Am 10. Juni 2016 wurde der „Ringschluss“ auf der traditionsreichen Strecke von Herzogenrath über Alsdorf bis nach Stolberg Hbf vollzogen. Nach langdauernden Bau- und Sanierungsarbeiten konnte das letzte Teilstück von Eschweiler-St. Jöris über Merzbrück nach Stolberg in Betrieb genommen werden. Damit kann ab dem 12. Juni 2016 wieder auf der gesamten Strecke von Stolberg Hbf über Alsdorf nach Herzogenrath, die volkstümlich mittlerweile „Ringbahn“ genannt wird, der Schienenpersonenverkehr aufgenommen werden. Nachdem die Deutsche Bundesbahn auf der 1870 eröffneten Strecke am 28. Dezember 1984 den Reisezugverkehr eingestellt hatte, bekommt diese eingleisige Nebenstrecke nun ein zweites Leben geschenkt und kann sich wieder zu einem wichtigen Verkehrsträger im Nordteil der Städteregion Aachen entwickeln.
643 220/720 hatte die Ehre, dieses sieben Kilometer lange Stück als Eröffnungssonderzug zu befahren. Mit der Zielanzeige „RB 20 Stolberg Hbf“ passierte er hier das Trogbauwerk im Bereich Lehmsiefen, bevor er wenig später auf dem Stolberger Hauptbahnhof eintrifft.
Nach der Ankunft trafen sich auf dem Bahnsteig an dem speziell für die Züge in Richtung Alsdorf und Herzogenrath angelegten Gleis 44 langjährige und aktuelle Wegbegleiter aus Politik und Verbänden, aus Ministerien und Wirtschaft sowie einige Berufseisenbahner und eine Gruppe von Eisenbahnfreunden aus der Region. Auf dem Bahnhofsvorplatz, vor der Betriebszentrale der EVS im Stolberger Hauptbahnhof, war eigens für diesen Anlass ein Festzeit aufgebaut worden. Auch der Bahnsteig war für die Ankunft des Eröffnungszuges geschmückt worden (oben und unten).
Dr. Tim Grüttemeier, Stolbergs Bürgermeister, beleuchtete die Schritte zum Ausbau der Euregiobahn und erinnerte an den erzwungenen Wechsel von Komplettfinanzierung auf Salami-Taktik. Er blickte aber auch in die Zukunft und den bevorstehenden Bau eines Parkhauses sowie die Aufwertung des Hauptbahnhof-Umfeldes.
Karin Paulsmeyer, Ministerialdirigentin im NRW-Verkehrsministerium, zeigte sich beeindruckt von der Erfolgsgeschichte der „Euregiobahn“ und der von der EVS geschaffenen Infrastruktur.
In der späteren Podiumsdiskussion erklärte sie, die Elektrifizierung der Euregiobahn sei im neuen ÖPNV-Bedarfsplan „indisponibel vorgesehen“. Allerdings stehe das Projekt unter einem Finanzierungsvorbehalt. Im Hinblick auf angestrebte Änderungen der Finanzverteilung für die Länder sei nun die Bundesregierung am Zuge. NRW erhofft sich davon mehr Zuschüsse, die dann auch der Euregiobahn zu Gute kommen sollen.
EVS-Geschäftsführer Thomas Fürpeil berichtete, die EVS habe seit Beginn 110 Millionen Euro in den Ausbau der Eisenbahn-Infrastruktur investiert, 80 Millionen davon stammen von der öffentlichen Hand.
Christian Hartrampf, bei der EVS als Geschäftsführer für die technische Seite zuständig, schilderte, dass allein für den „Betontrog“ im Bereich Lehmsiefen 4500 Kubikmeter Beton und 500 Tonnen Stahl verbaut werden mussten.
Das offizielle Pressefoto mit den Menschen, die jüngst zum erfolgreichen Abschluss des letzten Bauabschnittes im Besonderen und zur Erfolgsgeschichte der Euregiobahn „im Allgemeinen“ beigetragen haben.
Während im Festzelt gefeiert wurde, sonnte sich der „Eröffnungs-Triebwagen“ 643 220/720 auf Gleis 44 am geschmückten Bahnsteig (oben und unten). Mittlerweile hatten Eisenbahner die Zielanzeige in „Sonderfahrt“ umgeändert.
