Bf. Stolberg-Velau (Rheinische Eisenbahn / von 1867 bis 1881)

Der schon 1841 von der Rheinischen Eisenbahn (RhB) für die Stadt Stolberg angelegte Bahnhof an der Eisenbahnstrecke von Köln nach Aachen zeigte von Anfang an ein erfreuliches Wachstum. Wegen des enorm anwachsenden Güterverkehrs mussten die Gleisanlagen am Stolberger Bahnhof stetig ausgebaut werden. Zwischen 1852 und 1854 erhielt der Bahnhof bereits einen ersten, noch kleinen aber massiven Güterschuppen. Schon 1855 verfügte der Stolberger Bahnhof (ohne die beiden Hauptgleise!) über Gleisanlagen von rd. 1.160 m Länge sowie 10 Weichen und 2 Wagendrehscheiben. Bereits zwei Jahre später fand die nächste Erweiterung statt, bei der zwei weitere Wagendrehscheiben, rd. 500 m weiteres Gleis und eine Seiten-Verladerampe angelegt wurden. 1867 folgte der Bau des ersten, rd. 1,39 km langen Anschlusssgleises vom Stolberger Bahnhof zum Schnorrenfeld, wo eine neue Glashütte errichtet wurde.

Um 1867 eröffnete die Rheinische Eisenbahn deshalb als Ausweichmöglichkeit zur Bewältigung des enormen Güterverkehrs östlich des Stolberger Bahnhofs einen neuen Verschiebebahnhof. Zur Abgrenzung von der bestehenden Station Stolberg erhält der neue Bahnhof den Namen „Stolberg-Velau“.

Der Bahnhof Stolberg-Velau der Rheinischen Eisenbahn bestand u.a. aus einem Ablaufberg mit einem ausgedehnten Gleisfeld und Aufenthaltsgebäuden für Rangier- und Zugpersonal. Die Rheinische Eisenbahn ergänzte ihren Bahnhof Stolberg-Velau um ein Betriebswerk mit einem anfangs vierständigen Ringlokschuppen und einer Drehscheibe mit einer zeittypischen, für die Bedürfnisse der noch relativ kleinen Loks ausgelegten kurzen Drehscheibe. Der von der Rheinischen Eisenbahn angelegte Bahnhof Stolberg-Velau befand sich ungefähr auf dem Gebiet des späteren Bezirks IV des Stolberger Hauptbahnhofs.

Der von der Rheinischen Eisenbahn angelegte Bahnhof Stolberg-Velau diente nur dem innerbetrieblichen Eisenbahnverkehr der Rheinischen Eisenbahn und hat keine Anlagen für die Personenbeförderung.

Am Rand dieses Bahnhofs verlief jedoch eine dem Verlauf der Inde folgende Straße von Eschweiler-Aue in Richtung Atsch und zur Station Stolberg. Da sich der Bahnhof Stolberg-Velau sehr nahe bei der Schwerindustrie befand, die sich im Indetal in Eschweiler-Aue niedergelassen hatte, ist nicht auszuschließen,  dass hier möglicherweise eine Güterabfertigung bestanden haben könnte, um die Station Stolberg im Güterverkehr zu entlasten bzw. der Industrie einen nähergelegenen Verladeort anzubieten.

Als die Bergisch-Märkische Eisenbahn (BME) im Jahre 1873 ihre von Rheydt über Jülich nach Eschweiler führende Eisenbahnstrecke erbaute, wurde aus Gründen des Konkurrenzschutzes keine Bahnverbindung zwischen dem Bahnhof Eschweiler-Aue der BME und dem Bahnhof Stolberg-Velau der RhB geschaffen. Ebenso unterblieb der Bau einer Gleisverbindung zwischen Eschweiler-Aue und dem ersten Stolberger Bahnhof der Rheinischen Eisenbahn.

Im Zuge der Projektierung der bergisch-märkischen Strecke von Jülich nach Eschweiler-Aue wurde auch diese Varianten der Trassenführung beim Indeviadukt der Rheinischen Eisenbahn in einer Zeichnung festgehalten (oben). Wesentlich interessanter sind die in dieser Bauzeichnung eingezeichneten Pferdebahnen (unten). Waren das nur kurze Pferdebahnen für den internen Verkehr zwischen den Industriebetrieben im Indetal in Eschweiler-Aue oder handelt es sich um Teile der Pferdebahn von Mariadorf über Stolberg nach Eschweiler? Bot die Pferdebahn der Industrie im Indetal evtl. gar eine Transportmöglichkeit zum Stolberger Bahnhof der Rheinischen Eisenbahn oder neu geschaffenen Bahnhof Stolberg-Velau? – ungeklärte Fragen…

In diesem Zusammenhang darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Bergisch-Märkische Eisenbahn mit einer dem Lauf der Inde folgenden Fortsetzung der Eisenbahnlinie durchaus auch die Möglichkeit gehabt hätte, Teile der Stolberger Industrie (bspw. im Bereich der Atsch oder die Zinkhütte in Münsterbusch) an die Eisenbahn anzuschließen. Dort hatte man sich gewiss einen Eisenbahnanschluss ersehnt. Als der preußische Staat der Rheinischen Eisenbahn im Jahre 1867 die Konzession für den Bau einer Eisenbahnstrecke durch das Stolberger Tal (dem Lauf des  „Vichtbaches“ folgend) erteilte, wurden die Interessen der Bergisch-Märkischen Eisenbahn schon dort berücksichtigt, indem die Rheinische Eisenbahn in der Konzession verpflichtet wurde, beim Bau der Gleistrasse ein zusätzliches Gleis für die BME zu berücksichtigen bzw. eine zweigleisige Trasse vorzusehen.

Die Konzession der Rheinischen Eisenbahn für die Stolberger Talbahn (oben) nebst dem Statutennachtrag mit der „Konkurrentenklausel“ (unten)

Aber in ähnlicher Weise hätte auch die Bergisch-Märkische Eisenbahn ihrer Konkurrentin, der Rheinischen Eisenbahn, eine Mitbenutzung einer Trasse durch das Indetal einräumen müssen, wenn die BME diese errichtet hätte. Wegen der Konkurrenzsituation und zur Vermeidung eines Streits unterließen es beide Gesellschaften dann aber zu Lasten der Stolberger Industrie, diese dringend benötigten Eisenbahnstrecken zu bauen.

Diese Konkurrenzsituation wurde erst mit der Verstaatlichung der Rheinischen Eisenbahn (zum 01. Januar 1880) und der Bergisch-Märkischen Eisenbahn (zum 01. Januar 1882) durch den preußischen Staat aufgelöst. Unter der Regie der königlich preußischen Eisenbahnverwaltung (KPEV) ließ der preußische Staat die Lücke im Schienennetz zwischen Eschweiler-Aue und dem Bahnhof Stolberg-Velau bzw. der Strecke Köln – Aachen im Jahre 1881 schließen.

Der von der Rheinischen Eisenbahn angelegte Bahnhof Stolberg-Velau ging in den Bezirken III und IV des von der preußischen Staatsbahn geschaffenen neuen Zentralbahnhofs (Bf. Stolberg Rheinisch bzw. Stolberg Hbf) auf.

 

 

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