Wie es einmal war – Vergleiche mit erlebtem Bahnbetrieb – Teil 1

„Früher war alles besser…“ – ein geflügeltes Wort, das gerade von älteren Menschen immer wieder einmal zu hören ist. Ob es stimmt, bleibt der individuellen Wahrnehmung eines jeden Menschen überlassen. Wandelt man das Zitat aber ab in „früher war alles anders“, dann trifft es zumindest auf die Wahrnehmung der Eisenbahn in der Region Aachen durchaus zu. Die Eisenbahn der 1970er und 1980er Jahre hatte zwar bereits große Veränderungen hinter sich. Die Einführung des elektrischen Fahrbetriebs auf den Hauptstrecken, das Ende des Dampflokeinsatzes, der stetige Kampf gegen die Konkurrenz des Straßenverkehrs und der daraus entstandene Rationalisierungsdruck führten schon damals zu „Angebotseinschränkungen“, der Aufgabe von Rangierbahnhöfen und Betriebswerken und Streckenstilllegungen. Dennoch war das Eisenbahnwesen weiterhin geprägt von örtlichem Personal, das den Bahnbetrieb routiniert abwickelte und ansprechbar war. Die Eisenbahn war dem Gemeinwohl verpflichtet. Selbst auf Nebenstrecken gab es vielerorts ein angemessenes Angebot für den Personen- und Güterverkehr. Fast alle Bahnhöfe der Region boten den Kunden mit Ladestraßen und Verladerampen umfangreiche Möglichkeiten für den Wagenladungsverkehr. In der Region gab es eine Vielzahl von großen Industriebetrieben, die für ein großes Wagenaufkommen sorgten und häufig auch eigene Werksbahnen betrieben, um den Empfang und Versand der Wagenladungen zu bewältigen. Auf vielen Bahnhöfen gab es das Angebot des Expressgutverkehrs und die Möglichkeit, Reisegepäck aufzugeben oder abzuholen. Zusätzlich sorgten mehrere Güterabfertigungen für den Stückgutverkehr.

Blickt man heute auf die Eisenbahnwelt der 1970er und 1980er Jahre, dann wird sehr deutlich, wie groß die Veränderungen zum heutigen Schienenverkehr sind. Und manches, was seinerzeit noch selbstverständlich war und wenige Jahre später leichtfertig dem neoliberalen Zeitgeist der Bahnreform geopfert wurde, wird heute wieder als klimafreundliche Alternative herbeigewünscht. Wer die Eisenbahn von heute betrachtet, dem mögen die nachfolgenden Eindrücke vermitteln, was zur Zeit der Deutschen Bundesbahn einmal möglich war und wie viel von der Infrastruktur und den betrieblichen Möglichkeiten weggenommen wurde….

Im ersten Teil dieser Serie fällt der Blick auf den Güterverkehr der Region Aachen.

Bahnwerbung aus dem Jahre 1977 (!) – auch wenn dieses Motto seit rund 50 Jahren zu den gängigen Phrasen der Politiker und Verkehrsminister gehört, so wurde entgegen der Sonntagsreden und Lippenbekenntnisse genauso lang genau das Gegenteil gemacht. Vom „betriebswirtschaftlich optimalen Netz“ (BON) bis zum „marktorientierten Angebot Cargo“ (MORA C) wurde den Bahnkunden der Zugang zum Güterverkehr stetig erschwert. Der Rückzug aus der Fläche, die Schließung von Güterabfertigungen und ortsnahen Güterbahnhöfen, der Rückbau von Verlademöglichkeiten und Privatgleisanschlüssen ließen den Anteil der Bahn am gesamten Güterverkehrsmarkt erheblich absinken. Wo kann man in einer Großstadt wie Aachen heute noch Wagenladungsverkehr abwickeln?

Als dieses Foto der 215 122 im August 1993 entstand, konnte man auf dem Bf. Aachen-West noch viele Attribute des einstigen Güterverkehrs sehen. Neben der Güterabfertigung und den Ladestraßen betrieb die Deutsche Bundesbahn dort auch einmal einen Containerbahnhof.

