175 Jahre Strecke Köln – Aachen

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Vor 175 Jahren, am 06. September 1841, begann auf der Eisenbahnstrecke von Köln nach Aachen der öffentliche Bahnbetrieb. Nach einer Eröffnungssonderfahrt am 01. September 1841 wurde die Strecke wenige Tage später vollständig in Betrieb genommen werden. Sie war die siebte Bahnlinie in Deutschland.

1841_Aachen_Burtscheider_Viadukt_x1F2_FAus dem Jahre 1841  stammt diese Darstellung des Burtscheider Viaduktes. Die Aachener Bürger beobachten fasziniert das neue Verkehrsmittel.

Die Entstehungsgeschichte reicht allerdings bis in das Jahr 1831 zurück und hat mehrere Ursachen.
– So fielen die belgischen Gebiete beim Wiener Kongreß im Jahre 1815 zunächst an das 1806 gegründete Königreich der Niederlande. 1830 lösten sie sich gewaltsam von dort ab und 1831 wurde Belgien als souveränes Königreich anerkannt. Als Folge dieses Prozesses wurde Belgien jedoch 1831 in der sog. „Mannheimer Rheinschiffahrtsakte“ von der freien Rheinschiffahrt ausgeschlossen, weil es kein Anrainerstaat war.
– Durch die „Mannheimer Rheinschiffahrtsakte“ verlor die Stadt Köln 1831 gleichzeitig ihr bis ins Mittelalter zurückreichendes Stapelprivileg, was dort zu erheblichen Nachteilen für das Transportgewerbe und den Kommissionshandel führte.
– Um ihr Monopol bei der Rheinschiffahrt zu behalten, behinderten die Niederlande zudem mit hohen Durchfahrtzöllen die Schiffahrt auf dem Rhein hin zu den Nordseehäfen.
Aus dieser Lage entstand sowohl in Belgien als auch in Köln das Interesse an einem alternativen Transportweg zwischen Rhein und Nordsee. In Belgien suchte man deshalb schon seit 1831 nach einer Eisenbahntrasse zwischen Schelde, Maas und Rhein.

Als man von belgischer Seite 1832 auf die Kölner Handelskammer zuging, fand man dort Zuspruch und Unterstützung. Auf deutscher Seite war es zunächst der in Hünshoven bei Aachen geborene Kölner Kaufmann Ludolf Camphausen, der sich um die Realisierung des Projektes bemühte. Von ihm stammt auch der markante Name „Eiserner Rhein“. Der preußische Staat indes begriff den Bahnbau nicht als Staatsaufgabe und lehnte eine Finanzierung ab. So kam es 1834 zur Gründung einer Aktiengesellschaft, die den erwarteten Kapitalbedarf von 1,5 Millionen Talern zusammentrug. Nachdem der preußische König Friedrich Wilhelm III. zumindest eine vorläufige Konzession für “die Anlage einer Eisenbahn von der westlichen Landesgrenze Preußens gegen Belgien bis Köln” erteilte, beauftragte die Aktiengesellschaft noch im Jahre 1834 die Projektierung und Vermessung einer Bahntrasse. Die 1835 vorgestellte, nur an den technischen Bedürfnissen ausgerichtete Trasse berührte allerdings nicht die Stadt Aachen.

1835_Streckenplanung_Rheinische_Eisenbahn_ohne_Aachen_Repro_von_1986_2097_x1F6_FDarstellung des Verlaufs der von den Landvermessern der Rheinischen Eisenbahn ausgewählten, topografisch günstigsten Streckenführung für die von Köln nach Antwerpen ausgerichtete Eisenbahn.

Wie wir das aus heutiger Zeit im Zusammenhang mit der Planung vernünftiger Linienführungen für den Hochgeschwindigkeitsverkehr kennen, forderte die Stadt Aachen, dass die Bahntrasse unbedingt über Aachen geführt werden müsse. Bei den Kölner Eisenbahn-Aktionären fanden die Aachener Interessen wenig Beachtung, dort gründeten die Aktionäre bei ihrer ersten Generalversammlung am 25. Juli 1835  zur Verwirklichung ihrer Eisenbahnpläne die “Rheinische Eisenbahn-Gesellschaft”.
In der Folge erbitterter Auseinandersetzungen um den Streckenverlauf gründete der Aachener Handelskammerpräsident David Hansemann im Frühjahr 1836 schließlich die „Preußisch-Rheinische Eisenbahngesellschaft“ als Konkurrenzunternehmen und verhinderte zumindest, dass der preußische König der “Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft” eine endgültige Konzession erteilte.

2014_Aachen_Denkmal_Hansemann_x1F3_FZum Dank für seinen großen Einsatz für die Interessen der Stadt Aachen und ganz besonders für seine entscheidende Rolle beim Anschluss der Stadt Aachen an das Eisenbahnnetz hat die Stadt Aachen David Hansemann ein Denkmal gesetzt und einen zentralen Platz nach ihm benannt.

Während man in Preußen das ganze Jahr 1836 um die Frage des Streckenverlaufes rang, wurde in Belgien emsig an der Umsetzung des mit einem Gesetz vom 01. Mai 1834 beschlossenen Netzes staatlicher Eisenbahnen gearbeitet. Die erste belgische Eisenbahn, die zugleich auch die erste Eisenbahnstrecke auf dem europäischen Festland war, verkehrte ab dem 01. Mai 1835 von Mechelen nach Brüssel. Bis 1838 waren in Belgien bereits die Eisenbahnen von Brüssel nach Antwerpen, von Mechelen nach Oostende, Gent, Brügge und bis zur französischen Grenze vollendet. Und auch in Richtung Lüttich war der Bahnbau bereits im Gange. Belgien drängte seinen deutschen Nachbarn, bald den Bahnbau zu beginnen. Friedrich Wilhelm III. traf schließlich mit der königlichen Kabinettsorder vom 12. Februar 1837 eine abschließende Entscheidung, indem er erklärte,  der Kölner “Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft” könne die Konzession zum Bahnbau nur unter der Bedingung erteilt werden, dass die Bahnstrecke über Düren und Aachen (und zur damaligen Staatsgrenze bei Herbesthal) verläuft.

1837_Streckenvarianten_Rheinische_Eisenbahn_Repro_von_1986_2098_xF5_FIn diesem Plan (oben) sind die verschiedenen zur Entscheidung stehenden Alternativen zur Linienführung zusammengefasst.  Die von Kölner Seite favorisierte, dem Indetal folgende Streckenführung hätte den Gemeinden Eilendorf und Büsbach einen besseren Eisenbahnanschluss gebracht, während das ursprüngliche Stolberger Stadtgebiet entlang des Vichttales ähnlich abgelegen gewesen wäre  (unten). Im Abschnitt zwischen Aachen und Herbesthal wurde am Ende allerdings eine Trassenführung gewählt, die in diesen Karten noch nicht vermerkt war.
1835_Streckenplanung_Rheinische_Eisenbahn_ohne_Aachen_Ausschnitt_2097_x1F8_F 

Am 06.Mai 1837 vereinigten sich die beiden Eisenbahngesellschaften zur Aktiengesellschaft “Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft”, die nun bereits 626 Aktionäre zählte. Allerdings waren wegen der wesentlich komplizierteren Streckenführung nun auch weitere 1,5 Millionen Taler Kapital zusätzlich aufzubringen. Hier sprang unter anderem der belgische Staat in die Bresche, indem er 4.000 Aktien übernahm. Außerdem engagierte sich der Kölner Bankier Simon Oppenheim sehr stark in der Finanzierungsfrage. Am 21. August 1837 erhielt die Gesellschaft dann die preußische Konzession zum Bau der Bahnstrecke.

