Erinnerungen an das Wurmrevier

Vor 25 Jahren stellte der Eschweiler Bergwerksverein (EBV) die Kohleförderung auf seiner letzten Grube im Aachener Bergbaurevier ein. Am 18.Dezember 1992 wurde auf der Grube „Emil Mayrisch“ in Siersdorf die letzte Steinkohle gefördert. Die Grube „Sophia Jacoba“ durfte noch bis 1997 Steinkohle fördern und musste als letztes Bergwerk des Aachener Reviers die Kohleförderung einstellen.
Weil diese erlebte Gegenwart , die rasant schnell Vergangenheit wurde, nicht nur für Eisenbahnfreunde, sondern für viele Menschen in der Region eine eindrucksvolle und immer wieder gerne betrachtete Erinnerung bleibt, soll hier noch einmal eine virtuelle Reise in das „Land der schwarzen Berge“ angeboten werden. Anlässlich der schon ein Vierteljahrhundert zurückliegenden und doch noch so präsenten Ereignisse soll damit an die Zeit erinnert werden, als die Region nördlich von Aachen allerorten vom Steinkohlebergbau geprägt war und dort auch der Bahnbetrieb ganz im Zeichen der Kohle stand.

Am 19. Oktober 1979 entstand bei den ländlichen Weiten am Rande der Bergbaustadt Würselen das Foto des nach Jülich davon eilenden Akkutriebwagens  515 625. Links im Hintergrund heben sich die Anlagen der Grube Anna in Alsdorf aus dem Horizont empor.

Sowohl die Strecke von Aachen-Nord nach Jülich als auch die beiden Querspangen von Stolberg nach Kohlscheid und nach Herzogenrath führten mitten durch Bergbaugebiete hindurch und waren stark vom Steinkohlebergbau geprägt. Wenige Monate vor der Einstellung des Reisezugverkehr zwischen Stolberg, Alsdorf und Herzogenrath wurde am 30. August 1984 der Akkutriebwagen 515 612 beim ehemaligen Haltepunkt Wilhelmschacht (heute: Alsdorf-Busch) vor einer Kohlehalde aufgenommen.

Auf der eingleisigen Strecke von Stolberg über Alsdorf nach Herzogenrath waren zumeist lange Kohlenzüge oder Leerzüge anzutreffen. 290 344 mit nur einem Waggon von Alsdorf nach Herzogenrath fahren zu sehen, war am 30. August 1984 ein seltener Anblick!

Bei Alsdorf-Busch quälte sich am gleichen Tag 215 114 mit einem Leerzug aus belgischen Kokswaggons die Steigung aus dem Wurmtal bis nach Alsdorf bergan. Solche Züge prägten das Alltagsbild auf den Gleisen zu den Bergwerken.

Kohleland! – In der Umgebung des Eduardschachtes wimmelte es am 14. April 1989 geradezu von Kohlehalden. Die Umgebung von Alsdorf-Busch war damals noch sehr stark vom Steinkohlebergbau geprägt.

Blick vom Fuß der Bergehalde bei Alsdorf-Busch hinüber zum Verbundbergwerk Anna mit Kokerei und E-Werk.

Die Grube Anna war damals das Herz der Stadt Alsdorf. Das mitten in der Stadt gelegene Bergwerk mit der Kokerei prägte das Leben der Stadt auf vielfältige Weise. Für Eisenbahnfreunde lag hier die „Schokoladenseite“ von Alsdorf.

Blick nach Merkstein anno 1984. Auch hier sind es Fördergerüste, Halden und Bahnanlagen, die das Landschaftsbild beherrschen.

Bergarbeiterkolonien, Bahnanlagen und Schrebergärten bestimmten auch in Merkstein das Ortsbild. Der im Hintergrund nach Alsdorf fahrende Feinkohlezug bot am 6. Mai 1980 den willkommenen Anlass, die Szenerie bildlich festzuhalten.

Die Grubenbahn-Dampflok des Eschweiler Bergwerks-Vereins und die Möglichkeit, ihnen vom Rand der Bahnanlagen aus hautnah bei ihren Rangierarbeiten zwischen der Kokerei und den Förderschächten der Grube Anna zuschauen zu können, machten Alsdorf für Eisenbahnfreunde zu einem magischen Ort mit hoher Anziehungskraft. Am 30. August 1984 überraschte der EBV zwischen den Kohlezügen zur Abwechslung  mit  diesem modellbahnmäßigen Grubenbahn-Arbeitszug.

Die Loks der BR 215 waren im Aachener Bergbaurevier rd. 20 Jahre lang die Lastesel der Deutschen Bundesbahn. Im Laufe ihres Einsatzes waren sie vom Arbeitsalltag zwischen Bergwerken, Kokerei und staubigen Kohlezügen deutlich gezeichnet. Der am 20. Februar 1984 im Bild festgehaltene Zustand von 215 110 spiegelt den Alsdorfer Eisenbahnalltag realistisch wider.