Die Region Aachen war noch bis in die 1960er Jahre stark industriell geprägt. Danach setzte eine krisenhafte Entwicklung ein, die zum Rückgang der Textilindustrie, des Bergbaus und anderer Grundstoffindustrien führte. Gute Bahnkunden wie Brikettfabriken, Bergwerke und Kokereien, Kalkwerke, Steinbrüche, Eisen- und Zinkhütten, Stahlwerke und Walzwerke sowie Maschinenfabriken und metallverarbeitende Betriebe brachen als Bahnkunden weg. Wer heute durch die Region Aachen fährt, benötigt schon gutes Erinnerungsvermögen oder viel Phantasie, um sich die verschwundene Arbeitswelt auszumalen (oben und unten).

Viele Industriebetriebe waren über eigene Gleisanschlüsse mit dem Schienennetz verbunden und betrieben teils umfangreiche Werkbahnen, auf denen sie eigene Werksloks einsetzten. Typische Beispiele waren etwa die EBV-Hüttenbetriebe in Eschweiler Aue (oben, Foto vom 30. April 1980 mit der Werklok 3) oder die Vereinigten Glaswerke (St. Gobain) in Stolberg (unten, Foto vom 16. August 1979 mit der Werklok 1).

Zu den größten Bahnkunden der Region mit den umfangreichsten Gleisanlagen gehörten die Bergwerke im Wurmrevier. Alsdorf war mit dem Verbundbergwerk Anna und der Kokerei jahrzehntelang der „Spitzenreiter“ unter den Bahnkunden mit eigenem Werkbahn- (bzw. Grubenbahn-)betrieb. Dort konnte man am 06. Mai 1980 auf dem Gemeinschaftsbahnhofs Alsdorf beispielsweise die Grubenbahnloks  Anna 2 (links) und Anna 4 (rechts) beobachten.

Zum alltäglichen Betriebsablauf gehörten in Alsdorf mehrmals täglich auch eindrucksvolle Rangierfahrten der Grubenbahnloks über den Personenbahnhof hinaus bis nahe an das Einfahrsignal. Am 22. März 1978 entstand bei einem solchen Einsatz das Foto der EBV-Grubenbahnlok 3 mit einer scheinbar endlosen Wagenschlange (oben und unten).

Der Bahnhof Alsdorf verzeichnete noch Mitte der 1970er Jahre  einen Versand von täglich rd. 440 Waggons. Gleichzeitig mussten auch die Leerwagen über die eingleisige Strecke von Stolberg nach Herzogenrath bereitgestellt werden. Und bis 1975 waren zusätzlich auch die Gruben „Adolf“ in Merkstein und „Carl-Alexander“ in Baesweiler über diese eingleisige Strecke an das Bundesbahnnetz angeschlossen. Auf dem Bf. Alsdorf war rund um die Uhr Bahnbetrieb. Am 05. Oktober 1979 entstand dort das Foto der 290 195, die einen der vielen Kohlenzüge zusammenstellte (oben). Nahe beim Stolberger Hauptbahnhof wurde am 07. Mai 1982 beim Bahnübergang Trockenbuschweg die 215 113 mit einem Leerwagenzug nach Alsdorf fotografiert.

Hoch im Norden des Aachener Bergbaureviers sorgte die Grube „Sophia Jacoba“ zusammen mit ihrer Brikettfabrik für regen Güterverkehr. Am 20. August 1987 entstand bei Hückelhoven das Foto von 140 123, die auf der eingleisigen Strecke einen Kohlenzug nach Baal schleppte.

In Ratheim gab es einen weitläufigen Übergabebahnhof für die Grube „Sophia Jacoba“. Im Gegensatz zu den Gruben rund um Alsdorf war die eingleisige Anschlussstrecke von Baal bis Ratheim elektrifiziert. Hier waren meist E-Loks der BR 140 im Kohlenverkehr anzutreffen. Am 20. August 1987 erwischte der Fotograf auf dem Bf. Ratheim die Loks 140 494 und 140 123 (oben und unten).

Am 22. August 1987 ergab sich auf der ansteigenden Strecke bei Siersdorf die Gelegenheit, 215 111 mit einem Kohlenzug von der EBV-Grube „Emil Mayrisch“ in Richtung Mariagrube, Alsdorf und Herzogenrath zu erleben.