Am 01. April 1838 konnte der Bahnbau zwischen Köln und Aachen endlich beginnen. Vorausschauend plante man die neue Bahnstrecke schon als Teil einer internationalen Verkehrsachse sehr großzügig, schuf ausgedehnte Bahnhofsanlagen und günstige Neigungsverhältnisse. Hierzu mussten zahlreiche Kunstbauwerke errichtet werden. Zwischen Königsdorf und Horrem wurde mit 1.623 m Länge der größte Tunnel der Strecke errichtet. Bei Eschweiler und Eilendorf entstanden mit dem 255 m langen Ichenberger und dem 721 m langen Nirmer Tunnel zwei weitere Tunnel.

Aus dem Jahre 1851 stammt diese Darstellung der Phönixhütte in Eschweiler-Aue, die u.a. einen Teil der Baustoffe für die im Hintergrund sichtbare Rheinische Eisenbahn erzeugte. Rechts am Bildrand erkennt man den auch heute noch existierenden Viadukt über das Indetal.

Um Aachen an die Bahnstrecke anzubinden, musste außerdem auch der rd. 300 m lange Burtscheider Viadukt errichtet werden. Weitere größere Steinbogenbrücken waren zur Überquerung der Rur in Düren, des Wehebaches bei Langerwehe und der Inde in Eschweiler zu bauen. Größere Betriebsanlagen legte man auf den Bahnhöfen von Köln, Düren und Aachen an.

1849_Aachen_BurtscheiderViadukt_x1F2_FDer Burtscheider Viadukt auf einer Darstellung aus dem Jahre 1849. Der Künstler war von den Dimensionen des Bauwerks sichtbar beeindruckt.

Schon am 02. August 1839 wurde das erste Teilstück von Köln (Rheinischer Bahnhof am Thürmchenswall im Norden der Kölner Altstadt) bis Müngersdorf eröffnet, dem am 02. Juli 1840 der Abschnitt Müngersdorf – Lövenich folgte.

1839_Lok_Atlas_Erste_Lok_der_RhB_x1F3_FDie 1839 gebaute Lok „Atlas“ war die erste von der Rheinischen Eisenbahn beschaffte Lokomotive.

Bis 1841 lieferte die Lokomotivfabrik von Robert Stephenson vier Schlepptender-Lokomotiven nach Köln an die Rheinische Eisenbahn-Gesellschaft. Zwei von ihnen – „Rhein“ und „Hercules“ – kosten 13 500 Taler. Für die beiden anderen mit Namen „Vorwärts“ und „Mercur“ sind je 12 500 Taler (387 500 €) zu zahlen.

Die insgesamt 72 Kilometer lange, zunächst eingleisige Strecke von Köln nach Aachen wurde am 01. September 1841 feierlich eröffnet.

Am 06. September 1841 begann der öffentliche Eisenbahnverkehr von den Bahnhöfen Köln (Thürmchenswall), Köln-Ehrenfeld, Lövenich, Königsdorf, Horrem, Dorsfeld, Buir, Merzenich, Düren, Langerwehe, Eschweiler, Stolberg und Aachen (Rheinischer Bahnhof) aus. Der Bf. Düren verfügt bei der Eröffnung 1841 über 2 Hauptgleise und ein Überholungsgleis und befand sich auf dem Gelände des jetzigen Langemarckparks/Hortplatzes.
Auch wenn die neue Bahnlinie das Gebiet der Stadt Stolberg gar nicht berührte, baute man dennoch – auf Gebiet der Stadt Eschweiler (!) – für Stolberg einen eigenen Bahnhof.

um_1900_alter_Bf_Eilendorf_Nirm_x1F5_FVom ersten Bahnhof der Stadt Stolberg sind weder Zeichnungen noch Bilder überliefert. Vielleicht war das Bahnhofsgebäude vergleichbar mit dem der benachbarten Station Nirm, die auf diesem Bild zu sehen ist. Die Station Nirm wurde später in Eilendorf umbenannt und erhielt um die Jahrhundertwende ein repräsentativeres Gebäude (unten).
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1844_Karte_Stolberg_mit_Rheinischer_Eisenbahn_x1F4_FAus dem Jahre 1844 ist diese Karte überliefert, auf der die abseitige Lage Stolbergs zur Strecke der Rheinischen Eisenbahn gut erkennbar wird. Selbst die Straßenverbindung von Stolberg zu seinem neuen Bahnhof musste in dieser Zeit erst noch ausgebaut werden.

Der 1841 errichtete Bahnhof der Rheinischen Eisenbahngesellschaft lag dicht an den Grenzen der seinerzeit noch eigenständigen Städte Aachen und Burtscheid.

Die Verlängerung von Aachen nach Herbesthal und der Anschluss an das belgische Streckennetz wurden am 15. Oktober 1843 feierlich eröffnet. Auf diesem Streckenabschnitt stellten sich den Bahnbauern neue Herausforderungen. Für den Weg aus dem Aachener Talkessel wurde zwischen dem Bahnhof Aachen und Ronheide eine schnurgerade, 2.086 m lange Steilrampe angelegt, auf der die Züge bis 1854 mit Seilen die rd. 55 m Höhenunterschied von stationären Dampfmaschinen hinaufgezogen bzw. herabgelassen wurden. Zusätzlich mussten der 696,7 m lange Buschtunnel und der Geultalviadukt gebaut werden.

1843_Aachener_Telegraph__Repro_von_1986_2101_x1F4_FModell einer Station des elektromagnetischen Telegraphenapparates für den Bahnbetrieb auf der Steilrampe zwischen Aachen und Ronheide. Dies war der erste Einsatz eines Telegraphen im Eisenbahnbetrieb.

1843_Geultalviadukt_x1F2_FDer 1843 fertiggestellte Geultalviadukt war eines der imposantesten Bauwerke im Zuge der Strecke Köln – Aachen – Herbesthal.

1844_Betriebsmittel_Rh_Eb_x1F2_FIm ihrem Geschäftsbericht für das Jahr 1844 verzeichnete die Rheinische Eisenbahn bereits 14 Lokomotiven.

1844_Briefkopf_Rheinische_Eisenbahn_x1F2_FDarstellung eines Zuges auf dem Briefkopf der Rheinischen Eisenbahngesellschaft aus dem Jahre 1844.

