Die Aachener Straßenbahn firmierte in ihren ersten Jahrzehnten als „Aachener Kleinbahn-Gesellschaft“ (AKG) und betrieb ihre Strecken zunächst teilweise sowohl als „nebenbahnähnliche Kleinbahn“ wie auch als „Straßenbahn“. Erst ab 1909 wurde der Fahrbetrieb durchgängig als Straßenbahn abgewickelt. Schon kurz nach ihrer Gründung im Jahre 1894 begann die AKG damit, sich im Güterverkehr zu engagieren. So wurden im Jahre 1898 die ersten Gleisanschlüsse in Betrieb genommen. Schon 1899 gab es in ihrem gesamten Streckennetz bereits 18 Betriebe mit eigenem Gleisanschluss, von denen einige in Stolberg lagen. Dazu gehörten u.a. die Steinbrüche von Martin Kellen und Robert Reidt im Bereich Bernhardshammer, die „Fabrik für feuerfeste Produkte“ Peters in der Atsch, die spätere „Aktienspinnerei Aachen“ (ASA) in der Hamm, das Postamt am Kaiserplatz und eine Sandgrube in Gressenich. 1916 kamen wegen der Mangelzeiten des Ersten Weltkrieges weitere Anschlüsse hinzu, in Stolberg etwa 2 Anschlüsse der Spiegelmanufaktur, 2 Anschlüsse der Chemischen Fabrik Rhenania in der Atsch und das Anschlussgleis der Zinkhütte an der Steinfurt. Zeitweise gab es auch im Bereich Binsfeldhammer/Finkensief ein Anschlussgleis der AKG zur Schüttgutverladung nahe dem Bahnhof Stolberg-Hammer.
Dieser Güterverkehr ging allerdings schon vor dem Zweiten Weltkrieg deutlich zurück. Als letztes Anschlussgleis wurde 1955 der Anschluss der Firma Reidt in Bernhardshammer stillgelegt.
Eine detaillierte Beschreibung dieses Güterverkehrs hat der Aachener Straßenbahnexperte Reiner Bimmermann in der Zeitschrift „Die Museums-Eisenbahn“ Heft I/1991 unter dem Titel „Güterverkehr auf den elektrischen Kleinbahnen im Aachener Raum“ veröffentlich. Dieser Bericht enthält u.a. auch viele Details zu dem Güterverkehr der AKG in Stolberg und kann dem interessierten Leser empfohlen werden.
Dieser Artikel ist hier auch im Internet zu finden.
Link-Tipp: Reiner Bimmermann
„Güterverkehr auf den elektrischen Kleinbahnen im Aachener Raum“
aus „Die Museums-Eisenbahn“ I/1991
(Bei dieser Betrachtung lasse ich die Gebietsentwicklung der Stadt Stolberg und kommunale Neugliederungen außer Acht und betrachte der Einfachheit halber das heutige Stadtgebiet. Die Bewohner der einstmals eigenständigen Ortsteile mögen es mir bitte nachsehen.)
In Stolberg hatte das Straßenbahnnetz noch Mitte der 1950er Jahre diese Ausdehnung:
Die Linienführung der auf diesen Strecken verkehrenden Straßenbahnen wechselte allerdings im Laufe der Zeit mehrfach.
1891 wurde die Strecke Stolberg Rheinischer Bahnhof – Stolberg Post – Stolberg Hammer unter der Linienbezeichnung „G“ betrieben
Aus der Zeit kurz nach der Jahrhundertwende stammt diese Postkarte, die die heutige Salmstraße in Stolberg-Mühle zeigt. Die seinerzeit hochmoderne Tram musste natürlich mit ins Bild genommen werden.
Innerhalb des Stadtgebietes hatten die einzelnen Straßenbahnlinien in den 1950er Jahren folgenden Verlauf:
Linie 8:
Hauptbahnhof – Rhenaniastraße – Atsch-Dreieck – Eisenbahnstraße – Salmstraße – Rathausstraße – Steinweg – Burgstraße – Oberstolberg-Markt – Zweifaller Straße – Vicht-Dreieck – eigener Bahnkörper entlang der „Vicht“ bis in die Ortschaft Vicht – Eifelstraße – zwischen Vicht und Zweifall tlw. eigene Trasse, die die Straße „Münsterau“ kreuzte – in Zweifall Endhaltestelle am Ortseingang im Kreuzungsbereich Münsterau/Frackersberg/Jägersfahrt.
Die Straßenbahnlinie 8 wurde am 05. Oktober 1959 stillgelegt.
Mitte der 1950er Jahre wurde der ASEAG-Tw 6219 in Stolberg-Mühle auf der Salmstraße fotografiert.
