Hurra, die „Flitsch“ ist wieder da!

Die „Flitsch“ hat nichts mit der Eisenbahn in Stolberg zu tun. Dabei handelt es sich vielmehr um den volkstümlichen Namen für die Nebenbahnstrecke von Kall nach Hellenthal in der Eifel. Diese 17,2 km lange, am 8. März 1884 eröffnete Nebenstrecke ist vor allem durch die Ortsdurchfahrt in Olef überregional bekannt. Die bei der DB zuletzt unter der Kursbuchnummer 432 geführte Strecke hat sich bis heute ein uriges Nebenbahnflair erhalten können. Allerdings sah ihre Zukunft zeitweilig überhaupt nicht rosig aus.


Die Deutsche Bundesbahn stellte den Reisezugverkehr am 30. Mai 1981 ein.

Der öffentliche Güterverkehr konnte sich noch bis zum 28. Mai 1994 halten. Hier wurde bis zuletzt die Gesamtstrecke bis Hellenthal befahren.


211 102 mit einem Güterzug im Bahnhof Hellenthal, aifgenommen am 09. November 1983.

Ein wesentliches Standbein der Strecke waren vor allem die Militärtransporte zum Truppenübungsplatz Vogelsang, zu dessen Bedienung es nahe beim Bahnhof Schleiden eigens ein Anschlussgleis zur Panzerverladerampe Höddelbusch gab. Im Dezember 1997 wurde der Streckenabschnitt von Höddelbusch bei Schleiden bis nach Hellenthal stillgelegt. Im Zuge der Schließung des Übungsplatzes wurde der Militärverkehr  aber zum Ende des Jahres 2005 auch noch eingestellt.

Obwohl diese Nebenstrecke besonders in den Rathäusern von Kall und Hellenthal nur wenige Freunde hat, konnte die Strecke dank privaten Engagements bis heute erhalten werden. 1995 gründete sich hierzu die örtliche Bahninitiative „Bahn- und Businitiative Schleidener Tal e. V.“ (BuBI), die sich um die Wiederaufnahme des Schienenpersonennahverkehrs im Schleidener Tal bemüht. 1998 wurde die Reaktivierung der Strecke Kall – Hellenthal (Oleftalbahn) in den ÖPNV-Bedarfsplan des Landes Nordrhein-Westfalen als Modellprojekt im ländlichen Raum mit höchster Priorität aufgenommen, 1999 beschloss der Kreistag ein Betriebs- und Finanzierungskonzept und 2000 meldete der Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) das Streckenvorhaben beim Land an, sodass es in die erste Stufe des Ausbauplans aufgenommen wurde.Zur Sicherung der Trasse übernahm die Rhein-Sieg-Eisenbahn (RSE) schon 1999 den Betrieb eines ersten Trassenstücks zwischen Schleiden-Höddelbusch und dem Bf. Schleiden.

Aber es gab auch herbe Rückschläge. So beschloss der nordrhein-westfälische Landtag im Jahre 2001 eine grundsätzliche Neubewertung aller Schienenprojekte im Rahmen der sogenannten Integrierten Gesamtverkehrsplanung und legte die Reaktivierung auf Eis. Im Jahre 2006 wurde die Strecke sogar aus dem ÖPNV-Bedarfsplan des Landes herausgenommen. Im Jahr 2006 wurde zudem ein Teil des Streckenabschnitts zwischen Schleiden-Höddelbusch und Schleiden Bahnhof im Rahmen eines Straßenbauprojektes auf der Bundesstraße 265 asphaltiert und in eine Behelfsstraße umgewandelt.