Wegen des Erfolges der neuen Eisenbahnverbindung konnte man bereits 1844 mit dem Bau des zweiten Streckengleises beginnen. Bis 1856 wurde der zweigleisige Ausbau der gesamten Strecke abgeschlossen.

Das 1846 im Rheinland und in Belgien schon bestehende Streckennetz der Eisenbahn zeigt diese Karte.

1845 erfolgt der Anschluss der belgischen Eisenbahn an das französische Eisenbahnnetz, so dass die Bahnstrecke Köln – Aachen nun auch Verkehr von und nach Frankreich aufnehmen konnte. 1847 wird die Verbindung mit der französischen Nordbahn bis nach Paris (Gare du Nord) geschaffen. Schon 1851 besteht u.a. eine Verbindung von Hannover über Köln, Aachen, Lüttich und Brüssel nach Oostende. 1853 wurde Aachen mit der Eröffnung der Bahnstrecke Aachen-Maastricht Verkehrsknotenpunkt für zwei internationale Linien. Im Mai 1859 fuhr der erste Nachtzug auf der Strecke Düren-Aachen. Nachtzüge bestanden seinerzeit nur aus Sitzwagen.

Bf_Aachen_Marschiertor_BME_x1F5_FDicht neben dem Bahnhof der Rheinischen Eisenbahn entstand in Aachen der Bahnhof Marschiertor, in dem über eine Anschlussbahn vom Bf. Templerbend herkommend die Züge der Aachen-Maastrichter Eisenbahn und der Aachen-Düsseldorfer Eisenbahn aus den Richtungen Maastricht und Mönchengladbach endeten. Dieser Bahnhof wurde von der Bergisch-Märkischen Eisenbahn, einer Konkurrentin der Rheinischen Eisenbahn, bis zu ihrer Verstaatlichung betrieben.

Die Verbesserung der Standortbedingungen, die die neue Bahnlinie durch den Anschluss an den Seehafen Antwerpen, die Ströme Rhein und Maas und das belgische Industriegebiet um Lüttich bewirkte, brachte auch in der Region Aachen einen beträchtlichen Aufschwung der Industrie. So entstanden bspw. 1838 die Waggonfabrik Pauwels (aus der später die Firma Talbot hervorging) in Aachen und die Zinkhütte St. Heinrich in Stolberg, 1842 das Puddel- und Walzwerk Michiels & Co in Eschweiler-Aue, 1845 das Walzwerk in Aachen-Rothe Erde, 1846 die Zinkhütte Birkengang und die Bleihütte Binsfeldhammer in Stolberg, 1847 ein Walzwerk der Fa. Hoeschin Eschweiler-Aue, 1853 die Spiegelmanufaktur (St. Gobain) in Stolberg, 1855 die Concordiahütte in Eschweiler-Aue  1856 die Chemische Fabrik Rhenania in Stolberg. Zudem wurde 1865 in Nothberg (Eschweiler) die Grube „Reserve“ in Betrieb genommen.

um_1850_Eschweiler_Rhein_Bf_Blick_vom_Ichenberg_x1F4_FUm 1850 entstand diese Abbildung des Blickes vom Ichenberg auf die Fabriken nahe des Bahnhofs Eschweiler (oben). Die Werksbahn der Concordiahütte in Eschweiler-Aue betrieb wegen ihrer topografischen Situation zeitweise sogar Zahnradabschnitte und Zahnrad-Dampfloks (unten).
Eschweiler_Concordiahuette_mitZahnradloks_x1F4_F

Nachdem zwischen 1844 und 1856 die Strecke von Köln über Aachen nach Herbesthal durchgehend zweigleisig ausgebaut war, folgte der Bau von Zweigstrecken. Im Jahre 1862 begann von Düren aus der Bahnbau in die Eifel. Im Jahre 1864 eröffnete die Rheinische Eisenbahn die Bahnverbindung von Düren nach Euskirchen, die anschließend über Mechernich, Kall, Jünkerath und Gerolstein bis nach Trier ausgebaut und von Euskirchen über eine Zweigstrecke mit Köln verbunden wurde. 1864 wurde auf dem „Wirtelfeld“ außerdem ein Dürener Güterbahnhof in Betrieb genommen.
1863 erhielt die Rheinische Eisenbahn eine Konzession zum Bau einer Eisenbahnstrecke nach Oberstolberg (Stolberg-Hammer). Sie baute allerdings lediglich eine rd. 1,4 km lange Anschlussbahn bis zu einer Glashütte (St. Gobain).
Am 1.9.1869 eröffnete die Rheinische Eisenbahn-Gesellschaft die Bahnstrecke Düren – Neuss und am 29. 12.1870 die Strecke von Stolberg nach Alsdorf.

Blick aus Richtung Burtscheid auf das Stadtpanorama von Aachen mit dem neuen Bahnhof der Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft.

Zum 25. Geburtstag der neuen Eisenbahnmagistrale schrieb die “Aachener Zeitung” am 29. Oktober 1868: “Wohl wenige Bahnen Deutschlands hatten solche Schwierigkeiten in finanzieller Hinsicht, in bezug des Terrains, der Hilfsmittel und der menschlichen Kräfte zu überwinden, wie die Rheinische Bahn; mußte sie doch starre Vorurteile besiegen, alte, langjährig bestehende Verhältnisse lösen; sie war eine der ersten Bahnen Deutschlands; Erfahrungen, die bei ihrem Bau gesammelt wurden, oftmals kostspieliger und trauriger Art, kamen den später erbauten Bahnen zugute. Keine Staatsmittel, keine schon erprobten Kräfte, keine schon existierenden Verkehre kamen ihr zu Hilfe. Nur Belgien, das Fortschrittsland, erkannte den Wert der kleinen, kaum 9 Meilen langen Bahn, und nur Belgien unterstützte das Unternehmen, welches auf allen Seiten Mißtrauen fand. Die Rheinische Eisenbahn versinnbildlicht die Geschichte der Eisenbahn…”

Aachener Stadtansicht von 1860 mit dem Bahnhof der Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft im Vordergrund.

Am 1.10.1873 eröffnete die konkurrierende Bergisch-Märkische Eisenbahn eine Eisenbahnstrecke von Rheydt nach Jülich und von dort mit zwei Streckenästen weiter nach Düren und über Eschweiler nach Stolberg. Gerade in Eschweiler wurde die Konkurrenzstrecke dicht an die Strecke Köln – Aachen angenähert und mitten in das Herz der dortigen Industrieregion hineingeführt. In Düren wurden die Bahnhofsanlagen verlegt und umgestaltet. 1874 wurde dort das heute noch bestehende Bahnhofsgebäude als Gemeinschaftseinrichtung in Insellage errichtet.

1870_Dreibogenviadukt_x1F2_FDer Viadukt der Rheinischen Eisenbahn über das Indetal bei Eschweiler-Aue und Planungen für seine Unterquerung durch die Strecke der Bergisch-Märkischen Eisenbahn, dargestellt auf einer Zeichnung aus dem Jahre 1870.