Auch auf der Rathausstraße verliefen Straßenbahngleise. Dieses Foto entstand Mitte der 1950er Jahre an der Einmündung Rathausstraße / Schellerweg.
Linie 22:
Zwischen Bayerhaus und Atsch-Friedhof eigener Bahnkörper mit Bahnübergang im Bereich der ehem. Sandgrube, am Friedhof eigener Bahnkörper parallel und südlich zur Hammstraße – im Bereich Spinnereistraße ein rd. 300 m langer Abschnitt auf der Nordseite – nahe der Einmündung Hammstraße/Pastor-Keller-Straße erneute Überquerung der Hammstraße und eigener Bahnkörper bis Atsch-Dreieck – Rhenaniastraße – Münsterbachstraße – Eschweilerstraße.
Im Verlauf der Münsterbachstraße überquerte die Straßenbahnlinie 22 die Gleise der Strecken von StolbergHbf nach Walheim und Münsterbusch. Dieses Foto des Kreuzungspunktes entstand im September 1961.
Der Straßenbahnbetrieb auf der Linie 22 wurde als letzte Überlandstrecken der ASEAG am 6. Oktober 1969 eingestellt.
Linie 25:
Von Brand kommend entlang der Freunder Landstraße und Aachener Straße bis zum Gedautal bzw. Elgermühle, dort Abzweigung auf die Obersteinstraße bis Büsbach-Kirche, von dort aus Konrad-Adenauer-Straße bis Galmeistraße, dieser folgend bis Lehmkaulweg, diesem folgend über Finkensiefstraße – Zweifaller Straße bis Oberstolberg-Markt.
Die letzte Straßenbahn auf der Linie 25 zwischen Brand und Oberstolberg-Markt verkehrte am 08. Januar 1967
Oberstolberg-Markt war Treffpunkt der Linien 8 von Stolberg Hbf nach Zweifall und 25 von hier nach Brand. Obwohl es hier nur ein Ausweichgleis gab, herrschte – wie auf diesem Bild festgehalten – zeitweise lebhafter Betrieb.
Linie 18:
Vicht-Dreieck und von dort aus im Wesentlichen der Kurt-Schumacher-Straße und Gressenicher Straße folgend durch Mausbach und Gressenich, dort entlang der Straßen Auf der Eiche, Am Pannes und Römerstraße in Richtung Eschweiler.
Nachdem der Straßenbahnbetrieb auf dem Eschweiler Teil der Linie 18 (Eschweiler – Nothberg – Bergrath – Scherpenseel – Gressenich) schon am 22. Mai 1954 endete, fuhren die letzten Straßenbahnen auf der Stolberger Seite am 05. August 1958.
Linie 45:
Von Kornelimünster-Markt kommend fuhren die Straßenbahnen der Linie 45 durch die Korneliusstraße, vorbei am Kapellchen bis zum „Iternberg“, kurz danach abzweigend in den Venwegener Straße und dieser folgend, parallel bis zur Falkenbachbrücke bei Schlausermühle, von dort zunächst in die Straße Am Braunebusch und von dort aus auf eigenem Bahnkörper annähernd der DB-Strecke folgend bis zum Ortseingang Breinig, dort über die Stockemer Straße hinweg in den Kastanienweg, diesem entlang bis zum Bahnhof Breinig. Die Endghaltestelle der Linie 45 lag zwischen dem Bahnhofsgebäude und der Raiffeisenstraße bzw. „Auf der Heide“.
Zu einer Verlängerung dieser Straßenbahnstrecke nach Büsbach oder Vicht-Dreieck ist es nie gekommen.
Die letzte Straßenbahn zwischen Kornelimünster und Breinig verkehrte am 02.11.1957
Der Niedergang des Stolberger Straßenbahnnetzes verlief in mehreren Schritten:
22.05.1954 Linie 18 Eschweiler – Nothberg – Bergrath – Scherpenseel – Gressenich
02.11.1957 Linie 45 Kornelimünster – Breinig
Straßenbahn in Stolberg? Jüngere Menschen werden vielleicht ungläubig stutzen. Aber in Stolberg hat es tatsächlich bis 1969 Straßenbahnen gegeben!
Die erste Straßenbahnlinie wurde bereits im Jahre 1881 zwischen dem Rheinischen Bahnhof und Oberstolberg eröffnet. Zu Anfang wurde sie als normalspurige Pferdebahn betrieben.
Im Stadtarchiv Stolberg gibt es u.a. dieses Foto aus dem ehemaligen Pferdebahndepot an der Rhenaniastraße
Schon wenige Jahre später hatte sich aus den Pferdebahnen in Aachen und um Aachen herum ein kleines Netz meterspuriger und elektrisch betriebener Kleinbahnen entwickelt. Am 11. September 1897 wurde auch in Stolberg der elektrische Betrieb eingeführt, nachdem die Stolberger Strecke zuvor umgespurt worden war.
