Die Städtepartnerschaft zwischen Stolberg im Rheinland und Stolberg im Harz steht am Tag der Deutschen Einheit schon traditionell im Mittelpunkt der lokalen Feierlichkeiten. Seit der Wiedervereinigung finden in jährlichem Wechsel gegenseitige Besuche statt. Im Jahre 2013 empfängt das rheinische Stolberg wieder einmal Gäste aus dem Harzer Stolberg. Der heute etwa 1400 Einwohner zählende Luftkurort im Harz besaß bis zum 01. September 2010 das Stadtrecht und ist infolge seiner Eingemeindung zu einem Ortsteil der Gemeinde „Südharz“ degradiert worden.
Diese zeitgenössische Ansichtskarte zeigt den Bahnhof Stolberg im Harz mit seinem Empfangsgebäude und einem kleinen Güterschuppen. Der aus Berga-Kelbra eingetroffene Personenzug war mit einer Tenderlok der preußischen Gattung T 9.3 bespannt worden. Da an der Lok noch keine Beschriftung nach den Normen der Deutschen Reichsbahn erkennbar ist, dürfte die Aufnahme wahrscheinlich zwischen 1923 und 1925 zu datieren sein.
Während die Eisenbahn in Stolberg (Rheinland) derzeit eine aufstrebende Entwicklung verzeichnet, hatte es die Partnerstadt in der Vergangenheit nicht nur schwer gehabt, einen Anschluss an das Eisenbahnnetz zu erhalten. Im Jahre 2011 hat Stolberg im Harz seinen Bahnanschluss leider auch schon wieder verloren.
Vom Bahnhof Berga-Kelbra an der Hauptstrecke Kassel – Halle, der übrigens wie der Hauptbahnhof des rheinischen Stolberg als Keilbahnhof angelegt wurde, erbaute man ab 1888 zunächst nur eine rund 10 km lange Stichstrecke nach Rottleberode. Um der Stadt Stolberg im Harz ein wenig entgegen zu kommen, trug der Endbahnhof bei der feierliche Eröffnung der Bahnstrecke am 1. Juni 1890 allerdings die bahnamtliche Bezeichnung „Stolberg – Rottleberode“. Die Verlängerung der Bahnstrecke von Rottleberode bis zum Stadtrand von Stolberg im Harz dauerte schließlich noch bis 1923. Auf der nun insgesamt 14,9 km langen Nebenstrecke verkehrten zeitweise durchgehende Züge von/nach Leipzig und Magdeburg. Als in den 1980er Jahren wieder mehrere Personenzüge mit Dampfloks befördert wurden, fand die Strecke bei Eisenbahnfreunden einige Jahre lang größeres Interesse.
Obwohl die Linie selbst 40 Jahre sozialistische Planwirtschaft überstanden hatte, schaffte man es im wiedervereinigten Deutschland nicht mehr, der Nebenstrecke eine Zukunft zu eröffnen. Im Rahmen der Durchsetzung des „marktorientierten Angebotes Cargo“ (MORA C) wurden kurz nach der Wende die meisten Bahnanschlüsse stillgelegt. Schon kurz nach der Bahnreform musste die Strecke am 26. November 1995 wegen des schlechten Bauzustands der Steingewölbebrücken gesperrt werden.
Erst nachdem das Land Sachsen-Anhalt im Jahre 1996 für weitere 15 Jahre Personenverkehrsleistungen für die Strecke garantiert hatte, veranlasste die DB-AG die Sanierung der Strecke bis 1998, so dass die im Zwei-Stunden-Takt verkehrenden Reisezüge nach Anhebung der Höchstgeschwindigkeit auf 60 km/h fortan nur noch 18 Minuten für die gesamte Strecke benötigten. Obwohl man der Strecke dem Zeitgeist folgend noch den Namen „Thyraliesel“ verpasst hatte und mit der Burgenlandbahn einen privaten Betreiber mit der Durchführung des Reisezugverkehrs beauftragte, mussten die meisten Zugleistungen wegen mangelnder Auslastung abbestellt werden. Seit dem Fahrplanwechsel am 9. Dezember 2007 verkehrten Reisezüge nur noch am Wochenende. Zum Fahrplanwechsel im Dezember 2011 bestellte der ÖPNV-Aufgabenträger, die Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt GmbH (NASA), mangels Auslastung auch noch diesen Wochenendausflugsverkehr ab. Zum 31. März 2012 genehmigte das Eisenbahn-Bundesamt die dauerhafte Stilllegung der Bahnstrecke Rottleberode Süd–Stolberg (Harz). Zwischen Berga-Kelbra und Rottleberode Süd findet noch Güterverkehr statt.
Ein Bild aus besseren Tagen: Der Bahnhof von Stolberg im Harz verfügte über eine längere Ladestraße und verschiedene Güterverkehrsanlagen. Auf der Ansichtskarte ist eine preußische Tenderlok bei Rangierarbeiten mit zwei gedeckten Güterwaggons zu sehen. Im weiteren Bahnhofsareal sind noch rund 10 weitere Güterwagen zu sehen. Nachdem die Deutsche Bahn AG die Bahnstrecke „saniert“ hatte, verfügte der Bahnhof Stolberg im Harz nur noch über ein Gleis, das am Hausbahnsteig des Empfangsgebäude endete und alleine den Bedürfnissen des Triebwagen- oder Wendezugverkehrs genügte. Selbst das Umfahren eines konventionellen Zuges war dort nicht mehr möglich…
Hallo Herr Keller,
vielen Dank für Ihren interessanten Artikel. Aber handelt es sich auf dem ersten Foto nicht um eine preußische T9.3 statt einer T11? Auch wenn nicht viele Details erkennbar sind, die Lage des Dampfdoms (bei der T11 eher im vorderen Kesselschuss, bei der T9.3 in der Kesselmitte), vor allem aber die Lage des Läutewerks scheinen mir darauf hinzudeuten.
Ich besitze die Ansichtskarte nämlich selbst …
Beste Grüße
M. Schulze
Hallo Herr Schulze,
nach einem intensiven Vergleich beider Loktypen und verschiedener Bauartunterschiede bei den Loks der BR T 11 stimme ich Ihnen zu. Die abgebildete Lok sieht sehr nach einer T 9.3 aus.
Vielen Dank für Ihre aufmerksamen Hinweis, ich werde es gleich korrigieren.
Mit vielen Grüßen
Roland Keller