Im Jahre 1875 trat mit der Aachener Industriebahn eine weitere Bahngesellschaft auf, die 1875 ein kleines Streckennetz errichtete, das die Bergbau- und Hüttenbetriebe der nördlichen Region Aachen miteinander verknüpfte und an die Strecken der Rheinischen Eisenbahn und der Bergisch-Märkischen Eisenbahn anschloss. Mit der Strecke Würselen – Stolberg – Eschweiler-Aue erlangte Stolberg dabei eine große Bedeutung als Eisenbahnknotenpunkt an der Strecke Köln – Aachen.

Im Zuge von Bismarcks seit 1871 verfolgter Verstaatlichungspolitik wird am 14.2.1880 das Gesetz zur Verstaatlichung der Rheinischen Eisenbahngesellschaft verkündet. Die Strecke Köln – Aachen mit ihren Zweigstrecken wird der „Königlichen Eisenbahn-Direktion zu Köln linksrheinisch“ zugeordnet. Die Rheinische Eisenbahn-Gesellschaft verfügte bei der Verstaatlichung (18.9.1880) über 507 Lokomotiven, 862 Personen- und 13.572 Güterwagen. Sie betrieb ein Bahnnetz von 1.356 Kilometer Länge.
Am 28.3.1882 folgt die Verstaatlichung der Bergisch-Märkischen-Eisenbahngesellschaft. 1885 sind etwa 11.000 km der ehemaligen Privatbahnen in preußisches Staatseigentum übergegangen. Schon zum 1.4.1883 hatten die preußischen Staatsbahnen damit begonnen, ihre Lokomotiven mit Namen und/oder Nummern zu bezeichnen. Im gleichen Jahr führte die Preußische Staatseisenbahn Schlafwagen ein (u.a. auch in Aachen).
Ende 1886 sind fast alle Eisenbahnstrecken in den Ländern des 1871 gegründeten Deutschen Reiches verstaatlicht. Die vormalige Aachener Industriebahn AG, die seit ihrer Weiterführung von Mariagrube nach Jülich ab 1882 als Aachen-Jülicher Eisenbahn firmierte, wurde jedoch erst 1887 von Preußen übernommen.

Nach der Verstaatlichung der Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft im Jahre 1880 nahm der preußische Staat umfangreiche Änderungen an der Eisenbahninfrastruktur wie bspw. die Höherlegung und teilweise Neutrassierung im Aachener Stadtgebiet oder den Bau von neuen Bahnhöfen in Aachen, Stolberg oder Aachen-Rothe Erde vor. Den Abschluss nahm diese Entwicklung mit der Einweihung des neuen Aachener Hauptbahnhofs im Jahre 1905 (und der Inbetriebnahme des Westbahnhofes 1910).

1893_bis_1895_Bf_Aachen_Rothe_Erde_IMG_9063_x1F2_FZwischen 1893 und 1895 wurde im Bereich Aachen-Forst die Trasse nach Norden verschoben, teilweise höhergelegt und als Ersatz für die Station Forst der neue Bahnhof Aachen-Rothe Erde erbaut (oben). Auf der Bahnfläche zwischen Aachen und Burtscheid wurde unter Einbeziehung des ersten Bahnhofs der Rheinischen Eisenbahn und dem Bahnhof Marschiertor der spätere Aachener Hauptbahnhof neu gebaut. Im Jahre 1905 erhielt er ein prachtvolles Bahnhofsgebäude (unten).
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1894_Koeln_Hbf_Plan_Neubau_CIMG0633_x1F2_FDie stetige Fortentwicklung der Eisenbahn zwingt auch in Köln zu grundlegenden Verbesserungen und zum weitläufigen Ausbau. Dort wird u.a. zwischen 1891 und 1893 ein neuer Hauptbahnhof angelegt, der die größte freitragende Bahnhofshalle in Deutschland erhält (oben und unten).
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1905_Koeln_Eisenbahnbruecke_x1F5_FDie Brücke zur Verbindung der Cöln-Mindener Eisenbahn mit der Rheinischen Eisenbahn, die erste seit dem Mittelalter in Köln errichtete feste Rheinbrücke (oben), wurde durch die viergleisige Hohenzollernbrücke ersetzt. Ein Stück rheinaufwärts davon wurde in Köln außerdem zusätzlich die Südbrücke errichtet, so dass Köln einen Eisenbahnring erhalten konnte.

Der preußische Staat optimierte gleichzeitig das Streckennetz, in dem er einerseits Lücken schloss, die durch die profitorientierten Interessen der privaten Bahngesellschaften offen geblieben waren und andererseits neue Strecken zur besseren Erschließung seines Gebietes anlegte. So wurden bspw. die fehlenden Streckenabschnitte Alsdorf – Herzogenrath, Würselen – Kohlscheid oder Stolberg Hbf – Stolberg-Hammer ergänzt oder die Vennbahn von Aachen-Rothe Erde über Monschau und St. Vith nach Prüm mit mehreren Zweigstrecken geschaffen. Die unvorhergesehene Verkehrsentwicklung zwischen Aachen und Luxemburg erforderte den zweigleisigen Ausbau der Vennbahnlinie (zwischen 1890 und 1909) und brachte dem Stolberger Hauptbahnhof weitere Zuwächse im Güterverkehr. 1888 wird dort als Kernstück eines durch Umbau und Zusammenlegung der Bahnhöfe der Privatbahngesellschaften geschaffenen Zentralbahnhofs ein neues Bahnhofsgebäude in Betrieb genommen.

Nach dem Beschluss des „Preußischen Gesetzes über Kleinbahnen und Privatanschlussbahnen“ am 28.7.1892 entstehen im Bereich der Strecke Köln – Aachen auf seiner Grundlage als sog. „Kleinbahnen“ u.a. die Dürener- und Jülicher Kreisbahn in Normalspur sowie Euskirchener Kreisbahn (erste Kleinbahn im Rheinland auf 1000mm-Spur), Geilenkirchener Kreisbahn, Aachener Kleinbahngesellschaft, Bergheimer Kreisbahn auf Schmalspur (1000mm), ferner die meterspurige Dürener Dampfstraßenbahn AG, die erst 1934 als Kleinbahn konzessioniert wird.

1893 wurde eine reichseinheitliche „Normalzeit“ eingeführt. Vorher wurden an den vielen Landesgrenzen die Uhren umgestellt und alle Fahrplanangaben nach willkürlicher Ortszeit bestimmt.

Ab 1894 verkehrt auf der Strecke Köln – Aachen – Herbesthal der  „Oostende-Wien-Express“, ein  zwischen Ostende und Wien verkehrender Luxuszug und späterer internationaler D-Zug, der u.a. Kurswagen für den Orient-Express mitführt und eine der wichtigsten Zugverbindungen zwischen Westeuropa und dem Balkan darstellt. 1993 wird die Verbindung eingestellt.