Auch bei Eis und Schnee konnten sich die Menschen in den Bergbaustädten des Wurmreviers auf den Nahverkehr der Deutschen Bundesbahn verlassen. Mit der Schließung der Bergwerke veränderte sich aber die Eisenbahninfrastruktur. Als am 4. Januar 1979 im Alsdorfer Personenbahnhof das Foto des Akkutriebwagens 515 626 entstand, konnte man den Schienenpersonennahverkehr noch rege nutzen. Am 28. Dezember 1984 folgte die Stillegung des Reisezugverkehrs von Stolberg über Alsdorf nach Herzogenrath. Es sollte 32 Jahre dauern, bis man diese Strecke wieder durchgehend mit der Euregiobahn befahren konnte.

Wer Interesse hat, die Erinnerung an das Ende des Steinkohlebergbaus in der Region Aachen zu pflegen und die Endzeit dieser Epoche einmal aus der Sicht von Eisenbahnfreunden wahrzunehmen, dem sei der Frühschoppen für Eisenbahnfreunde im Servicepunkt des Stolberger Hauptbahnhofs am 17. Dezember 2017 (Beginn: ab 10:30 Uhr) empfohlen.

 

Schwarze Tage für das schwarze Gold

Am 18. Dezember 1992 wurde in der Region die letzte Grube des Eschweiler Bergwerksvereins stillgelegt. Auf der Grube „Emil Mayrisch“ in Siersdorf endete die Kohleförderung. Mit der Schließung dieser Grube entfiel gleichzeitig der Güterverkehr auf den Nebenstrecken rund um Alsdorf bzw. nördlich von Stolberg. Das schleichende Ende des Steinkohlebergbaus an Inde und Wurm bedeutete auch für den Stolberger Hauptbahnhof einen Wandel des Verkehrsaufkommens, der bis Mitte der 80er Jahre zur Verlagerung der gesamten noch verbliebenen Kohletransporte auf die Relation Siersdorf – Mariagrube – Alsdorf – Herzogenrath – Aachen-West führte und im Stolberger Hauptbahnhof u.a. den Rangierbezirk V entbehrlich machte.

Aus Anlass des 20. Jahrestages der Schließung der Grube „Emil Mayrisch“ kann man bei Drehscheibe-online in dem Beitrag „Schwarze Tage für das schwarze Gold“ eine virtuelle Erinnerungsreise durch das Aachener Bergbaurevier unternehmen.

Das Thema hat aber auch eine aktuelle Komponente. In diesen Tagen geht der Steinkohlebergbau am linken Niederrhein zu Ende. Auf der Zeche Friedrich-Heinrich (zuletzt „Bergwerk West“ genannt)  in Kamp-Lintfort wird am 20. Dezember 2012 die letzte Kohle gehoben. Noch ist der Zechenbahnbetrieb mit der Verbindungsstrecke vom Bergwerk West zum Bf. Rheinkamp (Netz der DB-AG) in Betrieb. Am 20. Dezember 2012 endet dort nach 155 Jahren der Steinkohlebergbau am Niederrhein. Nach dem 20. Dezember 2012 wirddie Verbindungsstrecke nur noch für eine kurze Übergangszeit bis zur Leerung der Kohlenlager des Bergwerks West von Kohlezügen befahren werden.

Daneben gibt es im Ruhrgebiet weitere gravierende Veränderungen bei der Infrastruktur zum Transport der Steinkohle. Kürzlich wurde bereits die Strecke Horst Nord – Rheinbaben stillgelegt. Die Zechenbahnstrecke vom Hafen Bottrop nach Gladbeck wird zum Monatsende stillgelegt. Auch der Hafen für das Bergwerk Auguste-Viktoria in Marl besteht nicht mehr in der bisherigen Form – hier werden die Kräne durch Radlader ersetzt und wohl auch keine Züge mehr entladen. Ferner werden das Kohlenlager Kohlkamp, die Bergeumladanlage Hoheward und die sog. „Kohleninsel“ im Hafen Duisburg-Ruhrort aufgegeben. Ein weiteres Opfer könnte auch die Lokomotivwerkstatt in Gladbeck werden, die durch den Rückgang des Bedarfs an Werksloks massiv ums Überleben kämpfen muss.

Nach all diesen Entwicklungen wird es auch im Ruhrgebiet, wo es zum Beginn des Jahres 2013 dann nur noch 3 (!) Bergwerke geben wird, kaum noch möglich sein, die klassischen Zechenbahnen zu erleben.

Mitfahrt auf einer Dampflok von Stolberg nach Siersdorf

Wie es war, auf einer Dampflok ins Aachener Steinkohlerevier zu fahren und wie dieses Erlebnis für mich möglich wurde….   „Mitfahrt auf einer Dampflok von Stolberg nach Siersdorf“ weiterlesen