Einstmals war man in Stolberg stolz darauf, eine Straßenbahn in der Stadt zu haben. Auf älteren Postkarten aus Stolberg wurde sie gerne mit in das Bild genommen. Aus der Zeit um die Jahrhundertwende stammt beispielsweise dieses Postkartenmotiv aus dem Steinweg – natürlich mit der Straßenbahn…
Die Existenz der Straßenbahn kann man selbst heute an verschiedenen „handfesten“ Relikte im Stolberger Stadtgebiet noch unzweifelhaft beweisen.
Die deutlichsten Spuren der Straßenbahn findet man in der Galmeistraße in Büsbach. Hier verkehrten bis zum 08. Januar 1967 die Straßenbahnen der Linie 25 von Brand nach Oberstolberg-Markt. Dort trifft man auch mehr als 40 Jahre (!) nach der Stillegung immer noch Gleisreste an. Hier blieb bis heute ein rd. 150 m langes Streckenstück deutlich sichtbar erhalten.
Das letzte Stück Straßenbahnstrecke in der Galmeistraße in Büsbach, aufgenommen am 05. März 2010
Besonders dort, wo die Straßenbahn auf eigenem Bahnkörper verkehrte, sind ihre Trassen immer noch gut sichtbar. So werden die Trassen der ehemaligen Strecke Eilendorf (ab Bayerhaus) – Atsch-Dreieck oder zwischen Vicht – Dreieck und dem Ortseingang Vicht als Fuß- und Radwege genutzt. Daneben blieben die Spuren der Straßenbahn auch an den ehemaligen Knotenpunkten Atsch-Dreieck und Vicht-Dreieck gut sichtbar.
Die Trasse der Linie 22 nahe des Friedhofs Atsch, aufgenommen am 27. Februar 2010. Der Blick geht nach Osten in Richtung Atsch-Dreieck. Im Vordergrund das Fundament eines Fahrleitungsmastes.
Solche Mastfundamente findet man auf dem Streckenabschnitt zwischen der Sebastianusstraße und der ehemaligen Haltestelle Friedhof noch häufiger.
Hier befand sich bis 1969 die Haltestelle Atsch-Friedhof. Die Straße links führt zum Atscher Sportplatz und nach Buschmühle. Der ansteigende Fußweg verbindet die Stadtteile Atsch und Kohlbusch und führt auch zum Friedhof.
Auf dem weiteren Weg nach Atsch-Dreieck verlief die Straßenbahntrasse über längere Abschnitte rechts der Hammstraße. Auch heute noch läßt sich der Trassenverlauf dort gut erkennen.
Nahe der Einmündung der Pastor-Keller-Straße überquerte die Straßenbahn die Hammstraße und kürzte den Bogenverlauf der Straße ab. Diese Abkürzung ist heute als Fußweg ausgebaut.
Hier der Blick auf die Straßenbahntrasse von der Haltestelle Atsch-Dreieck in Richtung Eilendorf.
Der ehemalige Bahnsteig der Straßenbahn an der Haltestelle Atsch-Dreieck
Im Verlauf der Sebastianusstraße kann man zwischen Bayerhaus und den ehemaligen Sandgruben noch den ehemaligen Bahnübergang der Straßenbahn sowie die als Fußweg genutzte Trasse der LinieEilendorf – Atsch-Dreieck sehen:
Der ehemalige, einstmals unbeschrankte Bahnübergang der Straßenbahn (Foto vom 10. Dezember 2011)
Blick von der Sebastianusstraße auf die Straßenbahntrasse in Richtung Eilendorf (oben) und nach Atsch-Dreieck hin (unten), aufgenommen am 10. Dezember 2011.
Der aufmerksame Beobachter kann ebenso an verschiedenen Stolberger Hausfassaden Reste von den Aufhängungen der Straßenbahn-Fahrleitungen finden. So hat beispielsweise am Haus Rhenaniastraße 29 ein Fahrdrahthalter die vergangenen 40 Jahre überdauert.
Nutzlos herumstehende Masten können ebenfalls „verdächtig“ sein. Dieser Mast am Bahnübergang Eisenbahnstraße war jedenfalls eindeutig einstmals ein Teil der Fahrdrahtaufhängung der Straßenbahn.
Und der aufmerksame Beobachter wird noch manches mehr entdecken können.
Im Bereich des Haltestellenschildes finden sich zwei weitere Fahrdrahthalter unterschiedlicher Bauform:
Solche Reste lassen sich gewiß noch an manchen anderen Stellen in Stolberg finden. Halten Sie die Auguen auf…