Schon vor dem ersten Weltkrieg zeigte sich, dass die Leistungsfähigkeit der Eisenbahnstrecken zwischen dem Ruhrgebiet, Köln und Aachen dennoch nicht mit dem wachsenden Transportbedarf der Industrie mithalten konnte. Eine schwere Transportkrise führte zu weiteren Ausbauplänen. Zusätzlich war den Eisenbahnstrecken im Grenzland seit 1905 durch den sog. „Schlieffen-Plan“ und die strategischen Anforderungen für den Ersten Weltkrieg eine Bedeutung zugewachsen, die zu vielen Bahnhofserweiterungen (bspw. 1913 Inbetriebnahme des Dürener Vorbahnhofs) führte.

1913 gibt es vom Aachener Hauptbahnhof aus mittels Kurswagen über Köln Direktverbindungen  u.a. nach Berlin, Hamburg und München.

Beim Truppenaufmarsch für den Krieg gegen Frankreich und den Überfall auf das neutrale Belgien wurde der zivile Bahnverkehr am 3.8.1914 komplett eingestellt. Erst Mitte September 1914 ist wieder ziviler Zugverkehr möglich. Während des gesamten Ersten Weltkrieges mussten große Teile der Militärtransporte für die Westfront über die Strecke Köln – Aachen – Lüttich gefahren werden.

Am 11.12.1917 ereignete sich in Düren ein schweres Zugunglück. Gegen 5 Uhr morgens stand der Urlauberzug Nr. 5 mit Soldaten von der Westfront   am Bahnhof. Während einige Soldaten in Düren ausstiegen, raste der Schnellzug D 253 auf demselben Gleis in den Bahnhof Düren und fuhr auf den Urlauberzug auf. 19 Personen wurden getötet und 36 Personen schwer verletzt.

Nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg wurde das Rheinland von französischen, belgischen und englischen Truppen besetzt. Zudem  wurden 1920 die Landkreise Eupen und St. Vith dem Königreich Belgien zugeschlagen. Da die neue Landesgrenze nun schon rd. 2 km westlich des Bahnhofs Ronheide verlief, verlor der Bf. Herbesthal seine Bedeutung als Grenzbahnhof, auch wenn der Bahnbetrieb zwischen Aachen und Herbesthal noch jahrzehntelang von der deutschen und der belgischen Eisenbahn gemeinsam bewältigt wurde. Die Teilung des Rheinlandes in drei Besatzungszonen und die Abschottung vom übrigen Reichsgebiet führten in der Region Aachen zu großen wirtschaftlichen Problemen und der Schließung von großen Industriebetrieben (bspw. Hüttenwerk Aachen-Rothe Erde). Ein großer Teil der Reparationsleistungen sollte mit Hilfe der deutschen Eisenbahnen erwirtschaftet werden. Zum Schutz des Staatshaushaltes wurden die bis dahin bestehenden Eisenbahnen der Länder am 1.4.1920 zu den Bahnen des Deutschen Reiches vereinigt und wirtschaftlich als Sondervermögen des Reiches geführt. In einem zweiten Schritt wurde am 30.8.1924 mit dem „Gesetz über die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft (Reichsbahngesetz)“ aus den Bahnen des Reiches die Deutsche Reichsbahn Gesellschaft, kurz DRG gegründet, die nach betriebswirtschaftlichen und gesellschaftlichen Grundsätzen geführt wurde.

1923_Juni_EschweilerHbf_belgischeBesatzung_x1F4_F Als Deutschland 1923 seine als Reparationsleistungen abzuführenden Kohlelieferungen nicht mehr erbringen konnte, besetzten französische und belgische Truppen am 11.1.1923 das Ruhrgebiet. In der Folge kam es in den besetzten Gebieten zu einem Generalstreik. Um den Abtransport der Reparationsgüter sicher zu stellen, übernahmen die Besatzer den Eisenbahnbetrieb in ihre Regie und beschlagnahmten die Bahnanlagen. Wegen Sabotageakten an den Bahnstrecken Düren – Langerwehe, Düren – Buir und Düren – Euskirchen kam es am 6.5.1923 zur Verhängung einer Ausgangssperre. Erst am 16.11.1924 endete der Regiebetrieb („Régie des Chemins de Fer des Territoires occupés“).
Aus dieser Zeit stammen die Fotos der Soldaten im beschlagnahmten Eschweiler Hauptbahnhof (oben) und  des okkupierten Dürener Bahnhofs (unten).

1924_DuerenHbf_Regiebahn_x1F7_F
1925_Streckenplan_Langerwehe_Aachen_x1F3_FDiese 1925 erstellte Karte der Strecke Köln – Aachen zeigt u.a. die zur Steigerung der Leistungsfähigkeit eingebauten Überholungsstationen Hücheln und Nirm.

Am 25.8.1929 gegen 8 Uhr ereignete sich eines der schwersten Eisenbahnunglücke auf der Strecke Köln – Aachen. 300 m vor dem Bahnhof Buir entgleiste der Schnellzug D 23 „Nordexpress“ Paris–Warschau. 13 Reisende wurden getötet, 40 verletzt. Wegen Brückenbauarbeiten und dadurch bedingter Sperrung des richtigen Gleises und nicht korrekter Information zu Beginn einer Falschfahrt war der Lokführer nicht korrekt über die außerplanmäßige Einfahrt ins Nebengleis unterrichtet. Das Einfahrsignal, welches dies anzeigte, war durch eine Brücke verdeckt und erst viel zu spät einzusehen, so dass der Zug nicht rechtzeitig bremsen konnte und mit 100 km/h in den mit höchstens 50 km/h zu befahrenden Abzweig einfuhr.

Die erste Dreigurtbrücke der Welt wurde am 27.7.1930 in Düren eingeweiht. Sie wurde zwischen 1928 und 1929 nach Plänen von Reichs- bahnoberrat Robert Tils gebaut. Die 78 m lange und 14,80 m hohe Stahlfachwerkbrücke ersetzte die massive Steinbogenbrücke, die noch aus der Bauzeit von 1841 stammte.

Die letzten Besatzungstruppen zogen erst 1929 aus der Region Aachen ab. Das Rheinland sollte danach eine entmilitarisierte Zone bleiben. Doch schon 1936 besetzte die Wehrmacht das Rheinland wieder. Drei Jahre später begann das vom Hitlerregime geführte Deutschland den Zweiten Weltkrieg. 1940 wurde Belgien erneut von deutschen Truppen überfallen. Zur Vorbereitung ihrer Landung in der Normandie am 6.6.1944 wurden die Bahnhöfe Aachen-Rothe Erde, Aachen Hbf, Aachen-West und Montzen Ende Mai 1944 Ziel heftiger Bombenangriffe. Als die US-Truppen Mitte September 1944 die Reichsgrenze erreichten, wurden viele Bahnanlagen von deutschen Pionieren gesprengt. Der letzte durchgehende Zug von Aachen nach Köln verkehrte am 12.9.1944. Beim Vormarsch auf die Rur und Köln und zusätzlich bei der Abwehr der Ardennenoffensive wurden die Bahnanlagen zwischen Aachen und Köln verheerend zerstört. Schäden am Nirmer Tunnel und am Königsdorfer Tunnel, die gesprengte Indebrücke in Eschweiler und die Dreigurtbrücke über die Rur bei Düren hatten den Bahnverkehr unterbrochen. Schon im März 1945 hatten die US-Truppen die Strecke aber wieder soweit befahrbar gemacht, dass sie für Militärtransport von Lüttich über Eupen – Raeren – Stolberg – Düren in Richtung Euskirchen, Bonn und Remagen befahrbar war. Zum 15.8.1945 wurde der Personen- und Güterverkehr  wieder von der Reichsbahn übernommen. Am 10. September 1945 fuhren die ersten Personenzüge von Aachen nach Düren. Im Januar 1946 wurde übergangsweise ein Busverkehr zwischen Düren und Köln eingerichtet. Der Betrieb auf der Gesamtstrecke wurde am 15.5.1946 wieder aufgenommen

