Wer als Berufspendler zwischen Stolberg und Köln unterwegs ist, der wird „seine“ Strecke kennen wie seine Westentasche. Wenn man während der Zugfahrt kurz einnickt und wieder wach wird, weiß man beim Blick aus dem Fenster sogleich, wo sich der Zug gerade befindet. Gleichgültig ob man in Fahrtrichtung rechts oder links sitzt oder ob man in Fahrtrichtung oder gegen die Fahrtrichtung sitzt – man ist einfach streckenkundig. Beim täglichen immer gleichen Anblick der Bahnhöfe und der Umgebung entlang der Strecke verblasst jedoch gerne die Erinnerung, wie es früher einmal war und wie stark sich die Bahnstrecke und der Bahnbetrieb verändert haben. Blicken wir einmal zurück in das Jahr 1982. Vor 35 Jahren waren noch Waggons im Einsatz, bei denen man die Fenster öffnen konnte und die gute Möglichkeiten boten, am geöffneten Fenster stehend aus dem fahrenden Zug heraus die Bahnstrecke fotografisch zu dokumentieren.
Damals hatte ich noch keine Kamera mit „Winder“, zwischen den einzelnen Fotos musste man die Kamera vom Auge absetzen, den Filmtransporthebel bedienen und das Motiv wieder neu fokussieren. Manche Fotos aus dieser Zeit sind deshalb in der Hektik vielleicht etwas verkantet – aber das nicht mehr wiederholbare Motiv rechtfertigt es, diese Fotos dennoch in ihrem ursprünglichen Zustand zu belassen.
Das Bild des Kölner Hauptbahnhof war 1982 einerseits noch geprägt von den Gepäckkarren des Expressgut- und Reisegepäckdienstes. Eines der Markenzeichen des Intercity-Verkehrs war demgegenüber gerade das Fehlen des Ladegeschäftes am seinerzeit im Fernverkehr noch obligatorischen Packwagen (von IC-Kuriergut, das durch ein Zugfenster ausgetauscht wurde, abgesehen). Man achte auch einmal darauf, wie aufgeräumt und frei nutzbar die Bahnsteige noch sind.
211 083 im Gleisvorfeld des Kölner Hauptbahnhofs. Im „Kölner Dieselnetz“ wurden die Züge überwiegend mit bewährten Loks der BR 211, 212 und 215 und alltagstauglichen Umbauwagen oder Silberlingen gebildet.
Im Rangierdienst ist die „V 60“ in Köln Bbf bis heute ein unverzichtbares Arbeitsgerät geblieben. Mittlerweile gehört diese Baureihe zu den ältesten Fahrzeugtypen der DB-AG.
Wegen des dichten Verkehrs rund um Köln Hbf wurden dort schon in den frühen 50er Jahren Lichtsignale aufgestellt, die teilweise auch – wie hier noch an dem Signalausleger zu sehen – in Sonderbauformen ausgeführt waren.
Köln-Ehrenfeld war 1982 noch ein stark industriell geprägter Stadtteil – mit vielen vom Güterverkehr geprägten Gleisanlagen. In Köln-Ehrenfeld konnte man eine große Güterabfertigung, Laderampen und Ladestraßen mit diversen Kränen beobachten. Im Kölner Stadtgebiet und ins nahe Umland wurden viele Übergabefahrten mit Dieselloks gefahren.
Wo sich in Köln-Ehrenfeld heute eine riesige Brachfläche erstreckt, war 1982 noch ein belebter Güterbahnhof vorhanden (oben und unten).
Neben der Köln-Bonner-Eisenbahn und der Kölner Hafenbahn gehörte auch die Köln-Frechen-Benzelrather-Eisenbahn (KFBE) zu den Nichtbundeseigenen Eisenbahnen, die neben der Deutschen Bundesbahn den Güterverkehr prägten. Passend für ein Bahnunternehmen aus der Region war die V 76 der KFBE eine Lok aus der Fertigung von Klöckner-Humboldt-Deutz (oben und unten).
Noch ein Blick zurück auf die großflächigen Gleisanlagen in Köln-Ehrenfeld.
