2.1 Planungen für eine Strecke zwischen Stolberg-Hammer und Raeren

Schon bei den frühen Planungen der 1841 erbauten Eisenbahnverbindung von Köln nach Belgien wurde eine dem Indetal folgende Trassenführung von Stolberg über Kornelimünster in Richtung Eupen erwogen. Als diese Streckenvariante zu Gunsten einer Linienführung über Aachen verworfen wurde, dauerte es rund 30 Jahre, bis erneut Pläne zum Bau einer Eisenbahn in diese Gegend geschmiedet wurden. Im Jahre 1870 genehmigte der preußische Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten der belgischen Bahngesellschaft Phillipart aus Brüssel Vorarbeiten für eine Bahnlinie von St. Vith über Monschau nach Roetgen und von dort über Eupen nach Aachen und nach Stolberg. Die Realisierung dieses Vorhabens scheiterte jedoch wegen des deutsch-französischen Krieges von 1870/71.

Schon am 7. März 1873 gründete sich in Aachen ein von den Kreisen Monschau und Malmedy sowie den Städten Eupen und Stolberg getragenes „Central-Eisenbahn-Comité“, das eine Denkschrift zur Begründung der Notwendigkeit und Rentabilität einer Eisenbahnstrecke von Stolberg zur luxemburgischen Grenze erstellen ließ.
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Dieser Bahnbau wurde auch vom einflussreichen preußischen Kriegsministerium unterstützt.
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Als das „Central-Eisenbahn-Comité“ sich aber für einen Streckenverlauf von Unterstolberg direkt nach Eupen entscheiden wollte, versagte die Stadt Stolberg ihre Unterstützung, weil man dort eine dem Verlauf des Vichtbaches folgende Streckenführung nach Roetgen forderte.

Das „Central-Eisenbahn-Comité“ wandte sich deshalb im Mai 1874 alternativ an das Königliche Handelsministerium und beantragte den Bau dieser Eisenbahn auf Staatskosten, was von dort aber abgelehnt wurde.

Schon im März 1875 erhielt eine andere Privateisenbahngesellschaft vom preußischen Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten die Erlaubnis zu Vorarbeiten für eine Bahnverbindung von Aachen nach Luxemburg. Dabei wurde von Roetgen aus sowohl eine Fortsetzung entlang des Vichtbaches über Zweifall nach Stolberg als auch eine Linienführung über Raeren – Schmithof – Kornelimünster nach Stolberg erwogen. Aber auch dieses Projekt konnte nicht verwirklicht werden.

Unterdessen hatte die Rheinische Eisenbahngesellschaft bereits am 2. Dezember 1867 die Konzession zum Bau der Stolberger Talbahn erhalten, die von der Rheinischen Eisenbahn abzweigend in südlicher Richtung durch das Tal der Vicht nach Stolberg-Hammer verlaufen sollte.  Zunächst hatte sie aber nur das 1,39 km lange Streckenstück zum Anschluss der Spiegelmanufaktur errichtet.

Um 1880 entschloss sich der preußische Staat, das Eisenbahnwesen als Staatsaufgabe zu betrachten und die bestehenden Eisenbahnunternehmen in eine Staatsbahn umzuwandeln. In der Region Aachen übernahm der preußische Staat zum 1. April 1880 die Verwaltung und Betriebsführung der Rheinischen Eisenbahn und zum 1. Januar 1882 die der Bergisch-Märkischen Eisenbahn. Die Verstaatlichung der Rheinischen Eisenbahn und der Bergisch-Märkischen Eisenbahn folgten zeitgleich zum 01. Januar 1886. Diese Umstellung brachte der Region Aachen erhebliche Verbesserungen des Eisenbahnnetzes, da jetzt viele Nachteile des nur auf Profitinteressen ausgerichteten Streckennetzes beseitigt wurden. Gleichzeitig sorgte der preußische Staat mit dem Bau von neuen Eisenbahnstrecken für eine bessere Erschließung des Staatsgebietes.