1944_05_26_Aachen_Hbf_mit_Bw_nach_Bombenangriff_x1F3_FDas Bahnbetriebswerk Aachen unmittelbar nach den Bombenangriffen vom Mai 1944. Auch unter Einsatz aller in Aachen verfügbaren Kräfte dauerte es mehr als 10 Tage, bis Aachen auf dem Schienenweg überhaupt wieder passiert werden konnte. Von den gewaltigen Schäden hat sich die Eisenbahn in Aachen und Umgebung bis Kriegsende nicht mehr erholt.

1955_07_14_Bf_Aachen_Nord_Stw_Ano_x1F3_FVielfach kann man lesen, dass die Kriegsschäden bis 1949 weitgehend beseitigt worden wären und der Bahnbetrieb wieder „friedensmäßig“ abgewickelt werden konnte. Noch 1955 sahen die Arbeitsplätze vieler Eisenbahner dennoch aus wie auf diesem Foto eines Aachener Stellwerks anno 1955.

1953_Aachen_Hbf_Aushangfahrplan_x1F3_FAuszug aus dem ab 4.101953 gültigen Aushangfahrplan des Aachener Hauptbahnhofs. Einige traditionsreiche Fernzugverbindungen sind wieder nutzbar.

1955_Hp_Nothberg_Warteraum_x1F4_FAm Beginn der Wirtschaftswunderzeit – Blick in den Warteraum des Haltepunktes Nothberg im Sommer 1955. Rechts vom Fahrkartenschalter wird bereits wieder für Ausflugsfahrten in die Eifel und für Urlaubsreisen geworben…

 

1956 schafft die Deutsche Bundesbahn die dritte Wagenklasse ab.
1957 führte die Deutsche Bundesbahn als hochwertige internationale Fernverbindungen im zusammenwachsenden Westeuropa die neuen „Trans Europ Express“-Züge (TEE) ein, die auf dem Weg nach Brüssel und Paris auch die Strecke Köln – Aachen befuhren. 1957 bis 1978 wird die Strecke Köln-Düren-Aachen von den TEE Zügen Diamant (1965-1975), Paris Ruhr (1957-1978), Parsifal (1957- 1978), Moliére (1957-1978) und Saphir (1957-1978) befahren.

1993_10_01_AachenHbf_601014_u_601019_1273_x24F3_FDas Foto zeigt einen VT 11.5, der zum Markenzeichen der DB für den TEE geworden war. Es wurde am 1.10.1993 aufgenommen, als der Dieseltriebwagen als Charterzug von Münster nach Oostende verkehrte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte die Strecke Köln – Aachen eine neue Blütezeit. Um die Leistungsfähigkeit und die Zuggeschwindigkeiten zu erhöhen, sollte auch hier der elektrische Fahrbetrieb eingeführt werden. Dazu mussten u.a. der Ichenberger Tunnel und der Nirmer Tunnel durch Neubauten mit größeren Profil ersetzt werden. Parallel dazu wurde der Aachener Hauptbahnhof und der Bf. Düren umgebaut.

vor_1963_Nirmer_Tunnel_Westseite_x1F5_FDer 1841 fertiggestellte Nirmer Tunnel bei Eilendorf im Zustand zu Beginn der 1960er Jahre.

vor_1968_Stolberg_Hbf_382092_Foto_EAKJ_Martin_oder_Willi_Fitting_oder_Manfred_Sassenscheidt_x1F7_FVor der Einführung des elektrischen Fahrbetriebes wurden die Personenzüge zwischen Köln und Aachen jahrzehntelang von Lokomotiven der preußischen Gattung P 8 bzw. der BR 38.10 bespannt. Das Foto zeigt eine solche Lok beim Zwischenhalt in Stolberg Hbf.

Am 23.5.1966 wurde der elektrische Zugbetrieb zwischen Köln und Lüttich eingeführt. Für den Übergang vom deutschen auf das belgische Stromsystem wurde Aachen Hbf als Systemwechselbahnhof ausgerüstet. Bereits am 18.5.1966 wurde mit der belgischen Mehrsystemlok 160.021 der offizielle Eröffnungszug gefahren.

1966_Bf_Aachen_Rothe_Erde_E10_412_Sz_x1F4_FAnläßlich der Feiern zur Einführung des elektrischen Fahrbetriebes war auch E 10 412 mit einem Sonderzug unterwegs. Das Foto entstand beim Zwischenhalt in Aachen-Rothe Erde.

1965_Stolberg_Hbf_Unterwerk_Bahnmeisterei_Stolberg_x3F3_FZur Stromversorgung der Strecke Köln – Aachen wurde westlich des Stolberger Hauptbahnhofs ein Unterwerk errichtet. Hier wurde Strom aus dem öffentlichen bahneigenen Stromnetz entnommen, in Großtransformatoren zu Wechselstrom mit 15 kV  umgewandelt und in die Fahrleitung eingespeist. (Siehe hierzu auch den sehr informativen Kommentar von Karl-Heinz Athens – vielen Dank dafür!)

1967_Juli_Nirmer_Tunnel_E03004_Versuchsfahrten_x1F3_FIm Juli 1967 wurden auf dem Streckenabschnitt zwischen Stolberg Hbf und Aachen-Rothe Erde Hochgeschwindigkeitsmessfahrten durchgeführt. Mit Hilfe von zwei Messzügen wurde auch das Geschehen bei Zugbegegnungen in Tunnelröhren erkundet. Das Foto zeigt E 03 004 mit einem aus Stolberg kommenden Messzug am neuen Eilendorfer Tunnel.

1978_05_04_KoelnHbf_184112_TEE_Moliere_x1F4_FSpeziell für den grenzüberschreitenden elektrischen Zugverkehr entwickelte die Deutsche Bundesbahn die „Europaloks“ der BR 184. Das Foto vom 4.5.1978 zeigt 184 112 vor dem aus französischen INOX-Waggons gebildeten TEE „Moliére“. Leider bewährten sich diese Loks nicht und wurden 1979 von der Strecke Köln – Aachen abgezogen.

