Ausbaus der Euregiobahn eingeschränkt wurde. Dies wirkte sich insbesondere auf die Reaktivierung der mittlerweile als „Ringbahn“ bezeichneten Strecke von Herzogenrath über Alsdorf nach Stolberg aus. Hier konnte man nur in kleinen Schritten bzw. Abschnitten zum Ziel kommen. Erst zum 15. Geburtstag der Euregiobahn gelang am 10. Juni 2016 der langersehnte „Ringbahnschluss“.

Im Jahre 2014 packte die EVS die Unterquerung der Strecke Köln – Aachen an. Wegen der schon seinerzeit geplanten Elektrifizierung der EVS-Strecke musste die EVS-Strecke hier tiefergelegt werden. In dem hier gelegenen Feuchtgebiet mit hohem Grundwasserstand musste die EVS ein aufwändiges Trogbauwerk errichten (Foto vom 24. August 2014).

Am 10. Juni 2016 – pünktlich zum 15. Geburtstag der Euregiobahn – konnte endlich der durchgehende Euregiobahnverkehr auf der Strecke Stolberg Hbf – Alsdorf – Herzogenrath eröffnet und der „Ringbahnschluss“ gefeiert werden. Die Beharrlichkeit der Euregiobahn-Initiator*innen hatte sich ausgezahlt!

 

 

Eine ernüchternde Bilanz nach 20 Betriebsjahren

Schon wenige Tage nach der Eröffnung des Euregiobahnverkehrs gab es 2001 erste Sonderfahrten nach Breinig und das postulierte Ziel, diesen Ort an die Euregiobahn anzuschließen. Bis heute konnte dieses Projekt nicht realisiert werden…..
Das Foto aus dem Jahre 2005 zeigt eine der Aktivitäten, um einen Euregiobahnanschluss Breinigs anzuschieben.

Wie steht es nach immerhin 20 Betriebsjahren um die Euregiobahn?
Das Bild der Euregiobahn wird von Licht und Schatten geprägt. Die Euregiobahn hat sich etabliert und ist so etwas wie die „S-Bahn“ der Städteregion geworden, die zuverlässig verkehrt und sich mit stetigen Zuwächsen der Fahrgastzahlen ihren Kundenstamm gesichert hat. Heute wird die Euregiobahn als ÖPNV-Angebot nicht mehr in Frage gestellt. Die Talent-Triebwagen sind zum Markenzeichen der Euregiobahn geworden und erhalten derzeit eine Auffrischung, die sich in einem angenehmen äußeren Erscheinungsbild und einer Modernisierung ihrer Innenausstattung zeigt.

Die Euregiobahnzüge waren alltäglicher Begleiter von vielen Veränderungen, die die Umgebung der Bahnstrecken erlebte, sei es der Bau der Überführung für die Anbindung des Gewerbegebiets „Camp Astrid“ im Westen des Stolberger Hauptbahnhofs (oben, im Jahre 2005) oder die Umnutzung des Bahnhofsgebäudes am Stolberger Hauptbahnhof als Firmensitz und Zentralstellwerks der EVS (unten, 2011).

Seit dem Ringbahnschluss im Jahre 2016 ist allerdings eine Stagnation festzustellen. Der Netzausbau scheint auch in der schon gewohnten „Salami-Taktik“ nicht mehr voranzukommen. Kleine Projekte wie bspw. die Einbindung von Breinig in den Euregiobahnverkehr oder die Aufnahme des Zugverkehr nach Siersdorf oder gar eine Streckenverlängerung bis nach Baeesweiler, die schon seit Jahren propagiert werden, kommen nicht voran.

Gleichzeitig sind Rückschritte beim Verkehr in die Niederlande zu verzeichnen. Anstelle des Regionalbahnverkehrs nach Heerlen mit Stopps an vielen ortsnahen Haltepunkten ist der Verkehr mit Regionalexpresszügen (RE 18) nach Maastricht getreten. Damit einhergehend hat die Euregiobahn ihre grenzüberschreitende Komponente verloren. Auch von dem ursprünglich im Euregiobahn-Konzept vorgesehenen Verkehr nach Belgien konnte in den vergangenen 20 Jahren nichts verwirklicht werden. Hier wurde mit dem Brechen der einstigen durchgehenden Regionalexpresslinie von Aachen nach Lüttich gar eine deutliche Verschlechterung des euregionalen Schienennahverkehrs durchgesetzt. Insoweit hat der Produktname „Euregiobahn“ mittlerweile seine Identität und Authentizität verloren.