Der Bf. Aachen-Rothe Erde war bis weit in die 1990er Jahre ein wichtiger Güterbahnhof. Hier zweigten die Strecke über Haaren zum Bf. Aachen-Nord, das Anschlussgleis zum Güterbahnhof Moltkestraße und der letzte Streckenrest der Vennbahn ab. Über diese Schienenwege wurden sowohl das Philippswerk, die rund um den Nordbahnhof ansässigen Industriebetriebe und ein großer Aachener Baustoffhändler als auch weitere Kunden wie ein großer Kartoffelhandel, ein Lebensmittelversorgungslager der belgischen Streitkräfte oder eine entfernt liegende Bundeswehrkaserne bedient. Selbstverständlich gab es am Bf. Aachen-Rothe Erde auch eine Güterabfertigung und Freiladegleise. Das Foto vom 26. Oktober 1988 zeigt die 215 129, die mit einem Übergabezug vom Bf. Aachen-Nord eingetroffen war und am rechten Bildrand eine der beiden Rangierloks des Bf. Aachen-Rothe Erde.

Am Stolberger Hauptbahnhof begann eine Umleitungsstrecke für Züge mit Lademaßüberschreitung, die nicht durch den Aachener Buschtunnel oder den Gemmenicher Tunnel fahren konnten. „Lademaßüberschreiter“ (LÜ-Züge) mussten den Weg von Stolberg Hbf über Walheim und Raeren nach Welkenraedt und Montzen nehmen. Auf dieser Relation konnten Eisenbahnfreunde mit ein wenig Glück außergewöhnliche Züge sichten. Am 17. September 1982 war 215 016 mit einem Militärtransport für die belgischen Streitkräfte im Einsatz (oben), am 16. Mai 1985 gab es auf dem Bf. Raeren einen Schwertransport zu sehen, der auf seine Weiterbeförderung wartete (unten).

Auf der Eschweiler Talbahn sorgten der Bf. Frenz, der Bf. Weisweiler, der Talbahnhof und der Bf. Eschweiler-Aue für reges Güterverkehrsaufkommen, das werktäglich mit mehreren Übergabefahrten abgewickelt werden musste. Am 29. Dezember 1979 legte 290 377 mit einem Spezialzug, mit dem Uranhexafluorid nach Weisweiler transportiert wurde, einen Kreuzungshalt auf dem Bf. Eschweiler-Aue ein (oben). Mit einer täglich verkehrenden Übergabefahrt von Weisweiler über Eschweiler-Aue nach Stolberg Hbf wurde 290 306 am Nachmittag des 24. April 1985 bei anstrengender Fahrt auf der Steigung am westlichen Einfahrsignal des Bf. Eschweiler-Aue im Bild festgehalten (unten).

(wird fortgesetzt)

 

 

 

Vor 40 Jahren – Einstellung des Reisezugverkehrs von Aachen-Nord nach Jülich und von Jülich nach Hochneukirch

Am 30. Mai 1980 wurde der Reisezugverkehr auf den Strecken von Aachen-Nord nach Jülich und von Jülich nach Hochneukirch eingestellt. In der Region gingen insgesamt 51,9 Streckenkilometer für den Reisezugverkehr verloren! Die damaligen Verkehrsstrategen fügten der Region einen Schaden zu, der bis heute nicht gutgemacht werden konnte.

Die 27,6 km lange Strecke von Jülich nach Aachen-Nord führte seinerzeit über die Stationen Bf. Kirchberg, Hp. Bourheim, Hp. Aldenhoven Ost, Bf. Aldenhoven, Hp. Niedermerz, Bf. Schleiden, Hp. Hoengen, Bf. Mariagrube, Hp. Alsdorf-Ofden, Bf. Euchen, Bf. Würselen, Hp. Würselen-Mitte zum Kopfbahnhof Aachen-Nord. Diese Strecke wies in den 50er- und 60er Jahren die meisten Züge auf den von Jülich ausgehenden Nebenstrecken auf. Seit Ende der 1990er Jahre wurde immer wieder eine (teilweise) Reaktivierung der Strecke bzw. eines direkten Schienenweges von Aachen nach Jülich propagiert. Hauptgegner solcher Pläne war häufig die Bevölkerung in Würselen, die u.a. die Lärmbelastung aus dem Bahnbetrieb fürchtet und wohl die Belastungen aus dem Straßenverkehr vorzieht. Gegenwärtig wird die Reaktivierung dieser Verbindung im Fahrwasser der Strukturhilfemittel aus dem Kohlekompromiss unter dem Marketingbegriff „Braintrain“ wieder einmal aufgewärmt.

Am späten Nachmittag des 30. Mai 1980 steht der geschmückte Akku-Triebwagen 515 625 als Nahverkehrszug 8262 auf dem Bf. Jülich bereit zur letzten Fahrt eines Reisezuges nach Aachen-Nord. 