1987_11_xx_Bf_Aachen_Sued_SNCB_1803_SNCFWaggons_Parsifal_2104_xF5_FZu den markanten Punkten der Strecke Köln – Aachen – Herbesthal gehört bis heute die Steilrampe zwischen Aachen Hbf und Aachen-Süd (einst Ronheide). Im November 1987 schleppte die SNCB-Mehrsystemlok 1803 den aus französischen Waggons gebildeten „Parsifal“ nach Paris. Das auf dem Bf. Aachen-Süd aufgenommene Foto lässt den Scheitelpunkt der Steigungsstrecke gut sichtbar werden.
2016 ist der Bahnhof weitgehend zurückgebaut und von schmuddeligen Lärmschutzwänden umgeben.

1989_06_04_Dueren_Dreigurtbruecke_SNCB_1603_x8F4_FAuch die Dreigurtbrücke über die Rur bei Düren gehört zu den markanten Punkten der Strecke Köln – Aachen. Am 4.6.1989 wurde dort die belgische Mehrsystemlok 1603 aufgenommen. 

1994_10_14_bei_Stolberg_Hbf_Camp_Astrid_110459_mit_D249_OstWestExpress_1558_x6F4_FIn memoriam: Vor dem von den belgischen Stationierungsstreitkräften im Rahmen des NATO-Truppenstatuts genutzten „Camp Reine Astrid“ in Stolberg zieht 110 459 am 14.10.1994 mit dem D 249 „Ost-West-Express“ vorbei.

Nachdem die Strecke Köln – Aachen jahrzehntelang eine ständige Aufwärtsentwicklung verzeichen konnte, die 1957 mit der Aufnahme in das Netz der Trans-Europ-Express-Züge und 1966 mit der Streckenelektrifizierung Höhepunkte erlebte, begann in den 1970er Jahren eine schleichende Abwärtsentwicklung, die unter der Deutschen Bahn AG ungeahnte Tiefpunkte erreichte. Zwischen 1980 und 1995 wurden viele der Zweigstrecken der Linie Köln – Aachen stillgelegt. 1992 wurde mit dem Verkauf der Nebenstrecken Düren – Jülich und Düren – Heimbach an den Kreis Düren allerdings auch ein Gegentrend eingeführt.
Nach der Wiedervereinigung im November 1989 wurden die Deutsche Bundesbahn und Reichsbahn zur Deutschen Bahn AG verschmolzen, entschuldet, privatisiert und von ihren Gemeinwohlverpflichtigungen weitgehend befreit. Um die Deutsche Bahn AG börsenfähig zu machen, fanden auch zwischen Köln und Aachen bis dahin unvorstellbare Rückbauten an Bahnanlagen statt. Bedeutende Bahnhöfe wie Horrem, Düren oder Aachen-Rothe Erde haben große Teile ihrer Infrastruktur und Potential für betriebliche Flexibilität eingebüßt. Der Einführung des Hochgeschwindigkeitszuges “Thalys” zum 14. Dezember 1997 stand der anschließende Verlust der internationalen D-Zug-Verbindungen wie bspw. Moskau – Paris,  Paris – Kopenhagen oder Oostende – Wien gegenüber. Zudem ist Aachen vom Intercity-Verkehr der DB weitgehend abgekoppelt worden,  seit dem Jahre 2002 gibt es lediglich drei ICE-Verbindungen je Richtung zwischen Brüssel und Frankfurt und einzelne IC-Züge in Richtung Berlin. Im Dezember 2002 wurde als letzte die D-Zug-Linie Köln–Oostende eingestellt, ebenso wurde der Nachtzug Aachen–Dresden  aufgegeben.

2000_08_29_BfDueren_V200002_Sz_Bruessel_Nuernberg_x3F6_FAm 29.8.2000 passierte V 200 002, eine der Stil-Ikonen der Deutschen Bundesbahn, mit einem Gesellschaftssonderzug von Brüssel nach Nürnberg den Bf. Düren. Durch den immensen Rückbau von Gleisanlagen und das Fehlen von örtlichem Betriebspersonal ist es für Reiseveranstalter zunehmend schwieriger geworden, Sonderzüge verkehren zu lassen.

Einerseits konnte mit der Einführung der nach Taktfahrplänen verkehrenden Regionalexpresszüge der gestiegenen Nachfrage nachgekommen werden, andererseits fehlen gute Anbindungen an den Flughafen Köln/Bonn und zu Tagesrandlagen auch an den Flughafen Düsseldorf. Zudem ist das im Regionalverkehr eingesetzte Wagenmaterial wegen der Enge der Sitzreihen und fehlenden Gepäckablagen unkomfortabel und benutzerfeindlich. Häufige, über mehr als ein Jahrzehnt nicht nachhaltig zu beseitigende Störanfälligkeiten, bspw. an den Wagentüren, wirken sich für die Bahnkunden der Regionalexpresszüge deutlich spürbar auf Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit aus. Zugverspätungen von 15 Minuten und mehr sind im Berufsverkehr vor allem bei den in Richtung Aachen fahrenden Zügen beinahe alltäglich geworden. Und auch das Wegrationalisieren aller Bahnbetriebswerke westlich von Köln hat sich auf den Zugverkehr durch Flexibilitätsverluste nachteilig ausgewirkt.

Ein Thalys von Paris nach Köln passiert am Abend des 30. August 2011 die aus dem Jahre 1841 stammende, von der Rheinischen Eisenbahn errichtete Unterführung der Nirmer Straße in Aachen-Eilendorf.

Die zuletzt durchgeführten umfangreiche Umbaumaßnahmen wie der Ausbau für Höchstgeschwindigkeiten von bis zu 250 km/h oder der drei- bzw. viergleisige Ausbau für die Aufnahme des S-Bahn-Verkehrs ab Dezember 2002 fanden nur noch im Abschnitt zwischen Köln und Düren statt.

Zusätzlich brachte die Einführung elektronischer Stellwerke in Düren und Köln-Ehrenfeld sowie die Umschaltung auf Fernsteuerung durch die Betriebszentrale Duisburg im April 2004 weitere Störquellen, die immer wieder zu beträchtlichen Problemen und Komplettausfällen des Zugverkehrs führen. Die Inbetriebnahme des elektronischen Stellwerkes für den Aachener Hauptbahnhof Ende November 2007 führte bspw. schon direkt am Anfang zu tagelangen massiven Behinderungen des Bahnverkehrs in der gesamten Region Aachen. Das Wegrationalisieren des Stellwerkspersonals und die damit einhergehende fehlende Aufsicht des Bahnbetriebs erschweren die Durchführung des Bahnbetriebs schon bei geringfügigen Störungen oder witterungsbedingten Beeinträchtigungen. Sie erleichtern zudem gefährliche Eingriffe in den Bahnverkehr wie aktuell Diebstähle von Kupferkabeln o.ä. .

