125 Jahre Strecke Stolberg-Hammer – Walheim
Teil 2
Die Strecke Stolberg-Hammer – Walheim besteht 125 Jahre!
Sie wurde am 21. Dezember 1889 eröffnet. Dieses Jubiläum soll Anlass sein, auf die wechselvolle Geschichte dieses Schienenweges zurückzublicken. Nachdem im ersten Teil die Betriebsanlagen und Kunstbauwerke anhand eines Gleisplanes aus dem Jahre 1960 vorgestellt werden, geht es im zweiten und dritten Teil um Fotos von der Jubiläumsstrecke.
Der zweite Teil enthält Fotos aus der Zeit bis etwa 1980, die mir von Eisenbahnfreunden und heimatverbundenen geschichtlich interessierten Menschen zur Verfügung gestellt wurden, um die Stolberger bzw. regionale Eisenbahngeschichte zu bewahren. Im dritten Teil werde ich dann Fotos aus meiner eigenen Eisenbahnfotografie zeigen.
Die Fotos im zweiten Teil sind nicht in zeitlicher Reihenfolge, sondern dem Streckenverlauf folgend zusammengestellt. Ich danke bereits an dieser Stelle allen Menschen, die ihre Fotos zur Verfügung gestellt haben Ohne ihre Unterstützung wäre vieles „unsichtbar“ geblieben und im Dunkel der Geschichte in Vergessenheit geraten, denn das Bild der Jubiläumsstrecke hat sich in den vergangenen Jahren deutlich gewandelt…
Ausschnitt aus einer im Jahre 1928 gestempelten Ansichtskarte mit Blick an der Burg vorbei zum Bf. Stolberg-Hammer. Bemerkenswert ist der lange Zug, der im Bahnhof steht und offenbar zur Fahrt in Richtung Stolberg Hbf bestimmt war.
Um 1910 wurde dieser Blick aus Richtung Finkensiefstraße auf den Gleisanschluss des DALLI-Werkes, ein Formsignal preußischer Bauart und das im Hintergrund sichtbare Bahnhofsgebäude des Bf. Stolberg-Hammer fotografisch festgehalten .
Ein Stolberger Eisenbahnfreund hat 1969 aus ähnlicher Perspektive eine Lok der BR 94.5 (pr. T 16.1) fotografiert. Anhand der Stellung der beiden Ausfahrsignale liegt die Vermutung nahe, dass die Lok mit Rangierarbeiten beschäftigt war.
Auszug aus dem Sommerfahrplan 1955, als der Reisezugverkehr auf der Strecke Stolberg – Walheim seine letzte Blüte erlebte (oben und unten). Bei dem mit Ausrufezeichen markierten Zug handelt es sich offenbar um einen Druckfehler des amtlichen Kursbuches, denn dieser Zug dürfte definitiv nicht gefahren sein.
Am 11. März 1959 wurde von der Straßenbrücke Finkensiefstraße aus der Blick in Richtung Binsfeldhammer festgehalten. Im Hintergrund ist am rechts verlaufenden Streckengleis das Einfahrsignal des Bf. Stolberg-Hammer zu sehen, dahinter zweigte nach rechts der Gleisanschluss des Kalkwerkes Bärenstein ab. Das linke Gleis bildet den Gleisanschluss der Bleihütte und den Gleisanschluss der Firma Prym, deren Fabrikationsgebäude und -anlagen sich links am Bildrand befinden.
Um 1960 wurde auch dieses Foto vom Gleisanschluss der Bleihütte aufgenommen. Die markante Kranbrücke mit dem offenen Erzlager bestimmt jahrzehntelang das Bild der Werksanlagen.
Wie dieses Bild aus dem Jahre 1958 zeigt, gab es auch bei der Stolberger Bleihütte eine Materialseilbahn. Mit ihr wurde Schlackenmaterial auf die im Bereich Rüst gelegenen Halden befördert und dort abgekippt.