Die Straße wurde jedoch Ende 2007 wieder zurückgebaut, die Signalanlagen im November 2008 wieder in Betrieb genommen.  Seit 2008 fährt der Verein „BuBI“ die Ausflugsverkehre in Zusammenarbeit mit der RSE. Mit Wirkung vom 01. November 2008 wurde die Strecke zwischen Kall und Schleiden-Oberhausen (km 0,449–km 15,005) der RSE als Eisenbahninfrastrukturunternehmen übertragen.  Seit dem 11. Dezember 2008 hat die RSE auch die verbleibende, seit 1997 stillgelegte Trasse zwischen Oberhausen und Hellenthal übernommen.
Die Strecke wurde seitdem abschnittsweise wiedereröffnet. Zwischen Schleiden und Oberhausen am 22. Oktober 2008, zwischen Oberhausen und Blumenthal am 30. August 2009.  Zum 1. August 2010 erfolgte jetzt die Wiedereröffnung des letzten Streckenstückes Blumenthal-Hellenthal.


Einfahrt des Eröffnungszuges in den Bahnhof Hellenthal am 01. August 2010 um 13 Uhr.


Großer Bahnhof für den Eröffnungszug, bestehend aus den Triebwagen VT 25 (rot) und VT 23 (weiß-grün) der Rhein-Sieg-Eisenbahn


Anstossen auf den Erfolg! Nach 15 Jahren unermüdlichen Einsatzes ist es vollbracht – 29 Jahre nach der Einstellung des Reisezugverkehrs durch die Deutsche Bundesbahn gibt es wieder fahrplanmäßigen Reisezugverkehr nach Hellenthal.


Gemeinsame „Streckentaufe“  durch den örtlichen Betriebsleiter der Rhein-Sieg-Eisenbahn und führende Vertreter der „Bahn- und Businitiative Schleidener Tal e. V.“ (BuBI).


Der VT 23 der Rhein-Sieg-Eisenbahn startete am 01. August 2010 um 13:23 Uhr als erster planmäßiger Reisezug von Hellenthal in Richtung Kall.


Der VT 25 der RSE, der an diesem Tag als Sonderzug von Bonn über Köln und Euskirchen zur Wiedereröffnung der Gesamtstrecke Kall – Hellenthal angereist war, blieb im Bahnhof Hellenthal zurück und trat erst am späteren Nachmittag die Rückfahrt an.


MAN-Triebwagen der RSE werden künftig in Hellenthal jeden Sonntag mehrmals zu sehen sein.  Die urige Nebenstrecke von Kall nach Hellenthal wird ab dem 01. August 2010  fahrplanmäßig an Sonn- und Feiertagen bis zum 1. November (Allerheiligen) bedient.


Einfahrt des aus Hellenthal kommenden VT 23 in den Bahnhof Kall, aufgenommen am Nachmittag des 01. August 2010.


Seit dem 01. August 2010 gibt es für den Weg nach Hellenthal eine Alternative zur Straße! Auch wenn der Schienenbus auf dem Weg von Kall nach Hellenthal wenige Minuten länger unterwegs ist, so sollte man den erlebnisreicheren Schienenweg wählen. Der Straßenbus fährt weder durch einen Tunnel noch kann er mit der urigen Ortsdurchfahrt über den Marktplatz von Olef aufwarten…

Ich wünsche der Flitsch allzeit gute Fahrt und zahlreiche Fahrgäste!

Den aktuellen Saisonfahrplan gibt es hier.

Ein Gedanke zu „Hurra, die „Flitsch“ ist wieder da!“

  1. Herzlichen Glückwunsch an die BuBi, die sich trotz immer wieder kommender Rückschläge nicht von ihrem Ziel hat abbringen lassen, und die in zahllosen ehrenamtlich geleisteten Stunden die Vorbereitungen für diesen Erfolg unternommen hat.

    Meine ganz persönliche Meinung (ich kennzeichne das absichtlich so klar!)

    Ich bin froh, daß die „Flitsch“ endlich wieder da ist – sie ist nicht nur für die Fotografen eine Touristenattraktion, sondern auch eine gute Möglichkeit für die vielen Radfahrer und Wanderer, sich neue Radtouren und Wanderwege zu erschließen.

    Ralf Hergarten

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