Auch der Bahnhof Horrem als Verkehrsknoten des Erftkreises verfügte über großflächige Gleisanlagen für den Güterverkehr. Wer hätte 1982 gedacht, dass dieses Areal 35 Jahre später zu einem großen Parkplatz mutiert ist (oben und unten). Im Hintergrund sind die seinerzeit für die Bahnhöfe Horrem und Quadrath-Ichendorf typischen Waggons für den Transport von Quarzsand zu sehen.
Die Ostseite des Bf. Horrem im Zustand von 1982. Heute ist hier alles verändert.
Blick aus dem Zugfenster hinüber zum Bahnsteig, wo die Züge von Horrem nach Bedburg abfuhren. Eine ähnliche, aber auf ein einziges Gleis zurückgebaute Situation gibt es auch heute noch. Der ebenerdige Verbindungsweg für die Gepäckkarren, der in Begleitung von Bahnmitarbeitern auch als behindertengerechter Zugang genutzt werden konnte, ist heute jedoch ebenso verschwunden wie die elektrische Fahrleitung, die einstmals bis Quadrath-Ichendorf vorhanden war (oben und unten).
Der Bf. Düren bot 1982 noch Verbindungen nach Düsseldorf, Euskirchen, Jülich und Heimbach. Wo sich heute eine Brachfläche mit Wildwuchs erstreckt, befanden sich gepflegte Bahnsteige. Mit den Akkumulatortriebwagen war bei der Deutschen Bundesbahn auch auf den nichtelektrifizierten Strecken eine bewährte und bahntaugliche Form von „Elektromobilität“ eine alltägliche Selbstverständlichkeit (oben und unten).
Auch das war typischer Nebenbahnbetrieb bei der Deutschen Bundesbahn des Jahres 1982: während der Zug aus Köln gerade in Düren einfährt, verlässt der Zug nach Bedburg und Düsseldorf schon den Bahnhof. Solche nicht aufeinander abgestimmten Anschlüsse wurden gerne genutzt, um die vermeintlich unrentablen Nebenstrecken unattraktiv zu machen. Welches Potenzial gerade in den von Düren ausgehenden Nebenstrecken steckte, hat die Dürener Kreisbahn bzw. die Rurtalbahn zwischenzeitlich deutlich gemacht.
Die westliche Ausfahrt des Bahnhofs Langerwehe im Zustand von 1982. Der Bildausschnitt lässt erkennen, dass der Zug hier auf Ersatzsignal gefahren ist (oben und unten).
Beim Halt in Eschweiler Hbf ergab sich aus dem Zug heraus dieser Blick zum Gleisanschluss der Fa. Neuman und die dortige Werklok. Hinter dem Gleis 4 befanden sich 1982 noch drei weitere Gleise auf dem Bahnhofsgelände.
Stolberg Hbf ist erreicht. Das Stellwerk „Sr“ ist heute noch vorhanden, allerdings nur noch als Gebäudehülle. Von den einstmals rd. 60 km Gleisanlagen in Stolberg Hbf betrachtete die Deutsche Bahn AG lediglich die beiden Durchfahrtgleise und ein Ausweichgleis für sich als betriebsnotwendig. Alle anderen Gleisanlagen – soweit noch vorhanden – gehören heute zum Bestand des Infrastrukturunternehmens „Euregio Verkehrsschienennetz GmbH“, das sein Netz von einem zentralen elektronischen Stellwerk aus steuert.
Stolberg Hbf ist auch 2017 noch einer der großen Bahnhöfe in der Region. Gegenüber den Bahnhöfen in Köln-Ehrenfeld, Horrem oder Düren hat sich in Stolberg noch ein relativ umfangreicher Güterverkehr erhalten. In 2016 wurden an verschiedenen Tagen noch 45 bis 50 Waggons vom Knotenbahnhof Stolberg Hbf an den zuständigen Rangierbahnhof in Köln übergeben. Und auch die Loks der BR 140 konnten vor zwei oder drei Jahren in Stolberg Hbf noch angetroffen werden.
Blickt man heute auf die Strecke Köln – Aachen und vergleicht die Motive von 1982 mit der heutigen Situation, so stellt man fest, dass sich durch den Bau der S-Bahn von Köln nach Düren und die Einführung des Taktverkehrs und der Doppelstockwagenparks gravierende Verbesserungen vor allem bei dem aus öffentlichen Mitteln finanzierten Regionalverkehr ergeben haben.