Die 24,3 km lange Strecke von Jülich nach Hochneukirch war der Nordteil der von der Bergisch-Märkischen Eisenbahn erbauten Strecke nach Stolberg bzw. Düren. Sie war ursprünglich zweigleisig trassiert, wurde aber stets nur eingleisig betrieben. An der auf langen Abschnitten mit 80 km/h befahrenen Strecke lagen die Stationen Bf. Otzenrath, Hp. Immerath, Hp. Titz, Bf. Ameln und Bf. Welldorf. Im Reisezugverkehr verkehrten die Züge über Hochneukirch hinaus bis Mönchengladbach Hbf.
Im Gebiet um Otzenrath und Immerath macht der Braunkohletagebau derzeit eine Reaktivierung unmöglich. Ersatzweise werden für einen visionären Schienenpersonennahverkehr die Wege über Linnich und Baal nach Mönchengladbach und Düsseldorf oder über Ameln und Bedburg nach Grevenbroich und Düsseldorf bzw. nach Köln diskutiert.

Der letzte Reisezug von Mönchengladbach über Hochneukirch nach Jülich (und weiter nach Düren) war der N 8392. Auf der letzten Fahrt war am 815 728 ein denkwürdiges Schild angebracht…..

Weitere Infos zu diesem schwarzen Tag für die alte Eisenbahnerstadt Jülich sind u.a. hier (auch mit weiterführenden Links) zu finden:

Drehscheibe-online

www.eisenbahn-stolberg.de

wikipedia

Neue Rüsttalbrücke (fast) fertig

Am 28. September 2019 wurde in Stolberg wieder ein Stück regionale Eisenbahngeschichte geschrieben. Auf der neuen Rüsttalbrücke wurden an diesem Tag die drei Fahrbahnträger montiert und die Brücke damit weitgehend fertiggestellt.
Schon in den vergangenen Tagen waren die drei einzelnen Fahrbahnträger und zusätzliche Bauteile für die Laufstege und Geländer der Brücke mit Spezialfahrzeugen auf dem Straßenweg zum ehemaligen Kalkwerksgelände am Gleisanschluss „Zur Mühlen“ transportiert worden. Dort wurden die einzelnen Bauteile anschließend zusammenmontiert. Schließlich standen drei einbaufertige Fahrbahnträger zum Einbau auf der Brücke bereit.

In der Zeit von 9:30 Uhr bis 16:00 Uhr wurden die Fahrbahnträger als Spezialtransport mit Überbreite einzeln vom Gelände des Gleisanschlusses zur Brücke gefahren, wo schon ein 500 t-Kran der Firma Wasel aufgebaut war. Zum Anheben der Fahrbahnträger hatte man noch einen Hilfsträger angefertigt, der jeweils auf den Fahrbahnträgern fest verschraubt wurde und den Ansatzpunkt für den Kranhaken bildete. Obwohl an diesem Herbsttag ein böiger Wind herrschte, konnten die jeweils rd. 53 t schweren Fahrbahnträger nacheinander auf die Widerlager  und Pfeiler aufgesetzt werden. Die Präzisionsarbeit bei der Herstellung und Vormontage der Fahrbahnträger und das Geschick des Kranführers sorgten für eine exakte und reibungslose Durchführung der Arbeiten. Gegen 11 Uhr fand dabei auch noch eine „Pressetermin“ statt.  Mit freundlicher Unterstützung der Euregio Verkehrsschienennetz GmbH konnte der Einbau des letzten Fahrbahnträgers fotografisch begleitet werden. Deshalb kann hier eine Fotoserie zu diesem denkwürdigen Augenblick präsentiert werden:

Blick vom nördlichen Widerlager der neuen Rüsttalbrücke auf die beiden bereits montierten Fahrbahnträger (oben und unten). Die Stahlkonstruktionen waren bereits in dem ansprechenden „EVS-blau“ angeliefert worden und geben der neuen Brücke ein freundliches Erscheinungsbild.

Blick vom südlichen Widerlager der neuen Rüstbrücke auf die beiden bereits montierten Fahrbahnträger.

Vom mittleren Fahrbahnträger aus zeigte sich zur Mittagszeit beim Blick nach Norden noch die Lücke, die durch den letzten Fahrbahnträger geschlossen werden sollte.

