Stolberg – Bonn via Bördebahn

Manchmal tut es gut, den gewohnten Alltagstrott aufzubrechen und  spontan für etwas Abwechslung zu sorgen. Warum also nicht einmal einen anderen Weg zur Arbeitsstelle wählen. Auch wenn das vielleicht mehr Zeit erfordert und unvernünftig erscheint. Wie oft bin ich morgens um 6:00  Uhr zur Fahrt nach Bonn in den RE 1 nach Köln (und Hamm) eingestiegen und habe beim Zwischenhalt in Düren auf dem Nachbargleis den Triebwagen der Rurtalbahn gesehen, der zur Fahrt über Vettweiß und Zülpich nach Euskirchen bereitstand. Ältere Menschen erinnern sich noch an eine durchgehende Eilzugverbindung von Aachen über Düren und Euskirchen nach Bonn. Auch wenn man im Jahre 2020 keine durchgehende Verbindung mehr hat, so könnte man mittlerweile immerhin wieder mit Regionalbahnen diesen Schienenweg nutzen. Gegenüber der Fahrt auf elektrifizierten Hauptstrecken und mit Regionalexpresszügen dauert die Bördebahn-Variante rund eine Stunde länger. Wer ohnehin schon die lange Strecke zwischen Stolberg und Bonn zurücklegen muss, hat keine Zeit für solche „Traumreisen“. Eigentlich. Aber dennoch keimt immer wieder die Idee auf, irgendwann müsste man das doch einmal machen…..

Am 29. Juli 2020 geschah es. Um 6:00 Uhr von Stolberg Hbf mit dem RE 1 bis Düren (Ankunft 6:16 Uhr). Am Bahnsteig gegenüber den um 6:20 Uhr abfahrenden „Börde-Express“ besteigen und bis zur Ankunft um 7:11 Uhr in Euskirchen moderne „Nebenbahnromantik“ erleben. Da die S-Bahn nach Bonn fünf Minuten vor dem Eintreffen der Regionalbahn aus Düren – also „vor der Nase“ –  weggefahren ist, muss in Euskirchen bis zum nächsten Anschluss mit der S 23 um 7:36 Uhr gewartet werden. Letztlich kommt man dann nach 2 Stunden und 19 Minuten um 8:19 Uhr auf dem Bonner Hauptbahnhof an.
Für die Rückfahrt bietet sich ein ähnliches Bild. Wer erst um 18:25 Uhr von Bonn Hbf startet, kann in rekordverdächtigen 2 Stunden und 7 Minuten wieder auf dem Stolberger Hauptbahnhof eintreffen.

Dürener Bahnhofsatmosphäre morgens gegen 6:16 Uhr: VT 746 der Rurtalbahn steht als RB 28 auf Gleis 4 zur Abfahrt nach Euskirchen bereit. Rund ein Dutzend Menschen sitzen im Triebwagen. Im Hintergrund sind die Euregiobahn nach Aachen und die Regionalbahn nach Untermaubach zu sehen.

Bei der Abfahrt aus Düren gibt es eine Parallelausfahrt mit der Rurtalbahn nach Jülich und Linnich. Im Licht der aufgehenden Sonne gelingt aus dem Börde-Express heraus bereits ein Foto.

Zwischen Binsfeld und Rommelsheim verleiht die aufgehende Sonne dem kleinen VT 746 einen riesigen Schattenriss. Am Horizont ist die „Skyline“ von Düren mit den Punkthäusern und dem Fordwerk zu erkennen.

Die Türme der markanten Kirche von Jakobwüllesheim leuchten bereits im goldgelben Licht der tiefstehenden Sonne.

Blickfang in Vettweiß-Kettenheim – vielleicht bringen es die Kettenheimer tatsächlich einmal zu einem eigenen Haltepunkt….

Zwischen Vettweiß und Zülpich wurde die Tierwelt beim Frühstück im Rübenfeld aufgeschreckt.

Morgenstimmung in der Zülpicher Börde – Impressionen aus dem Zugfenster zwischen Vettweiß und Zülpich.

Beim Gewerbegebiet Geich wechselt das Bild der Landschaft. Jetzt prägen historische und moderne Industriebauten den Blick aus dem Zugfenster, und auch die Silhouette der Stadt Zülpich kommt in Sicht.

Im Gleisanschluss der Papierfabrik „Kappa“ wartet die V 158 von Rurtalbahn Cargo auf die Vorbeifahrt des Börde-Expresses, um anschließend ihre Rangierarbeiten fortsetzen zu können.

Zwischenhalt am Bf. Zülpich – kurzer Blick aus der Türe des VT 746. Wo haben sich die Bahnkunden versteckt….?

Zwischen Nemmenich und Dürscheven wird es wieder ländlich. Die Landwirte waren fleißig und haben schon geerntet. Ob dieses Jahr wohl noch eine zweite Ernte möglich ist?

