Zukunftsaussichten des Regionalverkehrs zwischen Rur, Wurm und Inde

Unter der Überschrift „Die Wiederbelebung der alten Kreisbahn“ berichtete die „Jülicher Zeitung“ vom 23. August 2019 über den gegenwärtigen Stand der Aktivitäten zur Reaktivierung der Strecke von Jülich über Kirchberg, Koslar und Ederen nach Puffendorf. Da in diesem Umfeld mehrere Kommunen und Kreise Bahn-Projekte verfolgen, soll ein Kompromiss die Chancen auf Fördergelder erhöhen.

Aus Sicht der Region Düren/Jülich ist es weiterhin fraglich, ob das Projekt der Wiederbelebung der ehemaligen Jülicher Kreisbahn , mit dem der Dürener Landrat Wolfgang Spelthahn (CDU) und die Bürgermeister von Linnich, Jülich und Aldenhoven Anfang 2019 an die Öffentlichkeit gegangen waren, überhaupt umgesetzt werden kann.
Wie dem Pressebericht zu entnehmen ist, soll die einstige Kreisbahnstrecke aber immer noch als Eisenbahninfrastruktur gewidmet sein. Deshalb müsse kein neues Planfeststellungsverfahren (Baurecht) geschaffen werden und die historische Trasse soll weiterhin nutzbar sein. Zudem bestehen offenbar gute Aussichten, dass das Projekt mit Fördergeldern des Bundes für den Strukturwandel im rheinischen  Braunkohlerevier finanziert werden kann. Um solche Fördermittel abgreifen zu können, wurde das Projekt als „Braintrain“ betitelt, einem Zug, der wissenschaftliche Einrichtungen wie bspw. die Forschungseinrichtungen in Jülich und das ATC in Siersdorf  mit der RWTH Aachen umweltfreundlich und klimaschonend verbinden soll.

Es ist jedoch absehbar, dass die Fördermittel des Bundes für den Strukturwandel im rheinischen Braunkohlerrevier nicht für jedes Schienenverkehrswegeprojekt zur Verfügung gestellt werden können. Und neben dem Jülicher Projekt gibt es konkurrierende Projekte der Städteregion Aachen. Die Stadt Aachen, die Städteregion Aachen und insbesondere die Stadt Baesweiler haben eigene Schienen-Pläne wie die „Regio-Tram“ und die Erweiterung der „Euregiobahn“ von Alsdorf nach Baesweiler. Um sich nicht gegenseitig um den Erfolg zu bringen, sondern gemeinsam zu den Zielen zu kommen, haben sich die genannten Akteure jüngst dazu verpflichtet, eine gemeinsame Lösung zu finden. Die Beteiligten Kreise Aachen (Städte Region) und Düren haben nunmehr den „Zweckverband Nahverkehr Rheinland“ (NVR) gebeten, die unterschiedlichen Projekte zu harmonisieren und ein Kompromiss-Konzept für alle zu entwerfen, um sich größere Chancen auf Fördergelder zu verschaffen. Im Ergebnis könnte dabei dann bspw. auch eine Direktverbindung von Jülich nach Aachen („Braintrain“) entstehen. Ob diese Marketing-Ideen die Fördermittelgeber überzeugen können, bleibt indes noch abzuwarten.

Aktuell sollen die normalspurigen regionalen Schienenwegeprojekte laut dem Pressebericht wie folgt beurteilt werden:

Bördebahn:
Die Reaktivierung der Strecke Düren – Zülpich – Euskirchen ist grundsätzlich bereits entschieden. Fraglich ist nur noch, wann der Vollbetrieb beginnt.

Nördlicher Lückenschluss der Rurtalbahn:
Es ist noch nicht abschließend geklärt, wie der Lückenschluss der Rurtalbahn von Linnich an die Bahnstrecke Aachen-Düsseldorf ausgeführt wird. Neben Fragen der Trassenführung an einzelnen Punkten ist vor allem die Konzeption der Einfädelung in den Bf. Baal noch eine Kostenfrage.