An der Baustelle lag bereits das „Präzisionswerkzeug“ für die Befestigung der Fahrbahnträger bereit: Maulschlüssel der Größe 41 – nichts für Heimwerker…

Transport des dritten Fahrbahnträgers vom Gleisanschluss „Zur Mühlen“ bis zur Brückenbaustelle.  Mehrere hundert Meter Rückwärtsfahrt des Tiefladers mit Überbreite – nichts für schwache Nerven. Der Fahrer meisterte seine Aufgabe jedoch sehr souverän…

Der dritte Fahrbahnträger ist an der Brückenbaustelle angekommen und wird vor dem 500 t-Kran platziert.

Aufsetzen und Verschrauben des Hilfsrahmens zum Anheben und Umsetzen des Fahrbahnträgers.

Umsetzen des dritten Fahrbahnträgers vom Transporter zur Brücke mit Hilfe des 500 t-Krans der Firma Wasel (oben und unten).

Einheben des Fahrbahnträgers auf die vorgesehenen Lagerpunkte an Brückenpfeiler und Widerlager (oben und 2x unten).


Millimetergenaues Einpassen der noch vom Kran gehaltenen Fahrbahnträger in die Lager der Brückenkonstruktion (oben und unten).

Erster Eindruck von der neuen Brücke: ein zeitgemäßes und ästhetisch ansprechendes Bauwerk (oben und unten).

Die Brückenfahrbahn ist durchgehend hergestellt (oben und unten). Im Endzustand wird hier das neue Gleis im Schotterbett verlegt werden.

Wie früher beim gemauerten Rüsttalviadukt, so ergibt sich auch bei der neuen Rüsttalbrücke der schönste Fotostandpunkt vom Feldweg auf dem Plateau der sanierten Halde aus (oben und unten). Wenn sich Eisenbahnfotografen noch etwas wünschen dürften, dann sollten hier rechts und links ein paar Bäume beseitigt werden, um die Schönheit und Ästhetik der neuen Rüsttalbrücke noch besser zum Vorschein zu bringen…. (träum)

Stolz weht die Fahne des Bauunternehmens Becker aus Meppen auf der neuen Rüsttalbrücke. Zu recht – hier können alle an der Realisierung des Brückenprojektes Beteiligten mit Stolz auf ihr gelungenes Werk blicken.  Möge die neue Brücke viele Jahrzehnte lang einem prosperierenden Bahnverkehr dienen!

Wenn man bedenkt, dass der alte Rüstbachviadukt erst im März dieses Jahres gesprengt wurde und nun die neue Rüsttalbrücke schon nahezu fertig gebaut ist, dann kann man der EVS und den von ihr beauftragten Firmen, allen voran dem Bauunternehmen Becker, nur gratulieren und Respekt zollen. Gerade im Vergleich zu vielen anderen Bahnbauprojekten in der Region wurde hier herausragendes geleistet. Und die Schlussarbeiten werden sicherlich auch noch in gewohnter Praxis zügig abgeschlossen werden.
Über einen evtl. Vergleich mit dem Bau des „Skywalks“ am Stolberger Hauptbahnhof wollen wir dann gleich den Mantel des Schweigens legen…

 

Abbruch des ehemaligen Stellwerks „Saf“ in der Nacht vom 25. zum 26. April 2018

Das ehemalige Stellwerk „Saf“ des Bf. Stolberg-Altstadt wurde in der Nacht vom 25. zum 26. April 2018 vollständig abgerissen. Die EVS hatte hierzu in der Nacht zwischen 23:10 Uhr und 4:40 Uhr die Talbahnstrecke in diesem Bereich gesperrt. Die beauftragte Baufirma „Balter“ aus Losheim/Eifel hatte die Baustelle gegen 23 Uhr soweit vorbereitet, dass mit den Abbrucharbeiten begonnen werden konnte. Schon während des Abbruchs wurden die Abbruchmaterialien nach Schadstoffen und Deponieklassen getrennt und großenteils in Containern abtransportiert. Die Mauerwerksreste sollen später recycelt werden.  Bauleiter Ulrich Hoffmann und sein Team führten den Abbruch routiniert und zügig durch, so dass schon gegen 2:45 Uhr die oberirdischen Aufbauten des Stellwerks dem Erdboden gleichgemacht waren. Die nachfolgende Fotoserie zeigt die Abrissarbeiten und dürfte ohne weitere Erläuterungen den Verlauf des Stellwerksabbruchs gut dokumentieren.