Insbesondere der Streckenabschnitt zwischen Düren und Aachen bzw. der Bundesgrenze entwickelt sich zunehmend zum Nadelöhr und Problemfall. Die Hochgeschwindigkeitszüge “Thalys” und ICE3 können diesen Bereich maximal nur mit bescheidenen 140 km/h passieren (in Stolberg Hbf bspw. nur mit 110 km/h) und erleiden kaum hinnehmbare Fahrzeitverluste. Den Zuwächsen im Güterverkehr und im Regionalverkehr (bspw. durch die Euregiobahn) stehen seit Jahren keinerlei Verbesserungs-und Ausbaumaßnahmen an der Infrastruktur gegenüber. Die regionalen Politiker fordern lediglich einen eigentlich unzureichenden, nur dreigleisigen Ausbau der Strecke, finden aber selbst damit keine Chance auf Verbesserung der Gesamtsituation.
Auf den Bahnhöfen der Deutschen Bahn AG stehen zwischen Köln und Aachen keine Verlademöglichkeiten mehr für ein regionales oder lokales Güteraufkommen zu Verfügung. Durch ihr „marktorientiertes Angebot Cargo“ (MORA C) hat die Deutsche Bahn zusätzlich viele Inhaber von eigenen Gleisanschlüssen ausgebootet. Der Güterverkehr zwischen Köln und Aachen wird 2016 vom Durchgangsverkehr zu den Seehäfen Antwerpen und Zeebrügge sowie einer größeren Zahl von Ganzzügen zwischen fernen Betrieben der Großindustrie geprägt. Die auf dem Stolberger Hauptbahnhof zu verzeichnende positive Güterverkehrsentwicklung ist großenteils auf die Initiative des privaten Infrastrukturbetreibers „Euregio Verkehrsschienennetz GmbH“ (EVS) zurückzuführen.

Zur Erneuerung von Gleisen zwischen Aachen und Düren hat die Deutschen Bahn AG diesen Abschnitt im Sommer 2015 für sechs Wochen komplett für den Zugverkehr gesperrt. Dabei zeigte sich, dass die heute noch verbliebenen überregionalen Verkehrsleistungen über längere Zeit hinweg relativ problemlos umgeleitet werden können.

Für eine nachhaltige Entlastung der heute 175 Jahre alten  Strecke, für die effektive Durchführung des Eisenbahnverkehrs und die Entflechtung der verschiedenartigen Teilkomponenten wäre indes ein viergleisiger Ausbau – oder eine Neubaustrecke zur Vermeidung der Durchquerung von Aachen für den Durchgangsgüterverkehr und evtl. auch den Hochgeschwindigkeitsverkehr – unumgänglich. Im Zuge des Bundesverkehrswegeplans 2030 wurde der von Politik und Wirtschaftsverbänden prognostizierte Verkehrszuwachs und der darauf aufbauende zukünftige Bedarf an einem Ausbau der Strecke im Jahre 2016 jedoch verworfen.

Die Aachener Nachrichten berichteten am 30. August 2016, dass auf der Jubiläumsstrecke derzeit täglich 150 bis 170 Personenzüge und rd. 50 Güterzüge verkehren. Dies sind im täglichen Durchschnitt insgesamt rd. 220 Züge bzw. nur 4 – 5 Züge je Richtung und Stunde. Nur rd. ein Viertel dieser Züge sind noch Güterzüge….

So kann die Strecke Köln – Aachen am 6. September 2016 zwar auf eine 175-jährige Geschichte mit so manchen Höhepunkten zurückblicken, aber der Ausblick in die Zukunft sieht eher trüb aus.

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6 Gedanken zu „175 Jahre Strecke Köln – Aachen“

  1. Ein schönes Bild vom Unterwerk Stolberg.
    Ca. 2 Jahre lang, von 1966 bis 1968 standen im Anschlussgleis des noch nicht fertigen Unterwerks 2 fahrbare Unterwerke (fUw). Bis zur Fertigtstellung des „richtigen“ Unterwerks übernahmen die fUw’s die Energieversorgung mit 15 kV / 16,7 Hz. Diese Energie stammt nicht aus dem öffentlichen Netz, sondern aus dem 110 kV / 16,7 Hz Bahnstromnetz. Diese Bahnstromnetz ist gut erkennbar: relativ kleine Maste, rechts und links je 2 Leiterseile (Wechselstrom), über die Mastspitze ein Erdseil. Die öffentliche Versorgung hat rechts und links 3 Leiterseile (Drehstrom). Für die Energieversorgung mit Bahnstrom betreibt die heutige DB Energie GmbH das flächenmäßig größte Netz in Deutschland. Das Unterwerk ist vor ca. 3 Jahren komplett erneuert worden.
    Bei Interesse, kann ich gerne noch weiter informieren. Auch ein Besuch in der Leitstelle für den Bereich West in Köln (Gremberghoven) lässt sich einrichten.

  2. Ja, wirklich, ein ganz toller Bericht. Meine Hochachtung dem Autor.

    Gruß Albert Grundig

    (ex. Stolberger und ex. Eisenbahnbediensteter im Bw Düren, Aachen West, Aachen Hbf und Bw Stolberg)

  3. Wirklich gut gemacht. Meine Mutter erzählte mir das mein Ur-Großvater bei der „Belgischen Bahn“ arbeitete. Er wohnte in Köln, was mich immer verwirrt hatte, weil ich diesen Zusammenhang zwischen Köln und Belgien nicht kannte.

    Gibt es eine Quelle die Stellen von Angestellten anzeigt? Das würde mich sehr interessieren.

    kindly,
    Thomas Blood

    1. Hallo Thomas,

      ob es Quellen gibt, die Auskunft über die ehemaligen Beschäftigen von Bahnhöfen geben, vermag ich nicht genau zu sagen. Es wird für die einzelnen Bahnhöfe, die ja amtliche Dienststellen der Behörde „Bahn“ waren, bestimmt Personal- oder Organisationspläne gegeben haben. Für den alltäglichen Betrieb hat es gewiss auch konkrete Einsatzpläne gegeben. Aber ob solche Pläne überhaupt dauerhaft aufbewahrt wurden und wo sie ggf. archiviert worden sein könnten – ich weiß es nicht.
      In Köln gab es übrigens bis weit in die 1980er Jahre am Breslauer Platz eine Agentur der SNCB, die dort Kundendienste für die SNCB vom Fahrkartenverkauf über Gepäckversand und Reiseangebote bis zu Güterverkehrsangelegenheiten bearbeitete. Vllt. gab es so etwas auch schon zu den Lebzeiten Deines Urgroßvaters.
      Aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg gibt es oftmals sog. „Adressbücher“, die ähnlich wie später die Telefonbücher für einzelne Städte herausgegeben worden waren und in denen sich „Personen mit Rang und Namen“ eintragen ließen. Ich weiß von einem Beispiel aus Eupen, dass dort dann bspw. vom Bahnhofsvorsteher bis zum Hilfsweichenwärter (=Stellwerkspersonal) die Eisenbahner verzeichnet waren. Solche Adressbücher werden oftmals bei den lokalen Heimat- und Geschichtsvereinen gehegt und gepflegt, weil sie für die jeweilige Ortsgeschichte hilfreiche Informationsquellen sind. Vielleicht gibt es solche Adressbücher auch beim Kölner Stadtarchiv.

      Viele Grüße

      Roland Keller

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