Natürlich lief der Alltagsbetrieb auf dem Stolberger Hauptbahnhof weiter. So konnte bspw. die Begegnung des „Sonderfahrt-Talents“ 643 220 (links) mit dem nach Düren ausfahrenden 643 212 (rechts) fotografiert werden.
Beim Ausklang der Festveranstaltung hatte man für die Abreise der Gäste drei Fahrten von Stolberg Hbf über Eschweiler-St. Jöris nach Herzogenrath vorgesehen. So verließ 643 220 den Stolberger Hauptbahnhof als erster dieser Zusatzzüge (mit dem Ziel Aachen Hbf) und wurde durch das Gespann aus 643 209 und 643 216 ersetzt, das von Gleis 44 aus das zweite Angebot für die Rückfahrt bildete.
Vor der Abfahrt ergab sich eine Begegnung von 643 209 und 643 216 mit 261 025, die den Anschluss der Firma Kerschgens bedient hatte.
Auch für Eisenbahnfreunde ergab sich die Gelegenheit, bei dieser wenig ausgelasteten Fahrt die neue Strecke erstmalig zu befahren. Beim Blick über die Schulter der Lokführers hinweg ergab sich die Möglichkeit, auch einmal die Sicht der Lokführer im Bild festzuhalten. Hier zunächst „freie Fahrt“ für den neuen Streckenabschnitt…
… die trockene Durchfahrung des Feuchtgebietes am Lehmsiefen und die aufwendige Unterquerung der Strecke Köln – Aachen …
… an der ehemaligen Abzweigung Quinx. Die Grünfläche links vom Gleis ist die Trasse der Strecke nach Würselen und Kohlscheid …
… die Passage am Flugplatz Merzbrück mit dem Bahnübergang der Bundesstraße 264. Eine elektrische Fahrleitung würde hier den Flugbetrieb beeinträchtigen, die Silos und Lagergebäude der Landwarenhandelsfirma offenbar jedoch nicht …
… und in der Gegenrichtung nochmals das Trogbauwerk an der Unterquerung der Strecke Köln – Aachen …
.. schließlich noch die Einfahrt in den Stolberger Hauptbahnhof zum Bahnsteiggleis 44.
Es hat Freude gemacht, die offizielle Inbetriebnahme des Streckenabschnittes von Eschweiler-St. Jöris nach Stolberg Hbf mitzuerleben. Eine Strecke, die für die Eisenbahn in Stolberg die Anbindung an die Städte im Nordteil der Städteregion deutlich verbessert, ist in zeitgemäßer Form wiederbelebt worden.
Der Euregioverkehrsschienennetz GmbH (EVS) gebührt Anerkennung für das geschaffene Werk und Dank für die gelungene Festveranstaltung. Möge die neue Verbindung viele Bahnkunden zum Mitfahren anregen und lebhafte Nachfrage finden!
Auch wenn es „Jammern auf hohem Niveau“ ist, sei aus Sicht des geschichtsbewussten Eisenbahnfreundes und langjährigen Eisenbahnfotografen ein kleiner Kritikpunkt angemerkt: Da erst die offizielle Inbetriebnahme des 9. Bauabschnittes auch die Nutzung der Gesamtstrecke ermöglicht und sie gleichzeitig auch erhebliche Auswirkungen auf den Gesamtbetrieb und das Fahrplangefüge der Euregiobahn hat, hätte dem offiziellen Eröffnungssonderzug ein Hinweisschild auf die Bedeutung dieses Ereignisses und ein wenig Schmuck gut zu Gesicht gestanden. Der „Lückenschluss“ auf der Ringbahnstrecke hat gewiss eine andere Bedeutung und Außenwirkung als etwa die Inbetriebnahme des Abschnittes von Alsdorf-Poststraße nach Eschweiler-St. Jöris. Bei späterer Betrachtung der Bilder von diesem denkwürdigen Tag sieht man eigentlich nur einen x-beliebigen Euregiobahn-Triebwagen.
Nachdem man schon die prächtigen Zuglaufschilder aus Blech aufgelegt hatte, wäre es doch sicher ein Leichtes gewesen, eine „Folienversion“ davon auch am Sonderzug anzubringen...