Reaktivierung der Strecke Mariagrube – Siersdorf:
Hier ist einerseits nur noch fraglich, wann der Vollbetrieb beginnt. Andererseits ist die Fortsetzung jenseits von Siersdorf konzeptionell noch offen. Sucht man von Siersdorf nur die Verlängerung nach Baesweiler oder nur die Verlängerung in Richtung Jülich? Oder kann beides parallel realisiert werden? Darüberhinaus wird auch erwogen, das neue Gewerbegebiet, das in Übach-Palenberg entstanden ist, an den regionalen Schienenpersonenverkehr anzubinden. Die Visionen dazu reichen von einer von Baesweiler ausgehenden einfachen Streckenverlängerung bis hin zu Schleifen und Lückenschlüssen, die zum Bf. Übach-Palenberg oder der Ringbahnstrecke im Bereich von Merkstein abzielen.
Diese Entscheidungen hängen hauptsächlich davon ab, ob ein Kompromiss gefunden wird, der auch aus einer größeren Perspektive betrachtet einen Mehrwert ergibt.

Reaktivierung der Jülicher Kreisbahn:
Auch hier wird eine Realisierung nur möglich sein, wenn ein Kompromiss gefunden wird, der auch aus einer größeren Perspektive betrachtet einen Mehrwert ergibt, also ob das Projekt „Braintrain“ überzeugen kann. Die Wiederbeleben der alten „Jülicher Kreisbahn“ ist nur als zusätzliche Infrastruktur, die den Strukturwandel erleichtert, denkbar. Dabei wäre eine kurze Neubautrasse zwischen Ederen und Siersdorf erforderlich, während eine bloße Reaktivierung des Schienenweges nach Puffendorf aussichtslos bleiben dürfte.

Reaktivierung der Strecke Stolberg-Altstadt – Breinig:
In einem anderen Pressebericht in den Stolberger Lokalausgaben vom 23. August 2019 („Merzbrück macht Euregiobahn den Weg frei“) berichten die regionalen Tageszeitungen, dass der Regionalbahnverkehr auf der Strecke Stolberg-Altstadt – Breinig nun wohl erst im Herbst 2020 aufgenommen werden wird. Die Fertigstellung der neuen Brücke über das Rüstbachtal in Stolberg-Binsfeldhammer wird für November 2019 erwartet. Anschließend müssen noch umfangreiche Umbauarbeiten im Bahnhof Stolberg-Altstadt am dortigen Euregiobahn-Haltepunkt stattfinden. Für einen fahrplanmäßigen Regelbetrieb muss dort der Bahnsteig deutlich verlängert werden und eine Reihe von Einzelmaßnahmen am Gleisplan realisiert werden. Dies soll erst im Jahr 2020 in Angriff genommen werden können. Zusätzlich wird der ehemalige Breiniger Bahnhof zu einem standardisierten Haltepunkt mit einem zeitgemäßen barrierefreien Bahnsteig ausgebaut. Ferner gibt es bereits einen Einplanungsbescheid des NVR für den Bau einer neuen P+R-Anlage in Breinig mit rund 30 Stellplätzen. Bemerkenswerterweise spricht man hier offiziell nur noch von einer „Befahrbarmachung“, weil man zunächst noch die heutigen Gleise auf der Trasse belassen will und erst zu einem späteren Zeitpunkt (d.h. im laufenden Betrieb und mit einer entsprechenden Sperrzeit) die Gleise und Schwellen grundsanieren will. Ob der Streckenabschnitt zeitnah elektrifiziert werden wird, ist offenbar noch ungeklärt.
Ob es in der Zeit zwischen Dezember 2019 und Herbst 2020 zu einem Pendelverkehr zwischen Breinig und Stolberg-Altstadt kommen kann, wird derweil zwar sondiert, ist aber keinesfalls gesichert.

 

Vor 15 Jahren – eine besondere Sonderfahrt

Sonderfahrten sind für viele Eisenbahnfreunde eine willkommene Abwechslung vom Alltagsbetrieb. Gerade wegen der außergewöhnlichen Lokomotiven, Wagenparks wie dem „Rheingold“oder auch wegen der befahrenen Strecken bleiben Sonderfahrten oftmals lange in Erinnerung. Aber es gibt gelegentlich Fahrten, die aus dem Sonderzugangebot herausragen, weil sie mehr als nur eine gewisse Einzigartigkeit haben. Das Mönchengladbacher Reisebüro W. Küffner hatte am 03. Juli 2004 zu zwei Sonderfahrten mit dem Schiene-Straße-Bus von Mönchengladbach zum Siemens-Prüfcenter in Wegberg-Wildenrath eingeladen. Eine kompakte Information zu dem außergewöhnlichen Fahrzeug gibt es bei wikipedia.