Ein kleines Detail am Rande: Bauleiter Ulrich Hoffmann fand in einer Mauerwerksnische ein relativ gut erhaltenes Zeitungsblatt vom 10. Oktober 1909:

Einen besonderen Dank spreche ich an dieser Stelle dem Abbruchteam der Firma „Balter“ und den Mitarbeitern der anderen beteiligten Firmen aus, dass sie die Fotodokumentation freundlich und offen unterstützt haben. Ein weiterer Dank gilt natürlich auch dem Hinweisgeber, der dafür sorgte, dass der Chronist rechtzeitig zur Stelle war.

Abbruch des Stellwerks „Saf“ hat begonnen

Wie aus gewöhnlich gut unterrichteter Quelle zu erfahren war, soll der Abbruch des Stellwerks in der Nacht vom 25. zum 26. April 2018 stattfinden. Wer es miterleben will, sollte sich zwischen 23 Uhr und 4 Uhr Zeit nehmen…

Wer in den letzten Tagen mit aufmerksamen Augen den Bahnübergang Aachener Straße überquert hat, dem werden Veränderungen am ehemaligen Stellwerk „Saf“ aufgefallen sein. Rund um das Stellwerk wurden Bauzäune aufgebaut und an der Fassade im Obergeschoss sind bereits Teile der Eternitplattenverkleidung entfernt worden. Untrügliche Zeichen dafür, dass der Abbruch des Stellwerks nun wohl unmittelbar bevorsteht!

Mit dem Stellwerk „Saf“ wird eines der letzten historischen Eisenbahngebäude beseitigt, dass der Eisenbahnknotenpunkt Stolberg noch aufzuweisen hat. Und das Stellwerk „Saf“ zeigt noch einen relativ authentischen Zustand. Andere Eisenbahnbauten aus der Frühzeit der Eisenbahn, die man in Stolberg noch antreffen kann, wurden erheblich verändert. So ist das Bahnhofsgebäude in Breinig durch die private Nutzung  weitgehend entstellt. Und auch das Gebäude des Stolberger Hauptbahnhofs wurde letztlich von einem Bahnhofsgebäude zu einem Verwaltungsgebäude mit integrierter Leitstelle umfunktioniert. Auch wenn es auf den ersten Blick äußerlich eine historische Hülle behalten hat, so fallen beim Vergleich mit Fotos aus der „Vor-EVS-Zeit“ doch deutliche Änderungen auf, die als Kompromiss für eine zeitgemäße Nachnutzung wohl hingenommen werden mussten, aber den Wert des Denkmals doch mindern, weil es eben kein Bahnhofsgebäude mit den zeittypischen Attributen mehr ist…

Bei manchen Eisenbahnbauten kann man verstehen, dass sie aus betrieblichen Gründen zeitgemäßen Bedürfnissen weichen müssen. So liegt es beispielsweise beim Viadukt über das Rüstbachtal, der in seiner heutigen Gestalt nicht mehr zukunftsfähig ist. Aber muss man das Stellwerk „Saf“ wirklich aus zwingenden Gründen beseitigen? Eine Störung des Bahnbetriebes verursacht es nicht. Gibt es für dieses historische Gebäude keine alternative Folgenutzung? Ist eine profane Veränderung der Straßensituation nahe des Bahnübergangs wirklich wichtiger als der Erhalt des Denkmals, einem der letzten Zeugnisse einer großen Stolberger Eisenbahnvergangenheit?  In der jüngeren Zeit hat man vergeblich nach „Altstadt-Toren“ gesucht. Hier wäre eines, dass für Generationen von Stolbergern zum Stadtbild gehört hat und das mit seiner Beschriftung und etwas Umfeldgestaltung für diesen Zweck nutzbar gewesen wäre. Aber Stolberg hat leider kein Empfinden für seine Eisenbahntradition. Wo nur die Burg und die Kupferhöfe im Kopf sind, ist für Eisenbahngeschichte kein Raum. Stolberg hat auch seine Innenstadtbahnhöfe Stolberg-Mühle  (1974) und Stolberg-Hammer (1979) bedenkenlos dem Zeitgeist geopfert, selbst als man schon über die Altstadtsanierung nachdachte. Wer zum Vergleich den Eschweiler Talbahnhof betrachtet, der wird vielleicht bemerken, was man in Stolberg einfach weggeworfen hat. Weiter so….? – die Würfel sind gefallen.


Wer das Stellwerk „Saf“ noch einmal ablichten und es zumindest in der persönlichen Sammlung bildlich bewahren möchte, der sollte bald tätig werden…

Die ersten Wunden sind dem historischen Stellwerk bereits zugefügt worden.