Jugenderlebnisse bei der jungen Deutschen Bundesbahn

Durch einen Zufall hat sich vor einiger Zeit die Gelegenheit ergeben, in die Fotosammlung eines Eisenbahnfreundes zu schauen, der in den 1950er Jahren vom Bahnvirus angesteckt wurde und mit den bescheidenen Möglichkeiten der damaligen Zeit die Deutsche Bundesbahn erkundete.

Dem Eisenbahnfreund standen in den 50er Jahren nur sehr wenige Informationen zum Einsatz oder zur Stationierung von Loks und Wagen zur Verfügung. Das seinerzeit zweimal jährlich erscheinende Kursbuch der Deutschen Bundesbahn galt als „Bibel“ des Bahnbetriebs. Man konnte sich damit stundenlang die Zeit vertreiben und Reisen planen oder Zugverbindungen nachverfolgen.

Die Deutsche Bundesbahn war seinerzeit der öffentlichen Daseinsvorsorge verpflichtet und hatte den Ehrgeiz, ein zuverlässiges Verkehrsunternehmen zu sein. Baumaßnahmen wurden zumeist „unter dem rollenden Rad“ durchgeführt.

Eisenbahnliteratur war dünn gesät und oft nicht besonders aktuell. Die hier abgebildete Streckenkarte ist einem Informationsheftchen der „Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands“ (GdED) aus dem Jahre 1954 entnommen. Bei näherem Hinsehen kann man am Beispiel von Stolberg und Umgebung sehen, dass auch „halbamtliche“ Informationen mitunter fehlerhaft sein konnten.

Dem Eisenbahnfreund blieb meist nichts anderes übrig, als sich selbst auf die Reise zu begeben und eigene Eindrücke zu sammeln. Im Mai 1958 wurden von solch einer Erkundungsfahrt verschiedene Fotos von der Eifelstrecke Köln – Jünkerath – Trier mitgebracht. Die obere Aufnahme zeigt einen nach Trier fahrenden Reisezug kurz vor dem Scheitelpunkt beim Bf. Schmitheim, links neben den Bäumen lugt das Empfangsgebäude hervor. Die untere Aufnahme wurde wahrscheinlich auf dem Streckenabschnitt zwischen Schmitheim und Jünkerath aufgenommen.

Das Foto der Wannentenderlok 38 2759 wurde ebenfalls im Mai 1958 aufgenommen und entstand vermutlich im Laufe einer Fahrt auf der Moselstrecke von Koblenz über Cochem nach Trier und zurück.

Die zeitgenössische Werbung der Deutschen Bundesbahn war von den „Schienenstars“ der Wirtschaftswunderzeit wie bspw. der dieselhydraulischen V 200 und dem im internationalen Fernverkehr eingesetzten Trans-Europ-Express-Triebwagen der BR VT 11.5 geprägt (oben und unten).

Auch in den Jahren des „Wirtschaftswunders“ zeigte die Deutsche Bundesbahn dagegen vielerorts noch ein anderes Bild, bei dem die Dampftraktion im alltäglichen Erscheinungsbild prägend war. Das Bild der Schnellzuglok 01 004, die von der Hohenzollernbrücke kommend den Bf. Köln-Deutz durchfährt, stammt aus der Zeit um 1958.

Auf der Rückseite dieses Fotos fand sich lediglich der Hinweis „D 368 Munster – München“ und die Ortsangabe „zwischen Bonn und Bad Godesberg“. Die fehlende elektrische Fahrleitung macht diese Aufnahme einer unerkannt gebliebenen Schnellzuglok der BR 01 aber ebenfalls zu einem Zeitdokument der 50er Jahre.

Aus dem amtlichen Taschenfahrplan der Bundesbahndirektion Kassel für den Winter 1965/66 wurde diese bemerkenswerte Netzkarte entnommen. Aus der Sicht der BD Kassel erschienen einige bedeutende Fernstreckenabschnitte wie bspw. Würzburg – Aschaffenburg – Frankfurt/M. oder Osnabrück – Bremen – Hamburg entbehrlich zu sein. Ebenso hat man in der „Sowjet-Zone“ auf die Darstellung von Berlin verzichtet.

Der junge Eisenbahnfreund hatte auch Fernreisen unternommen. Das Foto zeigt die Abfahrt eines D-Zuges von Bonn Hbf in Richtung Köln. Das Stellwerk „Bnf“ befand sich einstmal auf dem nördlichen Teil des Bahnsteigs am Gleis 1 .

Ob man diesen gut Rat für Bahnreisende damals wohl berücksichtigt hatte?

Von einer Fahrt nach Berlin wurde diese Ansichtskarte des nächtlichen Kurfürstendamms mitgebracht. Wer mag damals wohl mit der BMW-Isetta ins Berliner Nachtleben aufgebrochen sein…

„Mitten ins Herz der Städte“ zu fahren, ist bis heute ein großer Vorteil der Eisenbahn geblieben. 1965/66 wurde dabei noch der VT 08 als Werbeträger verwendet.

Das Zusammentreffen mit einem der beiden Leichtmetallgliederzüge musste unbedingt im Bild festgehalten werden. Leider sind weder Ort noch Zeitpunkt dieser Begegnung auf dem Bild vermerkt worden. Da solche Momente aber vermutlich unvergesslich sind, wird hier wohl aus Sicht des Eisenbahnfreundes keine Notiz erforderlich gewesen sein.

Auch auf die „Eierköpfe“ war die junge Bundesbahn einstmal so stolz, dass sie als Werbeträger eingesetzt wurden. Die eher spartanische Innenausstattung der Ruhrgebiets-Triebwagen der BR ET 30 stand jedoch in spürbarem Kontrast zur Ausstattung der BR VT 08.

Bei einer Reise nach Süddeutschland war das Zusammentreffen mit einer E-Lok der BR E 18 ein Foto wert. Das Foto zeigt vermutlich Ulm Hbf und bietet gute Möglichkeiten, das zeitgenössische Bahnhofsleben zu studieren. Interessant auch das Schild rechts am Bildrand, wo das Überschreiten der Gleise zuoberst in der Sprache der damaligen Besatzer verboten wird.

Offensichtlich hatte das freundliche Personal der beim Bw Kempten stationierten 64 435 dem Eisenbahnfreund den Besuch des Führerstandes ermöglicht. Das Foto könnte irgendwo in der Region Kempten – Immenstadt – Oberstdorf aufgenommen worden sein.

Wenn die Witterung es zuließ und keine Proteste von Mitreisenden laut wurden, dann bevorzugten Eisenbahnfreunde die Zugfahrt am geöffneten Fenster. Der Erlebniswert war ungleich höher als der des Reisens in Großraumwaggons mit zugeklebten Fenstern und entlang von Lärmschutzwällen und farbbeschmierten Lärmschutzwänden…..

… they never come back …

 

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