Es glich damals einer kleinen Sensation, dass der vom DGEG-Museum in Bochum-Dahlhausen erhaltene Schiene-Straße-Bus überhaupt noch einmal betriebsfähig hergerichtet und sowohl für den Schienen- als auch für den Straßenverkehr zugelassen werden konnte. Und es gab auch Personal, dass sich mit dem ausgesprochen seltenen Oldtimer auskannte und berechtigt war, mit ihm sowohl auf der Straße als auch auf der Schiene fahren zu dürfen. Wer weiß, wann sich noch einmal ein Zeitfenster öffnet, um eine solche Attraktion in der Region zu erleben…?

Am 03. Juli 2004 bot der an der Strecke von Rheydt nach Dalheim gelegene Hp. Mönchengladbach-Genhausen das Flair der Bundesbahnzeit und ermöglichte Fotos in einer authentischen Umgebung (oben und unten).

Auf der Anschlussbahn zum Siemens-Prüfcenter Wildenrath gab es bei Klinkum eine passende Stelle, um die Vorbeifahrt des „Schi-Stra-Busses“mit seinen sog. „Spurwagen“ (= Eisenbahn-Hilfsfahrwerken) im besten Sonnenlicht und in ländlicher Nebenbahnidylle ins Bild zu setzen (oben und 2 x unten).


Mit etwas Ortskenntnis und ein bißchen Glück gab es nahe der Einfahrt in das Gelände des Siemens-Prüfcenters eine weitere Gelegenheit, den „Zweiwegebus“ auf Gleisen zu fotografieren (oben und unten).

Auf dem Gelände des Prüfcenters wurde der Schi-Stra-Bus nach seiner Ankunft vorübergehend in prominenter Umgebung zwischengeparkt.

Später wurde die Reisegruppe auf der Straße von Wildenrath nach Mönchengladbach zurückgefahren und eine zweite Reisegruppe zunächst als „Bahnbus-Fahrt“ nach Wildenrath befördert (oben und unten).

Als der Schi-Stra-Bus anschließend auf einem Parkplatz außerhalb des Prüfcenters zwischengeparkt wurde, bestand reichlich Gelegenheit, das außergewöhnliche Fahrzeug näher zu inspizieren…

Der Schi-Stra-Bus ist ein gelungenes Beispiel für die Formensprache der frühen 50er Jahre…

Am Kühlergrill befindet sich ein Firmenzeichen des Herstellers, der Firma „Nordwestdeutscher Fahrzeugbau“ aus Wilhelmshaven, das auch den Auftraggeber, die Deutsche Bundesbahn, mit einbezieht.

Blick auf die Frontpartie des Busses mit der Vorrichtung zum Anheben, wenn der vordere Spurwagen unter das Fahrzeug gerollt wird.

An der Heckpartie des Schi-Stra-Busses fällt vor allem auch die geringere Spurbreite der Hinterachse bzw. der Hinterreifen auf.

Vor der Rückfahrt von Wildenrath nach Mönchengladbach hatten die Fahrtteilnehmer Gelegenheit, auf dem Gelände des Siemens-Prüfcenters das „Aufbocken“ des Schi-Stra-Busses und das Einschieben der Spurwagen zu studieren und zu fotografieren (oben und unten).

Nach dem Aufsetzen auf die Spurwagen gab es eine Bremsprobe und einen Technik-Check, bevor die Rückfahrt angetreten wurde (oben und unten).

Auf der Rückfahrt wurde der merkwürdige Bus auf der Anschlussbahn des Prüfcenters bei Klinkum noch einmal als Schienenfahrzeug auf einem Bahnübergang  fotografiert. Danach nutzte der Schi-Stra-Bus seinen Systemvorteil und sauste soo schnell nach Mönchengladbach, dass eine Autoverfolgung zwecklos blieb.