Der urige Schrankenposten in Elsig ist verwaist. Der Bahnübergang wird von einem mitfahrenden Eisenbahner mit einer Kelle manuell gesichtert. Nach wenigen Metern Fahrt gibt es einen zweiten beschrankten Bahnübergang an einem unbefestigten Feldweg, der ebenfalls erst nach Postensicherung überquert werden darf.

Ziel pünktlich erreicht – der VT 746 hat seine Fahrgäste zuverlässig befördert und wird nach wenigen Minuten Wendezeit wieder nach Düren zurückfahren. Der Lokführer hat die Zielanzeige bereits umgestellt (oben und unten).

Bei der Ausfahrt aus dem Bf. Euskirchen begegnet der VT 746 dem Vareo-Triebwagen 620 026.

Blick vom Bahnsteig am Gleis 1 des Bf. Euskirchen auf die Eifelstrecke in Richtung Kall mit einem einfahrenden Triebwagen.

Auf dem Bf. Euskirchen kann man auch 2020 noch Talent-Triebwagen sichten. Das Foto zeigt die Begegnung von  644 032 als RB nach Bad Münstereifel und 622 004 als S 23 nach Bonn Hbf.

Nach der Ankunft in Bonn Hbf gab es diese Begegnung von 622 004 und 460 015. Welcher von beiden ist hässlicher?

Nach einem kurzen Arbeitstag sollte die Rückfahrt bereits um 16:10 Uhr in Bonn Hbf beginnen. Durch einen Zufall konnte aber noch ein früherer Zug erreicht werden, der einen Zwischenstopp im Bf. Alfter-Witterschlick ermöglichte.

Bahnsteigszene in Bonn-Duisdorf. Der ehemals stattliche Bahnhof ist zwar zu einem bescheidenen S-Bahn-Haltepunkt zurückgebaut worden. Dafür gibt es hier aber einen kleinen Busbahnhof mit guten Anschlüssen an den Bonner Stadtverkehr und reichlich Fahrgastaufkommen.

620 004 beim Zwischenhalt in Alfter-Witterschlick (oben). Das mustergültig erhaltene Bahnhofsgebäude beherbergt ein Stellwerksmuseum (unten). Und im ehemaligen Güterschuppen ist ein Trauzimmer mit stilvollem Ambiente eingerichtet. Hier kann man sogar mit dem Zug zur Trauung anreisen…

Auf der S-Bahn-Linie Euskirchen – Bonn sind sechsteilige Zugverbände keine Seltenheit. Hier passiert 620 529 an der Spitze eines S 23-Zuges den Bahnübergang am Bf. Witterschlick in Richtung Bonn Hbf.

Gegen 17 Uhr wartete der Talent-Triebwagen 644 048 auf dem Bf. Euskirchen auf neue Einsätze. Man beachte die Beschriftung als RE 22 nach Trier.

Die Bördebahn nach Düren hatte den Bf. Euskirchen pünktlich um 17:16 Uhr verlassen. Kurz danach wurde aus dem VT 746 der Rurtalbahn heraus die Ausfädelung der Strecke nach Zülpich und Düren fotografiert.

Kurz vor Elsig konnte man beim Blick über die Schulter des Lokführers einen Blick auf die Strecke werfen. Im Hintergrund zeigt sich die bekannte  Elsiger Pfarrkirche „Kreuzauffindung“ .

Blick auf den Schrankenposten in Elsig – diesmal aus der Gegenrichtung.

Zwischenhalt des VT 746 der Rurtalbahn auf dem Bf. Zülpich um 17:34 Uhr. Zu dieser Fahrzeit stiegen hier mehrere Fahrgäste aus und ein.

Das Anschlussgleis zum Gewerbegebiet Geich wird derzeit zum Abstellen von leeren Waggons genutzt.

Auch wenn die Zugfahrt am 29. Juli 2020 länger dauerte als der gewöhnliche Weg zur Arbeitsstelle, so ist positiv anzumerken, dass alle Fahrten pünktlich verliefen und alle Anschlusszüge erreicht wurden. Rund um den Kölner Hauptbahnhof und auch auf der Strecke zwischen Köln Hbf und Bonn Hbf ist das längst keine Selbstverständlichkeit. Wenn die Bördebahn ausgebaut ist und in Euskirchen ein schneller Anschluss an die S 23 nach Bonn angeboten werden könnte, dann wäre die Bördebahn durchaus eine Alternative für die Verbindung aus der Region Aachen nach Bonn und umgekehrt. Und auch für die Menschen aus den Orten entlang der Bördebahn bietet der Regionalbahnverkehr neue Perspektiven.
Wünschen wir der Bördebahn stetiges Wachstum und eine gute aufwärtsstrebende Entwicklung.