Am 2. Dezember 1880 gab der Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten bekannt, dass er den Bahnbau zwischen Stolberg und Malmedy an sich gezogen hat und die früher bereits anderweitig aufgestellten Projekte einer Eisenbahnverbindung von Stolberg über Montjoie nach Malmedy einer Umarbeitung unterzieht. Die Gemeinden Brand, Kornelimünster und Walheim verlangten daraufhin am 30. März 1881 in einer Bittschrift einen Bahnbau über Aachen – Kornelimünster – Raeren. Am 19. September 1881 verlautete aus Berlin, dass zur weiteren Erschließung der Eifel im nächsten Jahr mit einer “Meliorationsbahn” untergeordneter Bedeutung von Prüm über St. Vith, Büttgenbach und Montjoie nach Aachen zu rechnen ist, wobei der Streckenverlauf von Raeren aus bereits über Walheim – Kornelimünster – Freund und Brand bis Rothe Erde aufgezeigt war. Weiter hieß es aus Berlin, „wegen eines etwa in Aussicht zu nehmenden Anschlusses der Linie durch das Münsterbachtal nach Stolberg bleibt die Entscheidung vorbehalten.“

Im Jahre 1881 kam innerhalb des Stolberger Tals bereits Bewegung in den Bahnbau. Am 15. September 1881 eröffnete die Königliche Eisenbahn-Direktion (linksrheinische) zu Cöln die eingleisige Strecke nach Stolberg-Hammer mit den Bahnhöfen Stolberg-Mühle und Stolberg-Hammer.

Im Jahre 1881 schloss zudem die Aachener Pferdebahngesellschaft mit der Stadt Stolberg einen Vertrag über die Errichtung einer Pferdebahnlinie zwischen dem Rheinischen Bahnhof und Stolberg-Hammer, die in zwei Abschnitten am 20. Oktober bzw. am 03. November 1881 in Betrieb genommen wurde.

Am 15. Mai 1882 wurde schließlich in der Preußischen Gesetzessammlung von 1882, Nummer 19, auf Seite 269, das preußische Gesetz betreffend die Erweiterung, Vervollständigung und bessere Ausrüstung des Staatseisenbahnnetzes veröffentlicht. Dort wird unter der Nr. 13 der Bau einer Eisenbahn „von Prüm über St. Vith und Montjoie nach Rothe Erde (Aachen)“ bewilligt.
1882_Eisenbahngesetz

Im gleichen Eisenbahngesetz wird unter Nr. 15 außerdem die Ermächtigung zum Bau einer Eisenbahn „von Walheim oder einem anderen geeigneten Punkte der Bahn ad 13 nach Stolberg“ erklärt. Diese Zweigstrecke sollte eine bessere Anbindung der Stolberger Industrie an die Vennbahn und eine Verkürzung für den Güterverkehr von dort in Richtung Köln bewirken.

Ebenso war das Streckenstück vom Bahnhof Lommersweiler (südlich von St. Vith) nach Ulflingen (später Troisvierges), das eine Verbindung zum luxemburgischen Eisenbahnnetz verschaffte, ursprünglich nur als eine ergänzende Zweigstrecke angedacht. Gerade diese Zweigstrecke eröffnete aber die Möglichkeit zu Kohletransporten aus dem Aachener Steinkohlerevier zur Stahlindustrie in Luxemburg und Elsaß-Lothringen sowie im Rücklauf zu Erzlieferungen von Lothringen und Luxemburg zu den Aachener Hüttenwerken. Schon wenige Jahre nach der Eröffnung der Vennbahn hatte sich auf dieser Relation ein so lebhafter Verkehr entwickelt, dass die Vennbahn in der öffentlichen Wahrnehmung bald nur noch als Eisenbahnverbindung von Aachen nach Luxemburg gesehen wurde.

Anhand der Eingleisigkeit, der Steigungsverhältnisse (bis zu 17 Promille) und der minimalen Krümmungsradien von 300 m ist deutlich sichtbar, dass die Vennbahn ursprünglich nur für den Lokalverkehr und zur Erschließung der rückständigen Grenzlandregion vorgesehen war und nicht als strategische Bahn speziell für militärischen Zwecke errichtet wurde.

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