Der Viadukt über den Rüstbach wurde im September 1944 von der Deutschen Wehrmacht gesprengt und bis Februar 1945 von Pionieren der US-Army wieder befahrbar gemacht. Am 14. Februar 1945 entstand das Bild von einem der ersten Züge, die mit amerikanischen Kriegsloks des Typs S 160 („Klapperschlange“) wieder von Stolberg aus in Richtung Raeren und Lüttich fuhren. Die amerikanische Behelfskonstruktion bestand u.a. aus dicken Holzbohlen auf dem Stumpf eines gesprengenten Pfeilers und stählernen Fahrbahnträgern.
Am 16.10.1956 erneuerte die Deutsche Bundesbahn die Behelfskonstruktion, errichte auf dem Pfeilerstumpf eine Stahlgerüst und baute längere Brückenträger ein (oben und unten). Im Hintergrund des unteren Bildes kann man übrigens auch die Materialseilbahn der Bleihütte erkennen.
Bei den Bauarbeiten kam vor einem der Arbeitszüge eine Lok der BR 92.5 mit einem interessanten Gerätewagen zum Einsatz. Der kranzug war mit einer Lok der BR 50 bespannt.
Im Bereich Binsfeldhammer und Rüst zeigte Stolberg seine hässliche Seite. Hier verlief die Strecke nach Breinig zwischen staubigen und kahlen Halden. Heute überdecken Büsche und Bäume diese Seiten der alten Industriestadt, und aus mancher einst industriell genutzten Fläche ist ein schützenswertes Biotop oder eine Naturschutzfläche geworden…
Wenige Kilometer weiter erreicht die Strecke scheinbar wieder idyllische Eifellandschaft. Doch auch rund um Breinigerberg wurde noch im 19. Jahrhundert ein intensiver Erzabbau betrieben. Das Foto vom 30. Mai 1975 zeigt eine Stolberger Lok der BR 50 mit Normaltender (vermutlich 051 494 oder 052 474) beim Bahnübergang „Im Steg“. Die Gleisanlagen des Bf. Breinig reichten einstmals bis fast an diese Stelle heran.
Anfang der 1950er Jahre nahm Horst Vehl diesen für die Zeit vor dem Schienenbuseinsatz für die Strecke Stolberg – Walheim typischen Personenzug auf. Eine Lok der BR 74 zieht ein buntes Sammelsurium aus Waggons preußischer Bauart und Einheitsbauarten der Deutschen Reichsbahn in Richtung Walheim. Die Falkenbachbrücke zeigt noch die Behelfskonstruktion der US-Army, der Schutt der gesprengten Brückenteile liegt noch am Fuß des Viadukts.
Ein Auszug aus dem Sommerfahrplan des Jahres 1957. Während der Zugverkehr zwischen Aachen und Walheim schon drastisch reduziert ist, wird zwischen Stolberg und Walheim noch ein relativ dichter Verkehr angeboten. Der mit Ausrufezeichen markierte Zug ist bemerkenswert, weil seine Fahrtroute von Aachen-Rothe Erde über Stolberg nach Breinig und Walheim mit Fahrtrichtungswechsel auf dem Stolberger Hauptbahnhof der heutigen Betriebsweise der Euregiobahn entspricht (auch wenn diese nur bis Stolberg-Altstadt fährt…). Bemerkenswert ist auch der Zug 8090 auf der Strecke Aachen – Kornelimünster – es dürfte sich um einen Güterzug mit Personenbeförderung gehandelt haben. Er hat extrem lange Fahrzeiten und ist deswegen auf zwei Fahrplanspalten verteilt. (oben und unten)
Im Jahre 1957 entstand vermutlich auch dieses Luftbild des Bf. Walheim. Das dortige Kalkwerk war zum Aufnahmezeitpunkt noch in Betrieb. Gut sichtbar ist auch das ehemalige Stellwerk „Wf“ nahe des Bahnübergangs Schleidener Straße. Wie lange dieses Stellwerk in Betrieb war, ist nicht bekannt. Die Existenz des gesonderten Schrankenwärterpostens am Bahnübergang Schleidener Straße könnte ein Hinweis auf die Stillegung dieses Stellwerks sein.
Das Stellwerk „Wf“ nahe des Bahnübergangs Schleidener Straße aus anderer Perspektive.