Auch wenn die Zielanzeige auf dem Bahnsteig in Aachen-West anno 2005 Heiterkeit auslöste, so ist der Verlust der Euregiobahnverbindung nach Heerlen eine bittere Pille für die Menschen in der Euregio (oben). Ebenso ist die Verbindung nach Eupen, die noch am 14. September 2001 von der Euregiobahn als Sonderzug befahren worden ist (Foto unten am Falkenbachviadukt zwischen Breinig und Walheim) mittlerweile ein Projekt für die fernere Zukunft  geworden….

Die zwischen Heerlen und Heimbach verkehrenden durchgehenden Ausflugszüge erfreuten sich reger Nachfrage und wurden als Dreierverband gefahren. Das Foto zeigt einen dieser Züge am Vormittag des 13. Juni 2011 am Gleis 43 des Stolberger Hauptbahnhofs.

Daneben sind auch Zusatzangebote wie die durchgehenden Ausflugszüge von Heerlen über Aachen und Düren nach Heimbach eingestellt worden.

Aus Kundensicht muss man zudem bemängeln, dass es auch in zwanzig Betriebsjahren noch nicht gelungen ist, die unter der Linie RB 20 zusammengefassten Leistungen der Euregiobahn mit einem transparenten, leicht verständlichen Konzept darzustellen. Wer mit den örtlichen Verhältnissen nicht vertraut ist, wird mit Fahrtzielangaben wie „Stolberg Hbf Gleis 44“ wenig anfangen können. Wer beispielsweise sonntags auf dem Stolberger Hauptbahnhof auf dem EVS-Bahnsteig mit den Gleisen 43 und 44 steht und am Gleis 43 einen Zug einfahren sieht, der ausweislich der Zielangabe zum Nachbargleis fahren soll, dem wird sich nicht erschließen, dass dieser Zug eine Fahrt über Aachen, Herzogenrath und Alsdorf zurücklegen wird. Ebenso dürften sich Ortsfremde wundern, die von Aachen Hbf nach Stolberg-Altstadt fahren wollen, dass sie nacheinander den Stolberger Hauptbahnhof auf Gleis 43 und Gleis 27 passieren.

Das von DB Regio auf den Zügen der Euregiobahn eingesetzte Personal ist für ratlose Bahnkunden häufig der Retter in der Not. Die Lokführer erweisen sich regelmäßig als kundenfreundliche Eisenbahner, die ihren Fahrgästen den Weg zum richtigen Zug erklären.

 

Ein Ausblick in die Zukunft

Wo wird die Euregiobahn in fünf oder zehn Jahren stehen? Hier sind einerseits die Zielvorstellungen des Nahverkehrszweckverbandes Rheinland (NVR) maßgeblich, da er die Verkehrsleistungen bestellt und insoweit das Angebot prägt. Anderseits sind die betrieblichen und technischen Möglichkeiten der beteiligten Infrastrukturbetreiber zu betrachten.

Eines der Zukunftsthemen für die Euregiobahn ist seit Jahren der elektrische Fahrbetrieb. Gerade in einer Grenzregion wie Aachen erfordert das eine klare Zieldefinition. Hält man am Konzept eines euregionalen Angebots fest, so muss man bei der Wahl der eingesetzten Fahrzeuge die unterschiedlichen Stromsystem der NS und der SNCB berücksichtigen. Beschränkt man sich auf die aktuelle Struktur der Euregiobahnstrecken, dann genügen Elektrotriebwagen, die den DB-Standard erfüllen. Während die Strecken der DB AG bereits mit elektrischen Fahrleitungen ausgestattet sind, müssen die von der Euregiobahn befahrenden Strecken der EVS nachgerüstet werden. Die EVS hat hierzu bereits im Vorfeld einen erheblichen finanziellen Aufwand erbracht, um Konfliktpunkte wie bei der Streckenführung im Bereich des Flugplatzes Merzbrück oder bei der Unterquerung der Strecke Köln – Aachen westlich des Stolberger Hauptbahnhofs zu bereinigen. Im Hinblick auf Verkehrsverträge und Ausschreibungsfristen sowie die Kapazität der Bauunternehmen hätte die EVS für den Bau der Fahrleitungsanlagen ambitionierte Ziele zu erfüllen. Für den Verkehr von elektrischen Euregiobahnzügen nach Breinig müsste die EVS weitere Herausforderungen wie die Brücke der Finkensiefstraße in Stolberg bewältigen.
Da man bei der Rurtalbahn schon auf Wasserstoff als alternative Antriebsenergie setzt, könnten sich hier auch für die Euregiobahn Synergieeffekte abzeichnen. Zusätzlich könnten neu entwickelte Akkumulator-Triebwagen gerade bei den Betriebsverhältnissen im Grenzland der heute favorisierten Elektromobilität neue Impulse geben.

Im Zusammenhang mit der Fördermittelkulisse für ein smartes Auslaufen der Braunkohleförderung im rheinischen Braunkohlerevier ist eine Überfrachtung der Ausbaupläne für die „Euregiobahn“ mit anderen Verkehrsprojekten zu befürchten. So könnte sich das Projekt „Brain-Train“ (der Wiederaufbau eines Schienenweges von Aachen nach Jülich) auf die Ausbaupläne nach Baesweiler auswirken. Ebenso könnte das Projekt „Regiotram“ (Schienenverkehr von Aachen über Würselen und Alsdorf nach Baesweiler) hinsichtlich Verknüpfungen oder Mitbenutzung von Trassenabschnitten Auswirkungen auf den Verkehr der Euregiobahn haben.

Ein schwelendes Thema ist ferner das von der Politik so gerne hochgehaltene dritte Gleis zwischen Düren und Aachen. Obwohl das Projekt bei der DB AG mittlerweile auf den Wiederaufbau einzelner Überholgleise eingedampft wurde, gibt es weiterhin alternative Planungen, die einen besseren Bahnanschluss der zwischen Langerwehe und Düren liegenden Ortschaften vorsehen. Ob man es hier bei zusätzlichen Haltepunkten an der bestehenden Strecke belässt oder ganz mutig evtl. eine Neubaustrecke für die Euregiobahn angeht, die „auf eigenen Wegen“ von Langerwehe oder Frenz aus das Gebiet zwischen Inden/Altdorf und Düren erschließt, bleibt abzuwarten.

Um den zuverlässigen Verkehr der Euregiobahnzüge nachhaltig zu gewährleisten, gibt es Planungen, auf den Bahnhöfen Herzogenrath und Stolberg Hbf die Einfädelung der Strecken durch zusätzliche Brücken zu verbessern.

Auch wenn die Geschichte der Euregiobahn eng mit dem Wirken von zwei Unternehmern aus Breinig verknüpft ist, so konnte der reguläre Euregiobahnanschluss von Breinig auch am 20. Geburtstag der Euregiobahn immer noch nicht erreicht werden… 

 

Weil die Euregiobahn sich derzeit in einer diffusen verkehrspolitischen Lage befindet, wünsche ich ihr für die Zukunft alles Gute. Möge sie weiterhin den (Schienen-)Weg in eine gute Zukunft nehmen und den Menschen in der Euregio ein zuverlässiges Verkehrsangebot für die alltäglichen Verkehrsbedürfnisse sein. Ebenso möge sie den Eisenbahnern der Region eine ortsnahe Beschäftigung sichern.

Ich wünsche mir, dass die Euregiobahn wieder deutlich „europäischer“ wird und das in Corona-Zeiten scheinbar etwas aus der Zeit gefallene „euregio ticket“ zum Maßstab für das von der Euregiobahn befahrene Gebiet werden möge.

Gute Fahrt!