Von seiner Dienstwohnung im ersten Obergeschoss des Walheimer Bahnhofsgebäudes aus hat Edgar Frese den Schrankenwärterposten und das offenbar schon aufgegebene Stellwerk im Bild festgehalten. Leider ist kein Aufnahmedatum überliefert.
Auch dieses Foto von einem Einsatz des im Bw Stolberg stationierten Schneepfluges mitsamt einer Lok der BR 50 verdanken wir Edgar Frese. Hier dürfte er ebenfalls von einem Fenster seiner Dienstwohnung aus fotografiert haben.
Der Bf. Walheim vom Bahnübergang Schleidener Straße aus gesehen. Winterliche Ausfahrt eines Güterzuges nach Stolberg, der von einer Stolberger Lok der BR 50 mit Kabinentender kraftvoll beschleunigt wird. Leider ist auch hier das Aufnahmedatum nicht überliefert.
An dieser Stelle geht der zweite Teil des Jubiläumsbeitrages zu Ende.
Im dritten Teil folgen Fotos aus der Zeit von 1980 bis heute, die vom Rückbau der Gleise und Betriebsanlagen geprägt waren. Wegen technischer Probleme an der Falkenbachbachbrücke kam der Bahnbetrieb südlich von Breinig ab dem Jahresende 2001 zum Erliegen.
Als dieses Foto im Juli 1993 von der Stolberger Burg aus aufgenommen wurde, war das Bahnhofsgebäude des Bf. Stolberg-Hammer bereits abgerissen worden. Ebenso wie auf Teilen des Güterbahnhofs waren dort Parkplätze angelegt worden. Doch dieses Bild zeigt nur ein Zwischenstadium des Veränderungsprozesses…
Danke für diesen tollen Bericht und ein schönes Weihnachtsfest
Hallo Herr Keller,
ich wünsche Ihnen und ihre Familie eine besinnliche Zeit und frohe Weihnachten.
Danke für die hier gezeigten Bilder!
Ich bin immer wieder dankbar, dass man auch neue Bilder zu sehen bekommt, als die schon bekannten und vertrauten Bilder aus den einschlägigen Büchern. Da es immer noch Mitmenschen gibt, die sich für die Vennbahn begeistern können, wenn auch inzwischen mehr aus geschichtlicher Sicht, so sollte die Erinnerung an diese einst so bedeutende Strecke wach gehalten werden. Ich denke hier besonders an die Zeitzeugen, wie Sie Herr Keller, die noch umfangreiche Informationen und Bilder haben. Ich selber habe diese Zeit nicht live erlebt und dennoch wenn einen die Vennbahn packt, dann läßt sie einen nicht mehr los. Ich habe es mit Hilfe einen guten Freundes zwei Bahnhöfe im Modell nachgebaut (Brand und Burg Reuland). Bedenkt man, dass es die Bahnhöfe Kornelimünster,Brand, Breinig,Schmithof, Roetgen, Wilverdingen und Walheim als Vollanlagen oder Dioramen gibt, dann zeigt sich, was diese Strecke für ein geschichtliches Potenzial hat….wußte man das, als man sie abgebaut hat!? Stand die Vennbahn nicht auch für den Schrecken und Wahn zweier Kriege!? Sie war eine Bahnstrecke die mit ihren Besonderheiten einmal in Europa war, und alleine aus dem Grund schon ein Zeitdokument unsere jüngern Geschichte. Man mag zum Radweg stehen wie man will, er wird nie das verkörpern für was die Vennbahn stand. Betrachtet man die Entwicklung der letzten 30 Jahre, so hätte die Strecke Aachen Hbf – Walheim und Stolberg – Eupen heute ein Potenzial, von dem man damals nichts zu ahnen wagte. Heute könnten Züge von Walheim nach Aachen fahren und das mit Vmax 80km/h auf vielen Abschnitten, dass wäre ein leistungsfähiger und schneller Nahverkehr, wie man ihm Süden von Aachen bräuchte.
Man könnte wieder einmal ins Schwärmen geraten was alles machbar wäre.
In diesem Sinne
Frohe Weihnachten
Michael Bettighofer